Bitte melden: Datendealer Staat

Wer bis jetzt noch nicht glauben wollte, dass deutsche Parlamentarier der verlängerte Arm der deutschen Wirtschaft sind, die für schäbige Lobbyarbeit großzügige Diäten einstreichen (die eigentlich als Belohnung für gutes Regieren im Namen des Volkes gedacht waren), sollte spätestens jetzt die Gewissheit haben, dass dem tatsächlich so ist. Dabei hat sich der Bundestag solche Mühe gegeben, dass niemand bemerkt, dass das neue Meldegesetz ein Geschenk an die (Werbe-)Wirtschaft ist: In einem fast leeren Saal winkten zwei, drei Handvoll fußballresistente Politiker den Gesetzentwurf durch, während das Fußballvolk vor den Bildschirmen hing, um sich das Halbfinalspiel Deutschland-Italien anzusehen. Extrem geschickt gewählter Zeitpunkt, kein Mensch hat mitbekommen, was im Parlament geschah!

Aber dann: Scheiß-Internet. Irgendein Datenschützer hat es doch gemerkt! Und der geradezu zwangsläufig erfolgte Sturm der Empörung über diesen vermeintlich schlau eingefädelten Coup ist der Bundesregierung jetzt so peinlich, dass sie nichts mehr damit zu tun haben will und gar um Amtshilfe beim Bundesrat ersucht, das “MeldFortG” in seiner nun beschlossenen Form doch noch zu stoppen. Jetzt behaupten alle plötzlich, dass im Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens doch eigentlich vorgesehen gewesen wäre, dass Personen, wenn man sie schon von Amts wegen zwingt, der Meldebehörde immer die korrekte aktuelle Anschrift mitzuteilen, der Weitergabe ihrer Daten zu gewerblichen Zwecken doch wenigstens ausdrücklich zustimmen müssten. Nun steht aber drin, dass sie einer Weitergabe an dubiose Adresshändler ausdrücklich widersprechen müssten – und auch dieser Widerspruch ist so leicht auszuhebeln, dass er praktisch wirkungslos ist: Ist die Adresse eines Bürgers erst einmal in irgendeinem Verzeichnis gelandet, kann die betreffende Klitsche einfach beim Meldeamt nachfragen, ob die Adresse noch stimmt, und bekommt dann automatisch die neue Anschrift, egal ob der Weitergabe von Daten widersprochen wurde oder nicht.

Einfach genial, drei zu null für den Datendealer-Staat! Der verkauft die Meldedaten seiner Bürger übrigens ohnehin schon an interessierte Unternehmen, sofern kein entsprechender Widerspruch vor liegt – neu ist das alles also nicht. Der eigentliche Aufreger dürfte die Tatsache sein, dass die neue Fassung des Gesetzes sogar einen ausdrücklichen Widerspruch gegen die Datenweitergabe mal eben unwirksam macht. Das geht dann doch zu weit, finden die Bundesregierenden nun, irgendeine Chance müsste man den Bürgern doch lassen, sich vor der Lawine ungewollten Werbemülls zu schützen. Theoretisch ist Deutschland ja irgendwie noch ein Rechtsstaat, der auch dem verstocktesten Widersprecher ein Mindestmaß an Bürgerrechten garantieren muss.

Vielleicht wäre das mal eine neue Geschäftsidee für den Verfassungsschutz, der sich ja als ebenso teuer wie nutzlos erwiesen hat: Der könnte doch einfach mal die Spammer verfolgen, die das Internet mit ihrem Scheiß überschwemmen. Oder offline in Hauseingängen schnüffeln, ob das “keine Werbung”-Schildchen am Briefkasten von den Werbeflyer-Verteilern auch angemessen respektiert wird. Da kommt man auch politisch nicht so durcheinander mit rechts und links.



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