Der Prophet Muhammad vor der Kaaba in Mekka,
osmanisch, 17. Jh.
Wieso es meist so einen offensichtlichen Unterschied der beiden Sphären diesseits und jenseits des Mittelmeeres gab, habe ich hier schon durch einige Thesen zu erhellen versucht. Nun kommt mit diesem Buch eine weitere These hinzu, die aber auch schon in den vorigen Thesen teilweise angeschnitten wurde:
Thomas Bauer: Die Kultur der Ambiguität. Eine andere Geschichte des Islams. Berlin: Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag 2011, ISBN 978-3-458-71033-2.
Der Islamwissenschaftler Stefan Weidner schreibt in seiner Rezension vom Deutschlandradio, dass in der islamischen Geschichte die Mehrdeutigkeit, die Ambiguität, in allen Bereichen der Kultur, auch in der Religion, gepflegt wurde. Dieses hatte zur Folge, dass es meist nicht zu dogmatischen Exklusionen gekommen ist, sondern mehrere "Wahrheiten" nebeneinander existieren konnten. Damit auch scheinbare oder tatsächliche Widersprüche. Anders das Bild im Abendland, wo man wesentlich intoleranter war, und versuchte, diese Doppeldeutigkeiten immer zugunsten einer einzigen Sicht der Dinge aufzulösen, was zur Folge hatte, dass eben die andere Sicht bekämpft wurde, als falsch, fehlerhaft, oder ketzerisch angesehen wurde. Erst mit dem stärkeren Kontakt des Orients mit dem immer übermächtigeren Westen im 19. Jahrhundert, wurde die gesamte nahöstliche Welt und auch der Islam "verwestlicht". Stefan Weidner schreibt:
Der Islam, der uns heute begegnet, ist bereits ein verwestlichter, gleich ob es sich um den Reformislam oder um den Fundamentalismus handelt.Der Rezensent ist davon überzeugt, dass dieses Buch hervorragend ist sowie auch heutige Irritationen zwischen dem Morgen- und Abendland erklären hilft, denn der Blick des Westens auf den Islam sei verzerrt:
Mit seinem bahnbrechenden Großessay über die "Kultur der Ambiguität" arbeitete Thomas Bauer die Ursachen für die verzerrte Wahrnehmung des klassischen Islams im Westen ebenso wie in der islamischen Welt kulturgeschichtlich auf. ...Ich werde im Folgendem noch weitere Einblicke in das Buch geben, denn selbst wenn man es sich nicht kauft, lohnt es sich dessen zentralen Aussagen mal näher zu betrachten. Mehr Einblicke in das Buch vermittelt beispielsweise die Pressemitteilung der Universität Münster:
... Mittels intimster Kenntnisse des klassischen islamischen Schrifttums entlarvt der Autor die frappante Unwissenheit der Orientalistik alten Stils und der Medien. Er nennt aber auch Gründe dafür, etwa die fehlende Edition maßgeblicher arabischer Literatur. In der Mischung aus überzeugender Grundthese und einschlägigen Beispielen entpuppt sich dieses Buch als eine der besten Einführungen in den Islam seit Langem. Es hat das Zeug zum kulturwissenschaftlichen Klassiker, der sich hinter Edward Saids "Orientalismus" (1978) nicht zu verstecken braucht.
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