Der „schwarze Messias“ steigt auf das Podium. Vor ihm eine riesige, jubelnde Menschenmenge. Friedliebende, feiernde Menschen, die sich eigens an diesem Tag versammelt haben – zu seiner Rechten steht mit mildem, erleichterten Lächeln der israelische Premier, zu seiner Linken der Präsident der palästinensischen Übergangs-Gemeinschaftsregierung, der erschöpft, aber sichtlich glücklich in die Menge schaut. Heute ist der Tag, an dem Frieden geschlossen wurde. Nach einer enthusiastischen Rede des amerikanischen Präsidenten, der wie ein weiser, milder Vater wirkt, der zwei zerstrittene Brüder wieder zusammengebracht hat reicht er den Friedensvertrag zuerst auf die israelische Seite, wo er von der gesamten Regierung unterschrieben wird. Die Menge tobt vor Glück.
Anschließend wechselt er zu den palästinensischen Oberhäuptern, die ihn ebenfalls der Reihe nach unterschreiben. Klatschen und immer mehr Jubelrufe.
Auf einer kleinen Tribüne sitzen die Männer hinter dem Frieden: Der ägyptische Präsident neben dem jordanischen König, der ehemalige britische Premier Tony Blair, der UNO-Generalsekretär sowie der saudische König und Ayatollah Khamenei, die anlässlich des Friedens zwischen Israelis und Palästinensern angereist sind, um sofort diplomatische Beziehungen aufzunehmen.
Wenn man etwas genauer in die Menschenmenge schaut, erkennt man erst auf den zweiten Blick, dass sich eine große homogene und eine ebenso große etwas heterogenere Gruppe gebildet haben. Zwischen diesen Menschenmengen ist eine Absperrung, wie sie beispielsweise für Straßenfestivals oder Konzerte verwendet wird, die beide Gruppen exakt trennt. Die linke Gruppe wirkt arabisch, während die rechte Gruppe alle möglichen Völker beinhaltet.
Dies ist die provisorische Grenze. Aufgrund der Zweistaatenlösung hat man eine feste Grenze gezogen, für die Feierlichkeiten wurde der Grenzschutz etwas „gelockert“ – diese Sperre ist auch der Grund, warum der Vertrag herumgereicht wurde und nicht die Unterschreibenden zu ihm gekommen sind – sie hätten versehentlich die Grenze überschreiten können – für Barak Obama gilt eine Sonderregelung, die es ihm ermöglicht ohne Schwierigkeiten die Linie so oft zu überschreiten wie er will.
Die Umarmungen der Angehörigen beider „verfriedeten“ Staaten sind etwas ungeschickt, da der Zaun im Weg ist. Die Tribüne der ausländischen Staatsgäste ist auf der arabischen Seite platziert worden – Ajatollah Khamenei begrüßt den Frieden und bietet den Palästinensern an, sie militärisch zu stärken. Der Frieden sei jetzt da, das Ziel aber immer noch nicht erreicht. Die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen gilt selbstverständlich nur für das frischgebackene Palästina, sie mit Israel aufzunehmen wäre etwas überflüssig, da es ohnehin nicht mehr lange existieren wird. Der Saudische König verspricht Öllieferungen und Tony Blair bietet die Unterstützung Großbritanniens (ohne Schottland und Nordirland) an.
Der amerikanische Nobelpreispräsident ist ob der Rede des islamischen Klerikers etwas konfus und fragt ihn, warum er denn den Frieden nicht akzeptiert, worauf ihm etwas geantwortet wird, was laut den Dolmetschern nicht translatierbar ist, jedoch hin und wieder von persischen Jugendlichen analog zu „Fuck You“ verwendet wird.
Woraufhin der UN-Generalsekretär… weiterhin milde lächelt.
Möglicherweise ist meine Ansicht leicht übertrieben, aber in den meisten Übertreibungen steckt hin und wieder ein bisschen Wahrheit. Israel und die Palästinenser zeigen uns derzeit mit Unterstützung Amerikas wie man Frieden schafft. Die laufenden Anschläge in Israel zeigen uns, wie man die Gespräche zu untergraben versucht und die große Bombe die am Ende platzen wird, zeigt uns dann wie auch die Gespräche geplatzt sind.
Problem № 1: Israel:
Das Grab von König David... Die Friedensverhandlungen zwischen den Israelis und den Palästinensern beginnen erneut - der Israelische Verhandlungsführer sagt zu seinem arabischen Gegenüber: "Eines Tages ging König David schwimmen, und als er zurückkam hatte jemand seine Kleidung gestohlen" Der Palästinenser schaut ihn verwundert an und antwortet:"Wollen Sie etwa behaupten, das wäre ein Araber gewesen? Lüge! Sie wissen ganz genau, dass damals noch keine Araber hier waren" - Der Israeli mit einem Lächeln:"Genau. Verhandlungen beendet"
Hin und wieder verlautbaren arabische Staaten, dass sie gewillt wären, Israel zu akzeptieren, sofern es nur endlich Aufhören würde die armen Araber zu unterdrücken und zu peinigen und ihnen endlich ihren eigenen, wohlverdienten Staat gewähren würden.
Klingt eigentlich fair, oder? Israel hört auf, den Arabern ihre Rechte vorzuenthalten und bekommt plötzlich Freunde aus allen Teilen der Welt.
Was leider nicht an diese „Angebote“ beigefügt wurde ist, wie die Grenzen des „neuen“ Israels verlaufen sollten:
Um Teile Tel Aviv herum.
Der „Rest“ ist Palästina (Hier haben wir ein besonders interessantes Kuriosum: Der “Rest“ ist größer als das “Ganze“).
Problem № 2: „Zersiedelung“:
Eine Karikatur des palästinensischen Künstlers Emad Hajjaj, den ich ob seiner Ideen schätze und ob seines Antisemitismus verachte...
Israel baut in den okkupierten Gebieten Siedlungen, verstößt damit gegen Völkerrecht und untergräbt den Friedensprozess.
- Welcher Friedensprozess?
- Israel hat nach der Annexion der Halbinsel Sinai dort ebenfalls Siedlungen gebaut und die am Sinai lebenden Beduinen mit der israelischen Staatsbürgerschaft ausgestattet, damit sie ohne Schwierigkeiten arbeiten und leben können.
Der Sinai ist seit dem Frieden mit Ägypten wieder Teil von ebendiesem und bis auf das Hilton Hotel in Tabaa (Grenze Eilat) ist nichts von den Siedelungen geblieben.
Das Hotel – hat Ägypten gekauft. - Das Westjordanland war ehemals Teil von Jordanien, der Jordanische König hat allerdings wohlwissend darauf verzichtet (nachdem Jassir Arafat und seine Freunde versucht hatten Jordanien zu erobern und darauf der Schwarze September folgte verdichtete sich die Erkenntnis, dass Geben doch seliger ist als nehmen…).
Palästina existiert nicht (Das Gegenteil wäre mir neu) und Gebietsansprüche von Syrien oder anderen arabischen Länder wären meiner Meinung nach als realitätsfern zu bezeichnen.
Israel hat das Westjordanland erobert, es findet sich aber kein Staat, dem das Westjordanland gehört, wem gehört es also? - Über kurz oder lang wird… oder besser MUSS sich eine Lösung zwischen den Israelis und den Arabern finden. Dass es eine Konsenslösung wird wage ich sehr zu bezweifeln – eher dass sich beide Seiten auf einen Aderlass einstellen sollten, der knapp an einem Hämorrhagischen Schock vorbeigeht. Die Siedlungen hierbei als „hilfreich“ hinzustellen… Sollte eher unterlassen werden.
Die Siedlung Schim'a im Westjordanland
Problem № 3: Wer ist Abu Mazen?:
Wer ist Abu Mazen?
Mahmud Abbas (Partei: El Fatah) ist der Premier des autonomen Palästina und hin und wieder ruft man ihm mit seinem Kampfnamen Abu Mazen.
Das beantwortet die Frage allerdings nicht.
Speziell in den derzeitigen Verhandlungen ist es unschwer zu bemerken, dass sein Geltungsdrang größer ist, als sein Machtbereich.
Abu Mazen ist der Präsident des Westjordanlandes.
In Gaza regiert die Hamas, denen es herzlich egal ist, was er macht.
Auch den meisten Palästinensern ist das egal.
Die El Fatah gilt als korrupt und seit der Landesvater und Jassir Arafat in die ewigen Intifadagründe eingegangen ist und nur noch von Plakaten auf lokalen Märkten milde lächelt, seine Witwe ihren Lebensabend mit „Paligeld“ in einem Fünf Sterne Hotel in Paris verbringt wird immer deutlicher, das Macht nicht ewig hält.
Angenommen: Bei den derzeitigen Verhandlungen kommt tatsächlich etwas heraus, das nicht mit einer Totgeburt gleichzusetzen ist.
Angenommen: Abu Mazen unterschreibt auch einen Friedensvertrag mit Israel.
Es wäre egal. Mit welcher Legitimation würde Herr Abbas unterschreiben? Der Gazastreifen befindet sich nicht mehr in seinem Machtbereich und ob sich sein Machtbereich überhaupt in seinem Machtbereich befindet ist mehr als fraglich (Und ja: Diese merkwürdige Satzkonstruktion ist beabsichtigt )
Résumé
Ziel dieses Artikels ist es nicht den Friedensprozess zu analysieren, dafür gibt es genug Bücher, die das nicht schaffen. Ich möchte einige wichtige Punkte und Probleme in den laufenden Gesprächen ansprechen.
Ich bezweifle sehr stark, dass bei den laufenden Gesprächen etwas herauskommt, das man als „Frieden“ bezeichnen könnte. Selbst wenn eine Zweistaatenlösung herauskäme, so wäre das kein Frieden, sondern zwei Staaten.
Möglicherweise ist es eine Idee wert, dass Israel die Erlaubnis dafür gibt, ein Palästina ausrufen zu lassen. Woraufhin sich Westbank und Gaza gegenseitig zerfleischen und Israel mehr oder weniger ungeschoren dabei herauskommt, jedoch muss man nach ein paar Monaten oder höchstes Jahren feststellen, dass die Lage eskaliert und besetzt erneut Gaza und das Westjordanland, um wieder von Vorne anfangen zu müssen.
Mit dem Unterschied, dass die Gespräche dann in Richtung Dreistaatenlösung führen werden und nicht Frieden zwischen Israel und den Palästinensern geschaffen werden muss, sondern Frieden zwischen:
- Israel und El Fatah/Westbank
- Israel und der Hamas/Gaza
- El Fatah/Westbank und Hamas/Gaza
- … Sofern sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht noch mehr Splittergruppen auf Arabischer Seite bilden, welche die Lage „vereinfachen“ würden.
Die Friedensverhandlungen derzeit stehen schon von vornherein nicht unter einem guten Stern, da sie „künstlich“ sind und von Washington erzwungen werden. Barak Obama ist naiv genug zu glauben, dass mit ihm frischer Wind in das verstaubte und verdiplomatisierte Weiße Haus eingekehrt ist und mit einem Siedlungsverbot und ihm Frieden erreicht wird.
Frieden zwischen den Staatsoberhäuptern bedeutet nicht, dass er auch in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Dafür bedarf es keine Verhandlungen in Camp David, Annapolis oder sonst wo, sondern Frieden auf lokaler Ebene zwischen den Menschen.
Es bedarf Projekte, Ideen und Zeit. Im besten Fall noch zehn Jahre.
Eher Kontraproduktiv - Schmiererei in Hebron
Projekte wie Neve Schalom/Wahat Salam worüber ich demnächst schreibe sind meiner Meinung nach besonders wichtig.
Dieses Foto wurde nördlich des Ölberges aufgenommen, ein Kind fragte mich: "Are you Muslim?" - "No" - "Do you love Muslim?" - "Ääääääh... Yes - everybody loves them"
Worauf man allerdings verzichten kann sind irgendwelche ausländischen Exponenten, die sich als „Friedensbringer“ sehen. Manchmal ist es effizienter, wenn man sich mit der Rolle des „Vorreiters zum Frieden“ zufriedengibt.
Denn am Ende der bisherigen (gescheiterten) Verhandlungen stand… Eine Bombe.
Bevor man den Djihad ausruft... Denkt an die Tiere
Postscript – die Schwaiger‘sche Friedenstheorie
Heiß umfehdet, wild umstritten... Gilt nicht nur für Österreich
Es gibt auch noch zwei weitere Probleme abseits des Nahostkonflikts, die Israel Probleme bereiten:
- Araber, die der Unterschicht angehören und durch höhere Geburtenrate die Demographie in Israel zu zerstören drohen
- Charedische Juden (Ultraorthodox), nicht arbeiten gehen, teilweise den Staat Israel als solchen ablehnen und durch höhere Geburtenrate bestimmte Bezirke in den Städten „einnehmen“
Würde man diese beiden Gruppen in bestimmten Gebieten in gemischten Häusern, Bezirken und Orten zusammensiedlen und sowohl durch die geographische Nähe, als auch durch gemeinsam auszuübende Arbeiten zur Kooperation zwingen, so hätte man nach einiger Zeit zumindest einen bilateralen Waffenstillstand – und im schlechtesten Fall plötzlich zwei Gruppen die Israel ablehnen. Aber zumindest würden sie sich vertragen.
Diese „Gebiete“ von denen hier die Rede ist wären in der umstrittenen Region um die Grüne Linie anzulegen, da Israel dort Siedlungen bauen könnte, die Bewohner aber für Palästina plädieren würden.
Panorama vom Ölberg aus gesehen (Jerusalem)