Wie im „Schmuck der manifesten Erkenntnis“ verkündet wird, ist „Bodhicitta das Erfüllen des Nutzens anderer, indem man wünscht, dass sie vollkommene Erleuchtung erlangen mögen.“ Der Grund für das Entwickeln von Bodhicitta ist wichtig, da – wie schon Buddha Shakyamuni gesagt hat – es ein Mittel ist, um rasch Buddhaschaft zu erlangen, ohne viele Dharma-Belehrungen zu studieren. Durch das Entwickeln und Umsetzen dieser einen Haltung – der des Großen Mitgefühls – ist es so, als ob man alle Lehren des Buddhas in den Händen hält.
Nachdem man sich die Grundlage – die allen Wesen innewohnende Buddha-Natur – bewusst gemacht hat und den Wunsch erzeugt hat, ausnahmslos alle Wesen zur Befreiung zu führen, stellt sich die Frage, wie das konkret zur Anwendung gebracht wird. Dies umfasst dann den Aspekt des tätigen Bodhicitta.
Das handelnde Bodhicitta
Zunächst umfasst das handelnde Bodhicitta die Absicht, dass man Buddhaschaft für sich selbst und zum Wohle aller fühlenden Wesen erlangen möchte. Die Ausführung dieser Absicht erfolgt durch die sechs Paramitas – die sechs überweltlichen Handlungen.
Den Pfad des Mahayana betritt man durch das Tor der Bodhisattva-Gelübde. Damit diese genommen werden können, muss zuerst die Zuflucht zu den Drei Juwelen erfolgt und die Gelübde der persönlichen Befreiung (monastische oder Laiengelübde) genommen worden sein. Es gibt verschiedene Rituale dafür, die aus der Tradition der tiefgründigen Sicht, der Tradition der weiten Handlung und der Tradition des Mantrayana herkommen. Grundlegend gibt es zwei Überlieferungslinien für das Nehmen der Bodhisattva-Gelübde: 1) die von Buddha Shakyamuni, zu Manjushri, zu Nagarjuna und zu Shantideva und diese besteht aus drei Teilen und 2) die von Buddha Shakyamuni, zu Maitreya, zu Asanga und des Dharmakirti, diese besteht aus zwei Teilen. In diesen erfolgt das Nehmen der Gelübde in Anwesenheit eines qualifizierten Meisters. Allerdings kann man die Bodhisattva-Gelübde auch nehmen, indem man eine Stütze der Drei Juwelen – eine Statue oder ein Thangka – verwendet oder man visualisiert diese einfach vor sich. Im Allgemeinen ist es so, dass die erstmalige Übertragung der Bodhisattva-Gelübde von einem qualifizierten Meister erfolgt, während deren regelmäßige Erneuerung durch das Aussprechen der erforderlichen Verse vor einer Stütze geschieht.
Den Erleuchtungsgeist umzusetzen, beinhaltet die Anwendung von Achtsamkeit, Wachsamkeit und Sorgfalt im Allgemeinen und das man die acht „weißen und schwarzen Handlungen“ annimmt bzw. aufgibt. Die vier Weißen sind: 1) nicht bewusst lügen, 2) jeden auf den tiefgründigen Pfad des Mahayana führen, 3) erhabenen Wesen respektieren und loben und 4) mit überragender Absicht im Hinblick auf die fühlenden Wesen handeln. Die vier Schwarzen, die aufzugeben sind: 1) jene zu täuschen, die der Verehrung wert sind, 2) ohne Grund Bedauern erzeugen, 3) öffentlich unerfreuliche Dinge über erhabene Wesen sagen und 4) mit List und Gerissenheit gegen die Wesen zu handeln. Dies sind die Vorsätze des wünschende Bodhicitta.
Die Vorsätze des handelnden Bodhicitta umfassen drei Teile: 1) sich selbst in den sechs überweltlichen Handlungen üben, 2) andere durch das Üben in den vier Arten Schüler anzuziehen zur Reife bringen und 3) den Geist durch das Verkörpern der obigen Vorsätze schulen. Oder wie Gampopa im „Kostbaren Schmuck der Befreiung“ vermerkt: 1) die Schulung in höherer Disziplin, 2) die Schulung in höherem Bewusstsein und 3) die Schulung in höherer Weisheit.
Im nächsten Beitrag folgt eine kurze Darstellung der sechs befreienden Qualitäten. Also dranbleiben!