Frankreich war das Mutterland der heute weltweit populären Sportart
„Caving“ (USA, Kanada) oder „Potholing“ (Großbritannien) nennt man das deutsche Höhlenwandern im angloamerikanischen Sprachgebrauch, auf Spanisch wird diese Aktivität entweder als „Espeleísmo“ (Sport) oder „Espeleología“ (Wissenschaft) bezeichnet, in Frankreich zusammenfassend als „Spéléologie“. Das letztgenannte westeuropäische Land samt einer zahlreichen Höhlen sowie ein von dort stammender Forscher des 19. Jahrhunderts gelten auch bis heute als beliebtes Reiseziel für Erkundungen des Erdinneren bzw. als wichtigster Pionier des wissenschaftlich dokumentierten Höhlenwanderns. Édouard Alfred Martel (1859-1938) bestieg und kartographierte bereits 1889 als Erster das noch immer spektakulär-imposante Höhlensystem des Gouffre de Padirac (Schlund von Padirac) im Département Lot nahe der Stadt Brive-la-Gaillarde in der Region Midi-Pyrénées. Wenige Jahre später besuchte und erforschte er auch die ebenfalls noch immer sehr beeindruckenden Höhlen Gaping Gill im englischen North Yorkshire sowie die mit 627 Kilometer nachgewiesener Ausdehnung weltweit weitläufigste bekannte Höhle, die Mammut-Höhle im nach ihr benannten Mammoth-Cave-Nationalpark in der Nähe von Louisville im US-Bundestaat Kentucky. Einen wichtigen Popularitätsschub erhielt das Höhlenwandern dann von den 1920er bis 1940er Jahren durch weitere französische und amerikanische Wegbereiter der Sportart wie William Floyd Collins, Robert-Jacques de Joly, Norbert Casteret, Pierre Chevalier und Fernand Petzl, der im Jahr 1973 auch das bis heute am Markt vertretene gleichnamige Berg- und Höhlensportausrüstungsunternehmen gründete. Diese und andere wagemutige Kletterer konzentrierten sich außer auf die weiter oben bereits genannten Höhlen auch auf diejenigen in den Pyrenäen sowie in der Kalk-Hochebene Causse im französischen Zentralmassiv, zusätzlich gebührt dieser ersten Generation von „Cavern“ auch der Verdienst, mit dem 658 Heter tiefen Höhlensystem des Bergs Dent de Crolles im Chartreuse-Massiv nordöstlich von Grenoble den Geburtsort der modernen Höhlenforschung entdeckt zu haben.
Schneller, sicherer und tiefer in die Höhlen dank neuer technischer Erfindungen
Nachdem dann zwischen den 1940er und 1960er Jahren bahnbrechende Erfindungen und technische Neuerungen für die Höhlenerkundungen wie etwa Nylonseile, die Einseiltechnik sowie Abseilgeräte und Steigklemmen gemacht und zunehmend genutzt wurden, verbreiteten sich Höhlenwandern und Klettern in der Folge rasant nicht nur in den bereits bekannten und neu entdeckten Höhlen in ganz Europa, sondern auch um den ganzen Globus. Heute findet man sehenswerte und für die Öffentlichkeit komplett oder mit Einschränkungen zugängliche Höhlen auf allen Kontinenten. Zu den bekanntesten und bestbesuchten europäischen gehören etwa die Hrustovačka-Höhle in Bosnien-Herzegowina, das Blauhöhlensystem auf der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg, das Drakos-Selinitsa-System auf der griechischen Halbinsel Peloponnes, die Dunmore Cave im irischen County Kilkenny, die italienische Grotta Gigante nahe Sgonico bei Triest, die Dachstein-Mammuthöhle in Oberösterreich sowie die Coves d’Artà und die Coves del Drac auf Mallorca. In Afrika genießen die die Cango Caves sowie die Sudwala Caves in Südafrika und das Drachenhauchloch (Dragon’s Breath Hole) in Namibia einen guten Ruf unter Höhlenfans, in Australien sind die Jenolan Caves in den Blue Mountains häufiges Ziel von Cavern und in Südamerika ist neben der die Toca da Boa Vista in Brasilien das erst ab 2002 entdeckte und erforschte Muchimuk-Höhlensystem im Südosten Venezuelas ein vielversprechendes Terrain. Ganz besonders beachten Höhlensportler jedoch in den letzten Jahren die sehr vielseitige Auswahl an begehbaren Höhlen in Asien, speziell der Südosten der Region und die dortigen Länder Malaysia, Thailand, Philippinen, Indien, China, Laos, Kambodscha und Vietnam haben sich aufgrund der noch immer günstigen Preise für Anreise, Kost und Logis wie auch Touren und Ausrüstung zu einem internationalen Caving-Treffpunkt entwickelt.
Südostasien am besten unter der Erde entdecken: Höhlentipps für Fernreisende
So beherbergt zum Beispiel Malaysia mit der gut 197 Kilometer langen Höhle Gua Air Jernih im Gunung Mulu National Park bei Miri auf Borneo die neuntlängste Höhle der Erde, dort befindet sich mit der Sarawak-Kammer auch der weltweit größte unterirdische Raum. Einige Bekanntheit genießt auch die Khao-Bin-Höhle in der zentralen thailändischen Provinz Ratchaburi sowie das Tham-Nam-Lot-Höhlensystem ganz im Norden, unweit der Grenze zu Laos liegt mit der Erawan-Höhle ein einstmals wichtiges buddhistisches Pilgerziel. In Kambodscha sind vor allem die Killing Caves von Phnom Sampeau nahe der westlich gelegenen Provinzhauptstadt Battambang ein bekanntes Ausflugsziel, auch die Phnom Sosir Caves und die Kampot’s Caves nahe der Stadt Kep wenige Kilometer vor der vietnamesischen Grenze ziehen regelmäßig viele Besucher an. In Vietnam selbst stehen ebenfalls einige sehenswerte Höhlen für Erkundungen parat, zu nennen hierbei sind etwa das ausgedehnte Höhlensystem samt zahlreicher mit Buddhastatuen geschmückten Grotten der Marble Mountains in der südlichen Küstenregion Nam Trung Bo in der Nähe der dortigen Provinzhauptstadt Đà Nẵng, bedeutsame paläontologische Fundorte sind die Höhlen von Lang Trang und Tham Khuyen. Landesweit unter Einhemischen wie auch zahlreichen Besuchern bekannt ist die Höhle von Pác Bó in der Provinz Cao Bằng nahe der Grenze zu China, hier lebte der Natioanlheld Ho Chi Minh nach seiner Rückkehr aus dem Exil im Jahr 1941 mehrere Wochen lang. Nicht weit entfernt in Richtung Süden liegt mit der Höhle Tam Coc im nordvietnamesischem Bezirk Hoa Lu bei der Kommune Ninh Hai eine weitere sehenswerte Höhle. Die berühmtesten vietnamesischen Höhlen, die zum Teil erst vor wenigen Jahren entdeckt wurden, und somit nocht nicht gänzlich für die Öffentlichkeit zugänglich sind, findet man aber im ca. 86 000 Hektar großen Nationalpark Phong Nha-Kẻ Bàng im Zentrum des Landes an der Grenze zu Laos. Die gut 400 Millionen Jahre alte Karstformation gilt als die älteste bedeutende Karstregion in Asien und wurde deshalb im Jahr 2003 in die Liste der UNESCO-Weltnaturerbestätten aufgenommen.
Die Höhlen und Gänge des Paradieses, Bergflusses und vergangenen Krieges
Seit dem April 2009 gilt die von englischen Forschern der „British Cave Research Association“ genauer untersuchte Sơn-Đoòng-Höhle („Bergflusshöhle“) mit mehr als 250 Metern Höhe als die höchste Ihrer Art weltweit, sie liegt gut 50 Kilometer von der Provinzhauptstadt Dong Hoi und 450 Kilometer von Hanoi entfernt. Der Nationalpark an der laotischen Grenze ist als Teil des Annamiten-Gebirgszuges mit mehreren hundert weiteren Höhlen, Stalaktiten- und Stalagmitengängen sowie unterirdischen Flüssen und Wasserfällen ausgestattet, mittlerweile zugängliche und somit bekannte Höhlen sind zusätzlich die Thiên-Đường-Höhle (Paradieshöhle), die Phong Nha Höhle als zweitgrößte Vietnams sowie die heute bunt beleuchtete Tien Son-Höhle. Wer sich bei seinem Urlaub in Vietnam nicht nur ausschließlich in natürlichen, sondern auch künstlich angelegten Höhlen und Gängen umsehen möchte, dem seien schließlich die Teilstrecken der Tunnel des ehemaligen Ho-Chi-Minh-Pfades im Süden des Landes empfohlen. Wer jedoch diese teils sehr engen Verbindungsröhren der Cu Chi Tunnel im gleichnamigen Distrikt nordwestlich von Ho-Chi-Minh-Stadt oder die Tunnel im Tay Giang-Bezirk der Region Quang Nam in Zentralvietnam entdecken möchte, sollte über eine eher schmalen Körperbau verfügen und möglichst auch nicht unter Klaustrophobie (Platzangst) leiden.