Bloggerreise Karlsruhe Basel 2 – zu Besuch bei Degas: die Staatliche Kunsthalle

bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (2)Samstag, 29.11.2014: Tag zwei der Bloggerreise. Das erste der kulturellen Highlighs für diese Tage steht am Vormittag an: wir besuchen die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe. Es handelt sich hierbei um einen unserer Gastgeber, die die Reise initiiert haben. Speziell werden wir uns die Sonderausstellung “Degas. Klassik und Experiment” ansehen, die mir schon vom Tweetup mit den Kulturkonsorten zumindest virtuell bekannt war. Schon beim Betreten des Hauses bemerkt man, dass es sich um ein besonderes Gebäude handelt. In der Tat wurde die Kunsthalle am Anfang des 19. Jahrhunderts von Heinrich Hübsch als Gesamtkunstwerk aus Architektur, Malerei und Skulptur konzipiert. Man sieht, dass keine Wand, keine Säule, keine Fußbodenkachel dem Zufall überlassen wurde: die Idee Hübschs war es, ein Haus zu erbauen, dass bei dessen Besuch auf das ästhetische Empfinden des Menschen einwirken sollte. Die Kunsthalle ist einer der ersten Museumsbauten in Deutschland und einer der wenigen, die in seiner originalen Gestaltung noch weitgehend erhalten ist. Schon allein der Eingansgbereich ist beeindruckend, mit seinen Fresken und seinen golden schimmernden Bögen, Säulen und Kapitellen. Man bekommt Lust, weiterzugehen, die Treppe hinufzusteigen um zu sehen, was uns dort oben erwartet.

bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo

Noch vor der Ausstellung begrüßt uns Otmar Böhmer, Geschätfsführer der Kunsthalle. Er ist hier, um uns willkommen zu heißen, leitet uns ins Thema der Ausstellung ein und erzählt über das Gesamtkunstwerk der Kunsthalle. Fast sofort kommt es auch zu einem animierten Gespräch zum Thema “Fotografieren im Museum”. Es ist sofort klar, natürlich und selbstverständlich, dass Vereinbarungen mit Leihgebern nicht gebrochen werden können. Trotzdem ist es immer wieder schade, zu bemerken, wie viele (meiner Meinung nach unbegründete) Ängste vonseiten der Museen mit dem Thema verbunden werden. Angst vor schlechten Kopien, die in Umlauf geraten könnten, der Banalisierung des Werks durch seine Reproduktion, … Ich persönlich denke, dass das “mitnehmen wollen” eines Kunstwerks viel mehr damit zu tun hat, dass man es doch ein Stückchen in sein Herz geschlossen hat, es bei sich haben möchte, um es immer wieder in Erinnerung rufen zu können. Die Besucher wollen die Kunst in ihren Alltag mitnehmen, die Erlebnisse eines Museumsbesuch nicht in diser “kulturellen Klammer” hinterlassen, sondern sie auf irgendeine Weise mit ins Leben nehmen. Ich finde das persönlich sehr erfreulich. Das Problem der schlechten Kopien lässt sich auch lösen – zum Beispiel indem man qualitativ hochwertige Kopien zur Verfügung stellt (das Rijksstudio ist ein sehr wohl bekanntes Beispiel davon). Man könnte ewig über das Thema weiterdiskutieren! Glücklicherweise gibt es auch Werke, über deren Rechte die Kunsthalle verfügt. Diese dürfen wir problemlos fotografieren, vertwittern und sonstwie ins Netz streuen – worüber wir uns natürlich sehr freuen!

Herr Böhmer verlässt uns nun an dieser Stelle leider – ein bisschen schade, denn wir hätten bestimmt im Laufe der Tour noch die eine oder andere Frage an ihn gehabt. Trotzdem sind wir in bester Begleitung: unsere stete Begleiterin Yvonne Halmich von Karlsruhe Tourismus ist dabei, ebenso Isabel Koch, Mitarbeiterin des Bereichs Presse und Medien des Hauses. M.A. Moritz Thinnes gibt uns eine kurzweilige Führung gibt – mit gut platzierten Pausen zum Twittern, Knipsen und Mitschreiben, aber auch einfach und gut erklärt und ohne den Fachbegriff-Overload, der mir (als Nicht-Kunsthistorikerin) bei manchen Führungen das Leben schwer macht! bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (3)

Einen guten Anfang der Ausstellung macht dabei eine Art “Moodboard”, indem Themen, Geschehnisse, Stimmungen und Gegebenheiten von Degas’ Zeit versammelt sind. Das dient einerseits, um sich ins Thema und den Moment “hineinzufühlen”, andererseits kann man sehen, mit welchen Assoziierungen und Gedanken die Kuratoren an die Ausstellungskonzeption herangegangen sind. bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo

Gleich darauf treffen wir auf Degas “persönlich”. Auge in Auge mit seinem Selbstportrait hat man die Möglichkeit, sich zu allererst mit ihm als Person zu befassen, etwas mehr über seine Familiengeschichte, seine Herkunft, seinen “Charakter” zu erfahren. Mir ist das immer eine große Hilfe – die Vorstellung, wie ein Künstler wohl “getickt” hat, dient als Fil Rouge um seine Werke zu betrachten und zu verstehen. bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (5)

Warum aber eigentlich “Degas – Klassik und Experiment?”

Ganz “grob” gesagt: es geht hier nicht nur um Ballerinas. Wenn man ein bisschen überlegt (und das wird mir im Laufe des Besuchs immer klarer) ist es doch recht traurig, dass ein Künstler mit all seinen Facetten,  verschiedenen Themen, die ihn befassten, unterschiedlichen Techniken, die er ausprobiert und bespielt, doch nur auf ein Sujet herunterreduziert wird. Natürlich sind die vielen Ballerinas Thema mehrerer Hauptwerke des Künstlers, die auch zu seinen Lebzeiten sehr beliebt waren (und sich gut verkaufen ließen). Aber Degas ist viel, viel, viel mehr!

Das wird im Laufe der Ausstellung immer wieder klar und sichtbar. Im Gemälde “Die Bellelli Schwestern, Giovanna und Giuliana” sieht man beispielsweise, wie er die sehr klassische, altmeisterliche Technik des Portraits neu interpretiert. Es ist die Zeit der ersten Fotografien, die Zeit, in der man für ein Portrait minutenlang sitzen bleiben mussten, um abgelichtet zu werden. “Bei Kindern klappte das nun mal nicht so gut”, erklärt uns Moritz Thinnes. Degas bringt die Medienstilistik der Fotografie in sein gemaltes Portrait ein, die quirlige Giulia bekommt verschwommene Züge. bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (6)

Wir gehen weiter durch die Ausstellung. Es ist schwierig, alle auf einem Fleck zu bleiben, es gibt so viele Dinge, die man sich genauer anschauen möchte. Degas’ Radierungen sind ebenso ein besonderes Highlight der Ausstellung, sind sie doch bei dem Künstler nicht so bekannt. Auch hiermit experimentiert er mit verschiedenen Abzügen und Techniken. bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (7) bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo

Wir treffen auf viele Familienportraits. “Degas stammte von einer reichen Familie und hatte es lange Zeit nicht nötig, seine Arbeiten zu verkaufen”,wird uns erklärt. Er malt Familienangehörige, befreundete Familien, seine Freunde. Dabei sind oft zu einem Werk auch die Vorbereitungsarbeiten zu sehen – die gezeichnete Vorbereitungsskizze, dann die Ölskizze. Es ist superinteressant, auch die Arbeitsweise des Künstler so kennenzulernen.

Auch malt er viele Szenen aus dem Alltag – diese sind bei den Käufern aus dem Bürgertum zu seiner Zeit sehr beliebt. Die Ballerinas, die Cafés, die Boudoirs sind nur ein Teil davon. Auch gibt es Landschaften, Momente aus der Stadt und dem urbanen Leben. In diesem Zuge malt er auch das Baumwollkontor, das seiner Familie gehört. Ein Bild, dass ich mir genauer anschauen muss, die feinen, zarten, sorgfältig platzierten Pinselstriche und Schattierungen und die vielen Details faszinieren und überraschen mich zugleich – ich dachte bei Degas eher an bewegte, mit großen Zügen gemalte Tütüs.

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Natürlich kommen wir auch an der Einen oder anderen Ballerina vorbei. Allerdings sind sie wirklich nicht zentral in der Ausstellung – und trotzdem auch beeindruckend, sie mal “live” vor sich zu sehen.bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (13)

Ebenso faszinierend ist Degas’ großes Interesse an der japanischen Kunst, welches sich auch in mehreren der hier ausgestellten Werke widerspiegelt. Der seidene Fächer („Sängerin in einem Gartencafé“), auf dem das Plakatmotiv der Ausstellung gemalt ist, ist nur ein Bespiel davon. bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (12) bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (14)

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Insgesamt bin ich ziemlich begeistert von der Ausstellung. Natürlich waren die Erklärungen von Moritz Thinnes und Isabel Koch sehr aufschlussreich (ich glaube, bei einem einfachen Besuch der Ausstellung hätte ich nicht all diese Hintergrundinformationen allein aus den Werken und den Beschreibungen an den Wänden herausfiltern können), aber vor allem finde ich es spannend, wie ein neuer Blick auf den Künstler gewagt wird. Es werden neue Welten Degas’ gezeigt und ein viel breiter gefächertes Spektrum an Themen und Techniken, als man dachte. Es ist spannend, wie Einblicke in seine Arbeitweise gewährt werden und seine Inspirationsquellen ebenso zum Vorschein kommen. Ein Besuch, den ich auf jeden Fall weiterempfehle! Vielen Dank noch einmal Isabel Koch und Alexandra Hahn von der Presseabteilung der Kunsthalle, Herrn Böhmer und Moritz Thinnes  für die Einladung, die tolle Begleitung und Betreuung sowie für die spannenden Einblicke, die sie uns geschenkt haben!

Nach der Tour kam es spontan zu einem sehr interessanten Meinungsaustausch zwischen uns Bloggern und unseren Begleitern. Es ging dabei um die Vermittlung der Kulturthemen, um das Ausstellungdesign, wieder um das Fotografieren im Museum (diesmal mit einigen Lösungsvorschläge und tollen Ideen), gemeinsam überlegten wir, wie man das Digitale und die Social Media Kanäle nutzen kann, um das Besuchererlebnis auch auf diese Ebene spannend zu gestalten. Wieder einmal ist die Offenheit vonseiten der Kunsthalle erstaunlich und erfreulich und zeugt für das wirkliche Interesse der Einrichtung an unserer Expertise. Blogger Relations wurden hier eben nicht nur gemacht, weil es gerade “cool” ist oder am Kommen ist, sondern weil wirklich überlegt wurde, wie man gemeinsam wichtige Themen erarbeiten und vermitteln kann. Toll! Es war super, dass sich so ein guter Moment des Austauschs ergeben hat – ich glaube, es wäre super, ihn auch bei zukünftigen Bloggerreisen bewusst einzuplanen.

Im Anschluss geht es noch in die Junge Kunsthalle. Im einem Nebengebäude der Kunsthalle haben die jungen Besucher des Museums viel Platz und Möglichkeiten, um die Kunst spielerisch zu entdecken.

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Wir “Erwachsenen” freuen uns allerdings ebenso an den Räumen, in denen zur Zeit Entdeckungsstationen passend zur Degas Ausstellung zu Sehen und Erleben sind:  bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (21)bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (20)

Im Obergeschoss gibt es weitere Räume, die der Kunstpädagogik gewidmet sind. Hier muss ganz schön viel los sein! Ich freue mich über jeden Farbspritzer und bunten Fleck an Wand, Stuhl und Tischtuch! Hier darf man in weiten Bögen zeichen, malen, schaffen – und kreativ werden ohne auf Mamas bestes Tischtuch achten zu müssen. bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (22) bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo (24) bloggerreise karlsruhe basel _  besuch bei degas in der staatlichen kunsthalle © Vivi D'Angelo

Es ist toll, zu sehen, wie viel Platz hier für die Besucher von morgen vorgesehen ist. Wie man überall an den bunten Spuren sieht, wird dieser gut genutzt und sehr geschätzt!
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Es ist nun Mittag. Einige von uns bleiben noch eine Weile hier, für mich geht es weiter ins ZKM, von dem ich schon so viel gehört habe! Darum geht es im nächsten Blogpost.

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Die Nachberichte meiner Mitreisenden findet ihr übrigens auf den jeweiligen Blogs von Tine Nowak, Angelika Schoder, Tanja Neumann und Klaus Graf. Nach und nach werden sie dort (ich glaube fast alle, genauso wie ich, “häppchenweise”) den Bericht der Reise fortsetzen.  Zudem gibt es bei Marlene Hoffmann ein super Interview mit Alexandra Hahn, Pressesprecherin und Leiterin des Bereichs Presse und Medien der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, welches Einblicke in die Gestaltung und Konzeption der Reise gibt.


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