Mit Free Fire ist Regisseur Ben Wheatley der bisher beste Tarantino-Film gelungen, der gar nicht von Tarantino stammt.
Free Fire
Free Fire
" data-orig-size="1000,563" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Cillian Murphy, Sam Riley und Michael Smiley (v. l. n. r.) in „Free Fire“
Sie kriechen und robben sich mit ihren Körpern über den verschmutzten Boden einer Lagerhalle. Ein Dutzend Männer, eine Frau, ein total daneben gegangener Waffen-Deal. Damit entfacht Regisseur Ben Wheatley in seinem neuen Film Free Fire eine amüsante, über eine Stunde andauernde und niemals langweilig werdende Schießerei.
Ben Wheatley, der das Drehbuch zum Film gemeinsam mit seiner Ehefrau Amy Jump geschrieben hat, ist der kreative Kopf hinter filmischen Späßen wie zuletzt High-Rise, A Field in England und Sightseers. Und wie jeder gute Brite hat er natürlich auch schon bei Doctor Who im Regiestuhl gesessen.
Free Fire spielt im Boston des Jahres 1978. Hier wollen Gangster von der Insel einige Gewehre von amerikanischen Waffenhändlern kaufen. Dass zwei Handlanger der jeweiligen Gruppierungen am Vorabend eine rüde Auseinandersetzung hatten, lässt irgendwann die Szenerie explodieren. Hinzu kommt, dass es innerhalb der beiden Teams immer wieder untereinander zu Streitigkeiten kommt, ein Verrat geplant wird, Auftragskiller auftauchen und überhaupt das absolute Chaos ausbricht.
Ben Wheatley hat für seinen Film Darsteller wie Sharlto Copley, Armie Hammer, Cillian Murphy, Jack Reynor, Sam Riley, Michael Smiley und Noah Taylor, sowie mit Brie Larson die einzige Dame im Ensemble in schicke Spät-70er Jahre Klamotten und Frisuren gesteckt, um ein Last Man (or Woman) Standing-Shootout zu zeigen, wie es ein Quentin Tarantino es sich nur wünschen könnte, der schon lange nicht mehr so viel Verve und Esprit in seinen Filmen gezeigt hat.
Es ist ein gelungenes Spektakel der komödiantischen Action-Einlagen. Allein wenn die Schießerei beginnt, jeder seine Waffe zieht und wahllos umher schießt, werden direkt mehrere Gliedmaßen durchlöchert. Dabei hält Wheatley seine Cast möglichst lange gemeinschaftlich beieinander, durchlöchert sie, lässt sie kriechen, humpeln, schreien, jammern, nur eben nicht sterben.
Dabei darf vor allem Sharlto Copley wieder seine humorvolle Seite zeigen (er war immerhin schon Murdoch im A-Team-Kinofilm), wobei ihm Cillian Murphy und Armie Hammer in nichts nachstehen. Brie Larson zeigt sich ebenso als wertvolle Ergänzung in einer Cast, bei der es tatsächlich egal erscheint, ob man bekannt oder nicht ist. Das Drehbuch lässt allen Beteiligten dieselbe Aufmerksamkeit zukommen.
Dem Drehbuch gelingt es ebenso, in den ersten zehn Minuten schon ausreichend verbale Sticheleien unter den einzelnen Akteuren aufkeimen zu lassen, damit genügend Streitigkeiten für den Rest des Films entstehen können, der komplett – wirklich komplett – aus einer gigantischen Schießerei besteht.
Die Kunst ist, dass das niemals langweilig wird, obwohl der Schauplatz nicht verlassen wird. Ob der Kampf um Munition, eine Nerven blank legende Schlägerei mit Brechstange, Explosionen, der Versuch ein Telefon zu erreichen, Scharfschützen oder noch vieles mehr, diese Szenerie entpuppt sich als gigantisches Minenfeld, bei der jeder für sich um das eigene Überleben kämpfen muss.
Sehr schön wird das in einem Moment festgehalten, in dem es irgendwo aus einem Versteck hallt: “Ich weiß gar nicht mehr auf wessen Seite ich eigentlich stehe!” Der Film behält trotz dieser Aussage äußerst gut die Übersicht, zeigt uns immer die Auswirkungen der Ereignisse auf jeden einzelnen Akteur in diesem Spiel.
Free Fire wird zum Tarantino-Gemetzel im Guy Ritchie Style, die Flughafen-Schlägerei aus Captain America: Civil War als Langfilm-Version mit reichlich komödiantischen Einlagen – allein schon die männlichen Darsteller, ihre Frisuren, Bärte und Outfits. Das am Ende kaum noch etwas aufrecht steht – weder Menschen, noch die Location – spricht für den Unterhaltungswert des Films, für den wir Ben Wheatley wirklich Danke sagen sollten.