Wer sich mit dem Thema Fasten auseinandersetzt, stößt immer wieder auf den Namen Dr. Otto Buchinger. Seine Fastenmethode, wie sie entstand und welchen Wert sie auch heute noch hat, soll in diesem Artikel beleuchtet werden.
Aus dem Leid geboren
Dr. Otto Buchinger, am 16. Februar 1876 in Darmstadt geboren und am 16. April 1966 in Überlingen verstorben, studierte Medizin und wirkte ab 1897 als Marinearzt. 1917 erkrankte der Arzt an einer Mandelentzündung, die nicht vollständig ausheilte. In einer Zeit, in der es noch keine Antibiotika gab, war dies für die Gesundheit des Arztes fatal: Er erkrankte derart schwer an einer Rheumaform, dass er schließlich den Dienst quittieren musste und einem Leben als Vollinvalide entgegen sah.
Nach eigener Aussage, folgte er, als letzte Hoffnung, der Einladung eines Kollegen zu einer mehrwöchigen Fastenkur. Dr. Buchinger beschreibt diese Kur als „schwerste Zeit seines Lebens“, er litt ganz enorm unter den Symptomen, die bei einer schnellen und nachhaltigen Entgiftung auftreten können. Jedoch bemerkte er auch, dass es seinen Gelenken immer besser ging, am Ende der Kur konnte er seine „Glieder wieder regen, wie ein junger Rekrut“.
Nach dieser einschneidenden Erfahrung widmete sich der Arzt voll und ganz der ganzheitlichen Medizin und gründete ein Fastensanatorium am Bodensee. Er empfahl nicht nur das Fasten, sondern eine komplette Lebensumstellung, deren Ziel es war, den ganzen Menschen ins Gleichgewicht zu bringen. Betrachtet man die Ansätze in ganzheitlicher Medizin und alternativen Lebensweisen die es heute gibt, eine hochmoderne und nach wie vor brisante Idee.
Buchinger Fasten ist mehr als nur ein knurrender Magen
Wenn Sie sich im Internet einmal die Ernährungsvorschriften zum Buchinger Fasten ansehen, wird Ihnen auffallen, dass sich wohl kaum eine strengere Fastenkur finden lassen dürfte. Die Kalorienzufuhr wird in der Fastenzeit auf 250 kcal/Tag (!!) herunter gefahren. In der Fastenzeit gibt es ausschließlich flüssige Nahrung, also Wasser, Tee, Obst- oder Gemüsesäfte, sowie Gemüsebrühe. Auch das „Fastenbrechen“ dauert, verglichen mit anderen Fastenkuren, relativ lang.
Was das richtige Buchinger Fasten ausmacht, ist die Tatsache, dass der psychologische, mentale und spirituelle Effekt eine enorm wichtige Rolle spielt. Für Dr. Buchinger existierte die Idee eines vom Körper losgelösten Menschen schlicht und einfach nicht. Die Trennung, die wir allzu gern zwischen unserem Körper und unserem Inneren machen, war dem tief religiösen Arzt fremd. Daher galt es ihm, dafür zu sorgen das „die Seele nicht hungert“. Kunst, Kultur, Gespräche und Meditation stellen eine wichtige Größe in seinem Fasten Konzept dar. Daher reicht es nicht, die Ernährung nach Dr. Buchinger „durch zu ziehen“, damit erleben Sie den heilsamen Effekt seiner ganzheitlichen Kur nicht einmal ansatzweise.
Buchinger Fasten zu Hause?
Die Antwort lautet, Jein. Der Nein-Teil bezieht sich auf die Tatsache, dass sich das Konzept hinter dem Buchinger Fasten ganz und gar nicht dafür eignet, unter „ferner liefen“ im Alltag stattzufinden. Sie sollten diese Kur für den ganzen Menschen, wenn überhaupt, im Urlaub absolvieren. Sicher kann das Fastenkonzept auf eine Woche umgedeutet werden, doch sollte bei den von Dr. Buchinger beschriebenen Effekten beachtet werden, das er drei Wochen fastete und auch die Patienten in seinem Sanatorium drei Wochen fasten ließ. Bei einer so langen Fastenzeit ist ärztliche Begleitung dringend angezeigt.
Es gibt Anbieter, unter anderem die Buchinger-Klinik selber, bei denen Sie mit einem Team von Spezialisten und Begleitern nach Buchinger fasten können. Es lösen sich beim Fasten und Lockerlassen nicht nur Schlacken im Körper, sondern auch alte und verdrängte Gefühle können sich lösen und aus Ihnen heraus kommen. Buchinger wusste das und nahm daher das Angebot von psychotherapeutischer Unterstützung in sein Konzept mit auf.
Damit der „Geist genährt werde“, empfahl er den Genuss von Kunst oder auch, selber kreativ zu werden. Sie sehen, die Aussage der „Lebensreform“ wie er es nannte, ist keineswegs Phrasendrescherei. Vielmehr kann das Buchinger Fasten uns nicht nur helfen loszuwerden, was wir zu viel haben, sondern auch wieder aufzufüllen, was, vielleicht Jahre lang, zu kurz gekommen ist.
Buchinger Fasten – (k)eine Wunderkur?
Wie auf eine Fastenkur angesprochen wird, ist, wie so oft, etwas sehr Individuelles. Wenn Sie im Internet lesen, dass Buchinger Fasten enttäuschend sei, lesen Sie zunächst bitte genau: Die meisten der Enttäuschten fasteten nur körperlich, ließen also den für Buchinger wesentlich wichtigeren Teil des seelisch-geistigen weg. Auch wird die Kur dann oft „modifiziert“, was ein Nachvollziehen der von Buchinger beschriebenen Effekte selbstverständlich ausschließt.
Betrachtet man das ganze Konzept, zeigt sich schnell, dass Buchinger Fasten nicht für jeden und auch nicht für „mal schnell ein paar Pfunde los werden“ geeignet ist. Wer seinem Leben aber eine neue und gesündere Richtung geben will, in der der ganze Mensch Platz hat, findet mit dem Buchinger Fasten sicher einen sehr geeigneten Einstieg.
Es gibt viele gute Bücher Auf dem Markt, allen voran den Titel „Das Heilfasten: Und seine Hilfsmethoden als biologischer Weg“ von Dr. Otto Buchinger selbst verfasst. Auch der Enkel des Fastenarztes, Dr. Andreas Buchinger, inzwischen Leiter der Buchinger-Klinik, hat einige Bücher zum Thema geschrieben. Übrigens, die meisten Fastenkuren, allen voran das Saftfasten, haben das Buchinger Fasten als Grundlage. Ob zum selber Erleben oder einfach um sich einmal zum Thema Fasten zu informieren ist das Buchinger Fasten als „Urform“ sicherlich ein spannendes Konzept.