Blue Bird Festival 2015: Party mit Polkov, Ariel Pink und vielen mehr
Festivals indoor sind super – vor allem dann, wenn sie im ersten Wiener Bezirk stattfinden. Noch dazu dann, wenn sie in einer einzigen location stattfinden. Und man sich nicht – am besten noch im Regen – von einer zur nächsten Venue schleppen muss.
Das Programm am Blue Bird Festival, das heuer schon wieder und diesmal schon das elfte Mal in a row! Von der Vienna Songwriting Association eingeläutet wurde, war supertight: Um acht begann jeden Tag die erste Band, bzw. der erste Act, zu spielen. Nichts da also mit: „Ich schau dann halt mal um elf Uhr außer Haus“. Aber gut so- drei so intensive Konzertabende haben wir schon lange nicht mehr erlebt. Super war’s.
Die genannte Association hat ihre Spürnase für das, was im Singer-Songwriterkosmos gerade tha shit ist, wiedereinmal bewiesen. Der erste Abend, ich sag es gleich vorab, war mein Lieblingsabend. Zuerst Polkov, unsere liebsten Folkrocker aus Nashville, äh, Graz. Diesen Schmäh wiederholen wir zwar jedes Mal bei der Erwähnung dieser Truppe, er passt aber auch einfach zu gut. Ein bisschen zum unserem Leidwesen wurden mehr neue als alte Nummern gespielt, was gleichzeitig logisch und traurig war. Bei „Please, please – excuse the way I talk“ waren aber dann alle wieder ausgesöhnt. Und wenn Laurenz Jandl in Grimasse die Gitarre schrammelt und jammt, haben wir die Setlist sowieso schon wieder vergessen. Rhob Cunningham aus Irland und sein am heutigen Tage Nachfolger Bernhard Eder teilen sich die Bühne, zumindest teilweise. Schön ist das, dieses familiäre Zusammenarbeiten. Die eine Band borgt der anderen je nach need Stimme, Gitarre, Verlängerungskabel oder den Flachmann.
Das Highlight des Abends? Der Zebramantel des Drummers von Ariel Pink. Und natürlich die Show von Ariel Pink. Dass es ihm ebenso gut gefallen hat wie dem Publikum hat er damit bewiesen, dass man ihn scheinbar nur mit der Aussicht auf die Bluebird-Torte, die im Anschluss an sein Set angeschnitten wurde, bestechen könnte, die Bühne zu verlassen. Schräg und schrill, eine Mischung aus Americana, weird-experimentalem Krautrock. Und ein paar Kinderlieder, von denen er sich Text und Melodie mal eben so geklaut hat. Bombastisch.
Der zweite Abend war ein bisschen Stiefkind, vielleicht, weil uns die Jungs von All The Luck In The World nicht so richtig vom Hocker schmeißen wollten. Die Wave Pictures sind bemüht und haben lustige Textzeilen (ja, es geht da auch um Marmelade) und bringen auf jeden Fall Schwung mit ins Porgy, das sich am Samstag ein bisschen träge zeigt. Hält eben keiner mehr aus, das zwei Tage lang ausgehen (ha! Außer wir. Wir waren drei Tage lang aus). Giant Sant sollte den Abend glorreich beenden, hatte aber mehr von Altersschwäche. Nicht aufgrund seines Geburtstags, aber vielleicht aufgrund dessen des Technikers: das tonmäßig schwierig hingewurschtelte erset Drittel des Sets hat leider ein bisschen in den Ohren geschmerzt. Danach ging’s gut dahin, aber gegen die Show von Ariel Pink am Vortag war das leider kein Vergleich.
Zugegebenermaßen war uns am dritten Tag vor allem eines wichtig: Ausprobieren, ob Conor O’Brien (Villagers) auch live so überzeugend traurig sind kann. Kann er. In minimalistischer Manier, oft nur in Gitarrenbegleitung singend, schmettert er die Melancholie nur so hinaus in die Wiener Samstagnacht. Schwermütig und nachdenklich peppelt er sein Set mit flotten Sprüchen zwischen den Songs auf, die dank seiner Feinfühligkeit nie plump enden.
Schön wars, aber das war uns eh klar. Das Porgy & Bess bleibt unsere liebste Wiener Venue. Blue Bird Festival 2016 ist schon im Kalender markiert. Zum zwölfjährigen wünschen wir uns dann bitte zwölf Torten und weiterhin so delikat ausgewählte Acts. Merci!
(Fotos von Hanna Pribitzer)
Autor
Lisa SchneiderAufgabenbereich selbst definiert als: Groupie, nichtsdestotrotz. Findet „Schrecklich amüsant aber in Zukunft ohne mich“ (David Foster Wallace) immer wieder treffend.
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