Bye-bye, Summer: Volxtanz auf der Neumarktwiesn

Volxtanz

Traditionell wird in süddeutschen Gefilden der Sommer mit zahlreichen Feierlichkeiten wie Oktoberfesten, Kerwen und Weinfesten verabschiedet. Schunkelnde, alkoholisierte Menschenmassen – hm … Nicht viel weniger alkoholisierte Rentner auf Jazzwanderung im Weinberg – auch eher hm … Aber seit ich am letzten Wochenende auf der „Neumarktwiesn“ am „Zwischenraum“-Kiosk war, glaube ich ein bisschen besser zu verstehen, wobei es bei alldem eigentlich geht: um den Abschied vom Sommer, dieser schönsten Zeit des Jahres, wenn man den ganzen Tag so lange wie möglich draußen herumlungert, die Menschen freier und offener wirken und das Leben zu großen Teilen auf der Straße oder dem Platz stattfindet.

Nun war die Neumarktwiesn kein „klassisches“ Oktoberfest, auch wenn es am Kiosk Leberkäs-Burger, Hefeweizen und Blasmusik gab – Letztere allerdings etwas anderer Art, nämlich von der ziemlich lauten und schnellen Balkan-Ska-Jazz-Weltmusik-Band „Volxtanz“ aus Stuttgart und Mannheim. Der Kiosk am Neumarkt steht derzeit leer und wird vom Projekt Zwischenraum noch bis 11. Oktober bespielt. Zwischenraum entstand aus der Idee, leere Flächen und Räume temporär mit einer Zwischennutzung zu beleben, die die Funktionen von Bar, Klub, Bühne, Kino und Ausstellungsraum in sich vereint. So gab es am Kiosk Kiez-Kino, Lesungen, Designpräsentationen oder auch einen Streetfood-Markt. Das Beste daran aber ist, dass das Ganze nicht in einem geschlossenen Raum stattfindet, sondern in einem offenen, öffentlichen Raum mitten in einem Stadtteil, in dem zwar viele Kreative leben, der aber auch von jeder Menge Problemen gekennzeichnet ist.

Das ist eine kleine Neuheit im Rahmen des Projekts Zwischenraum, das zeitweilig leer stehende Gewerberäume aufstöbert und mit kulturellem Leben füllt: Das Projekt wurde auf den Stadtteil erweitert und damit das Experiment probiert, nicht nur ein „klassische“ Kultur- und Szenepublikum zu erreichen, sondern auch die ganz normalen Anwohner. Am Neumarkt scheint das aufzugehen: Kinder kurven auf ihren Rädern um den Platz, ein altes Paar steht neugierig am Rand und betrachtet das ungewohnte Treiben und vom anderen Ende des Platzes hört man Trommel- und Klarinettenklänge von einer türkischen Hochzeitsfeier. „Zwischenraum“ war eine Idee der Kommunikationsdesignerin Ricarda Rausch im Rahmen ihrer Bachelorarbeit, mittlerweile realisiert sie das Projekt zusammen mit Julian Bender und Ali Badakhshan Rad. Die erste „Pop-up-Galerie“, wie die drei ihr Projekt auch nennen, entstand 2013 in einer ehemaligen Konditorei im Jungbusch, dann folgte eine Nutzung am Friedrichsring, und nun also der Kiosk am Neumarkt in der Neckarstadt, der leider mit dem Ende des Sommers jetzt auch wieder seine Pforten schließen wird.

Volxtanz vorm Kiosk

Zum Abschied vom Sommer gab es also noch mal ordentlich auf die Ohren und in die Beine von „Volxtanz“. Als Walking Band mit viel Blech – Tuba, Posaune, zweimal Saxophon – und Drumset starteten sie am Platz und begeisterten das Publikum mit zwei Sessions am Kiosk und auf der Wiese. Die sechs Musiker um den Saxofonisten Steffen Dix, der Volxtanz 2007 gründete, haben alle einiges drauf, jeder für sich, wie sie es in beeindruckenden Soli zeigen, aber auch alle zusammen, wenn es wieder mehr ums Hüpfen geht. So ist ihre Musik immer mehr als „nur“ Brass oder Jazz, Weltmusik, Ska oder auch Rap, wie immer man es nennen will. Sie scheinen keine bestimmte Nische besetzen zu wollen, sondern vor allem ihre Spielfreude ausleben und die Leute mit viel Einsatz zum Tanzen bringen, egal ob im Klub, auf dem Festival oder auf der Straße. Ihre Musikalität, insbesondere die dynamische Bandbreite, lobte auch die Jury des Creole Music Contest, den Volxtanz letztes Jahr auf regionaler Ebene und dieses Jahr sogar bundesweit gewann.

Volxtanz präsentieren gerade ihr aktuelles Album „Welcome to the Gardens“ (2014) und sind in nächster Zeit noch live im Karlsruher Tollhaus und im Mannheimer Trommelpalast – wo übrigens Drummer Michl Fischer unterrichtet – zu erleben. Der Kiosk am Neumarkt öffnet am kommenden Wochenende zum letzten Mal, die Macher haben aber schon angekündigt, dass sie ihn zur Neckarstädter Lichtmeile noch einmal öffnen und auch am Nachtwandel im Jungbusch beteiligt sein werden. Und sicherlich wird es danach auch weitergehen mit einem neuen Zwischenraum.


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