Kleiderschränke zu leeren ist einfach. Es ist, als würde man auf eine Reise gehen und den Koffer packen. Nur dass es keine normale Reise ist. Bücher aus dem Regal zu nehmen und in Kisten zu verstauen ist viel schwerer. Weil eine große Lücke bleibt, die nicht hinter Türen verschwindet. Weil man nicht weiß, wie lange sie in den Kisten bleiben müssen, bis sie einen ähnlich schönen Platz gefunden haben. Weil man nicht weiß, ob sie je wieder einen ähnlich schönen Platz finden. Zu gehen ist immer schwer. Gehen heißt zurücklassen. Und wenn wir die Wohnung verlassen, einen letzten Blick zurückwerfen und die Tür hinter uns schließen, dann ist es nicht die Last der Koffer, die uns plagt. Es ist das seelische Gepäck.
aus: »Zwei fürs Leben« von Julia Hanel, S.233