Blues aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, Jazz, Ragtime, der Sound der Stringbands der 20er Jahre: Brad Vickers & His Vestapolitans haben mit „Great Day In The Morning“ ein Album vorgelegt, das gute Laune in jeder Note verbreitet und dennoch niemals irgendwie banal oder peinlich klingt. Akustischer Blues vom Feinsten!
Erstmals stieß ich 2012 auf Brad Vickers. Damals brachte er als Single zum 100. Geburtstag des Blues den „Dallas Blues“ in einem ganz an die Urzeit angelegten Arrangement heraus. Diese Nummer, deren Einnahmen Vickers dem H.A.R.T. Fund der Bluesfoundation zukommen lässt, könnte man jetzt als thematischen Ausgangspunkt für das vierte Album des Gitarristen und Sängers nehmen: Alte Stücke etwa von Memphis Minnie oder Tampa Red treffen auf neue Stücke (entweder von Vickers oder Sängerin/Violinistin Margey Peters), ohne dass ein Bruch spürbar würde. Es ist ein Sound, der nahtlos aus den zwanziger Jahren in die Gegenwart gebeamt scheint. Coutnryblues trifft auf Ragtimerhythmen, manchmal werden die Vestapolitans von einer Stringband zu einer New-Orleans-Jazzkapelle. Wer sich hier an Musiker wie C.W. Stoneking erinnert fühlt, der liegt nicht ganz falsch. Nein, man muss den Blues nicht mit heulendem Sentiment spielen. Manchmal ist es einfach besser, die Depression mit heiterer Musik zu vertreiben. Auch wenn der Steuereintreiber vor der Tür steht und man meint, dass könne einfach nicht zu einem guten Tag werden.
Damals (oder ein wenig später) nannte man das „Old Timey Music“. Heute vergeben Leute gerne auch das Label „Feel Good Music“. Und dass trifft auch das, was Vickers will: Gegen die neuesten Meldungen über die Apokalypse, gegen den Krisenblues spielt er Stücke, die einen für eine Zeit einfach den Blues vergessen lassen, der einen im Griff hat. Vergessen beim Tanzen oder dem rhythmischen Zucken der Füße, beim spontanen Mitsummen oder dem Fingertrommeln auf der Tischplatte. Und erst beim erneuten Hören merkt man, dass hier durchaus auch die Energie des klassischen Rock & Roll zu hören ist. Und eine Menge anderer Einflüsse. In der Mixtur ist das einzigartig. Und überhaupt großartig. (ManHatTone)