Ein Flughafenhotel in Paris als Ort, an dem sich zwei Leben zu etwas Neuem entwickeln, wirkt auf den ersten Blick nicht als naheliegende Wahl. Dennoch ist genau dieser Ausgangspunkt perfekt für Bird People gewählt. Regisseurin Pascale Ferran erzählt von einem amerikanischen Geschäftsmanns, der beschließt sein altes Leben hinter sich zu lassen und dem jungen Zimmermädchen, welches die Hoffnung auf ein spannendes Leben noch nicht aufgegeben hat.
Schon die Anfangssequenz des Films ist jedem Zuschauer so vertraut, dass man gespannt ist in welche Richtung Bird People weitergeht. Wir sehen Menschen in Zügen und U-Bahnen, die auf dem Weg zur Arbeit sind – jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, Musik hörend oder (was sonst) telefonierend. Auch die Hektik am Flughafen und das Kommen und Gehen im Hotel hält unserer Gesellschaft den Spiegel vor – keiner nimmt sich mehr Zeit für die kleinen Augenblicke im Leben, jeder ist mit sich selbst beschäftigt, gestresst von Arbeit und Freizeit. Das Paradebeispiel eines solchen gestressten Workaholics bekommen wir in Form des Amerikaners Gary (Josh Charles) präsentiert: Er ist für einen Tag in Paris um an einer wichtigen Sitzung teilzunehmen, eigentlich sollte er anschließend nach Dubai weiter und wieder zurück in die USA. Doch es kommt anders.
Gary bekommt Panikattacken, ist im Meeting geistig abwesend und beginnt sich über sein Leben Gedanken zu machen. Schließlich entscheidet er sich alles hinzuschmeißen und mit seinem alten Leben abzuschließen – ein Neubeginn muss her. So werden wir Zeuge als Gary mit seiner Frau via Skype Schluss macht (ein zermürbendes langes Gespräch, nicht nur für die Darsteller), seinen Flug nach Dubai absichtlich nicht nimmt, mit seinem Chef telefoniert und die Kündigung vollzogen wird. Und mit jedem Schritt weiter weg von seinem alten Leben wird Gary sichtlich entspannter und freier.
Auch die zweite Hauptdarstellerin würde gerne aus ihrem Leben ausbrechen. Das Zimmermädchen Audrey (Anaïs Demoustier) sollte eigentlich an der Universität studieren, stattdessen schlägt sie sich mit dem Hoteljob durch und scheint auch sonst eine ziemliche Einzelgängerin zu sein. Just in den Tagen, als auch Gary im Hotel eincheckt, verwandelt sich Audrey für eine Nacht in einen kleinen Spatz und bekommt so eine neue Perspektive nicht nur auf die Welt an sich, sondern eben auch auf ihr kleines Leben. Als sie am nächsten Tag wieder als Mensch aufwacht, begegnet sie schließlich Gary.
Bird People ist nicht nur als eine Kritik an unserem stressigen und von Arbeit bestimmten Leben zu verstehen, sondern auch als Wunsch nach dem „Mehr“. Die langen Einstellungen und die ruhige Kamera unterstreichen den langweiligen Teil und bekommen Fahrt als Audrey in Form eines Spatzes durch die Lüfte fliegt. Besonders kitschig und leider auch zu naheliegend passiert der Flug zu David Bowies Space Oddity.
Insgesamt ist Bird People ein sehr ruhiger und von langen Einstellungen bestimmter Film, welcher sich hin und wieder etwas zu offensichtlich an Klischees bedient. Besonders in der zweiten Hälfte als Audrey in Form eines Spatzes das Hotel und den Flughafen erkundet, nimmt der Film jedoch etwas an Fahrt auf.
Regie: Pascale Ferran, Drehbuch: Pascale Ferran, Guillaume Bréaud
Darsteller: Josh Charles, Anaïs Demoustier, Roschdy Zem, Camélia Jordana, Geoffrey Cantor
Filmlänge: 128 Minuten, gezeigt im Rahmen der Viennale 2014