Blogger Relations - oder Königsmord lohnt sich nicht #bpb...

Blogger Relations - oder Königsmord lohnt sich nicht #bpbr

Johannes Lenz hat Recht: Blogger sind Influencer. Doch sind nicht alle Influencer Blogger. Soweit so gut. Soweit so banal. Nun ist eine Diskussion ausgebrochen, ob der Begriff der Blogger Relations durch den der Influencer Relations abgelöst werden soll: Der König ist tot, es lebe der König! - und Johannes hat ihn umgebracht. Voller Stolz steht er neben der Guillotine und hält den abgeschlagenen Kopf hoch. Doch wem zeigt er ihn? Wer sind die Bürger, denen er den Anbruch einer neuen Zeit  verkündet? Und welchen Unterschied macht es, ob er ihn diesen oder jenen zeigt?
Diese Frage ist nun höchst relevant. Zeigt er das blutende Haupt einem Kreis Gleichgesinnter, also dem elitären Club der Berufskollegen, oder rennt er zum Kunden, in die Unternehmensetagen und Pitch-Turniere, um dort sich als Königsmörder zu präsentieren? Unter den Kollegen wird er Lob ernten, wird er Kritik ernten, wird er alles ernten, was seine persönliche und unser aller Knowledgebase erweitert. Um im gewohnten Agentursprech zu bleiben: Wir alle werden von den Insights neue Learnings gewinnen. Fraglich ist allerdings, ob wir am Ende committen werden. Es handelt sich in meinen Augen um eine rein akademische Diskussion. Ein l'art pour l'art. Kunst, um der Kunst willen. Aber eine solche, die vielleicht nie enden will.
Wer sich eine solche Diskussion nicht vorstellen kann: hier bitte - ein knapper Einblick in einen solchen Diskurs. Der an akademischen Fragen Interessierte würde nun wissen wollen, was Königtum ist, was Adel ist, was Guillotine ist, was Revolution ist, was Bürger sind und überhaupt muss Johannes unzählige Fragen beantworten. Wir erinnern uns: Er ist der Königsmörder und steht mit dem blutenden Haupt in der Hand vor uns und lobpreist den Anbruch einer neuen Zeit mit Emphase. Jeder Versuch einer Definition wird wieder hinterfragt, sodass alles wieder von vorne zu beginnen scheint. Kurz: Das Kuddelmuddel sähe so aus wie die Jahre der französischen Revolution in den Räten vor Erscheinen Napoleons. Der brachte dann wieder andere Probleme. Auf unser Beispiel übertragen bedeutet das: Es müsste erst geklärt werden, was ein Blog ist, was ein Journalist ist, ob die Bezeichnung Blogger einzig den Nutzer einer entsprechenden Plattform meint, ob er ein Hobbyschreiberling ist oder ob man ihn ernst nehmen darf, was ein Influencer ist. Und - ganz wichtig - wie er sich von einem Opinion Leader unterscheidet. Oder ob er sich davon überhaupt unterscheidet. Spätestens jetzt würfe einer den Begriff Gatekeeper ein, der wie jeder weiß, im Online-Bereich entfällt - es sei denn, man betrachtete die Suchmaschinen mit ihren Findalghoritmen als solche. Ansonsten gehört der Gatekeeper einer anderen Welt an. Nämlich der Welt der klassischen Medienarbeit.
Am Ende steht Johannes immer noch da mit dem abgeschlagenen Kopf, während die, die jubeln sollten, sich gut mit sich, ihren Methoden und Herangehensweisen selbst beschäftigen. Der neue Begriff der Influencer Relations spornt sie zu immer neuen Differenzierungen an. Nun drängt der Begriff von sich aus geradezu danach, gemessen zu werden.
Irgendwie wohnt ihm etwas Qualitatives inne: Ich beeinflusse oder werde beeinflusst. Einfluss taucht nie allein auf. Denn Einfluss ist immer bezogen-auf. Ein Vergleichswert. Am einfachsten ist, wenn man etwas zählt: Follower, Following, Likes, Updates, Tweets - aber das befriedigt einen nicht, wenn man Einfluss messen will. Entweder ich behaupte einfach, wer aktiv ist und wer passiv, konstatiere folglich, wer wen beeinflusst, verfange mich mit Alt-68ern in endlosen Diskursen, es bedinge sich alles gegenseitig und sei somit dialektisch oder finde eine Messmethode. Oder komplexer - Verzeihung - greife zurück auf Klout, Peerindex oder andere Indizes. Aber sie haben andere Nachteile. Intransparenz beispielsweise.  Als Agentur kann ich natürlich auch verkünden, den Stein der Weisen gefunden zu haben. Und so predigend von Tür zu Tür laufen und der Menschheit maßgeschneiderte Listen von Influencern anbieten - oder zumindest den zahlenden Unternehmen. Aber ob das Influencer Relations würden bezweifle ich. Oder eben sich als Vermittler zwischen Unternehmer und Influencer verstehen. Das klingt schon besser, verschleiert aber wieder die Unschärfe des Begriffs.
Wer nun mit dem abgeschlagenen Kopf in die Unternehmen rennt, muss das alles oben beschriebene dem künftigen Kunden erklären. Und vor allem, wer einmal Königsmörder wurde, wird es vielleicht wieder. Die Unternehmen wollen auch Sicherheit, dass nicht ständig einer in den Thronsaal mit der Axt herumläuft. Darum ist es einfacher, beim alten König Blogger Relations zu bleiben. Zwar ist hier auch alles nicht ganz einfach. Aber man beginnt sich an den König so allmählich zu gewöhnen.
Blogger schreiben Blogs. Ob das nun die Plattform meint oder das ein eigenes Publikationsformat ist wie eine Zeitung, sei dahingestellt. Es gibt auch Microblogger. Twitterati zum Beispiel. Wenn ich von mir ausgehe, bin ich bei bestimmten Themen in befristeten Zeiten schon öfters mal unter den einflussreichsten fünf Twitterern - zum Thema Deutsche Bahn beispielsweise zur Zeit von #s21. Also als die Demonstrationen liefen rund um den Stuttgarter Bahnhof. Damit muss man rechnen bei mir: 1.) phasenweise und 2.) zu bestimmten Themen, dass ich über Nacht gemeinsam mit anderen zum Influencer mutiere. Das betrifft dann aber auch entsprechende Blogbeiträge. Dann kuratiere ich vorwiegend Inhalte, share und kommentiere sie. Zudem mache ich recht zügig Livestreams ausfindig. Es geht hier in der Regel um höchst aktuelle Beiträge, die es mitunter erst einen Tag später in die Nachrichten schaffen. Das alles ist aber schwer messbar. Nur in situ. Dann merke ich es oft auch, ob ich jemandem auf die Füße trete. Denn es sind häufig politische Themen. Aber wichtig ist, dass ich nicht allein Influencer werde, sondern im Miteinander mit meinem Netzwerk. Blogger zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Kontakt mit ihrem Netzwerk stehen. Darum kommt es auch bei Blogger Relations nicht so sehr auf den einzelnen schreibenden, filmenden, podcastetenden oder fotografierenden Hansel oder Gretchen an, sondern auf seine Beziehung zu seinem Netzwerk, das er mitbringt. Er ist eben kein Gatekeeper zu einer bestimmten Gruppe, sondern er und sein Netzwerk bedingen sich viel stärker gegenseitig. Bei dem einen steht mehr die Person im Vordergrund, beim anderen das Netzwerk. Die Frage, wie finde ich für mein Unternehmen die richtigen Blogger?, ist also mindestens die Frage nach seinem Netzwerk. Und da sind wir bei seinen Lesern, aber auch bei Social Media.
Fazit Es lohnt sich folglich nicht, Königsmörder zu sein, es sei denn, ich werde als solcher von einem Unternehmen eingeladen.
Dieser Beitrag entstand im Zuge der Blogparade von Mike Schnoor "Blogger Relations".
tl;dr Blogger Relations ist ein Begriff, der sich gerade etabliert, während Influncer Relations zwar nicht ganz falsch ist, aber mehr Probleme mit sich bringt

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