Umweltschutz ist eine schwierige Sache. Eigentlich sollen Biogasanlagen zur Erzeugung von Energie gut für die Umwelt sein, jedenfalls besser als Kohle- oder gar Atomkraftwerke. Genau wie jahrelang propagiert wurde, dass Biodiesel ein Beitrag zum Umweltschutz sei. Und nicht etwa eine Ausrede für die Automobilindustrie, keine supereffizienten Spritsparmodelle entwickeln zu müssen. Beides stimmt natürlich nicht – denn die Pflanzen, aus denen Biodiesel oder Biogas erzeugt wird, müssen ja erst einmal wachsen, und das tun sie nicht einfach so, sondern sie werden extra dafür angebaut – und zwar nicht im Ökolandbau. Im Gegenteil: Weil der dafür verwendete Mais keine Lebensmittelqualität haben muss, werden großzügig Pestizide verwendet, die den Boden nachhaltig vergiften. Mit entsprechend unerfreulichen Nebenwirkungen. Wie beispielsweise in der Uckermark. Diese dünnbesiedelte Landschaft nördlich von Berlin gilt als besonders urwüchsig und unberührt – aber das ist zumindest in einigen Teilen vorbei.
Original Brandenburger Ackergerät
Weil es in der Uckermark nicht sehr viel mehr gibt, als eine malerische Endmoränenlandschaft mit grünen Hügeln und vielen kleinen Teichen, den eiszeitlichen Söllen, ist es nicht einfach, dort Geld zu verdienen. Es gibt neben Landwirten, die auf den Bioanbau umgestiegen sind, auch Landwirte, die im großen Stil Mais anbauen – für die in der letzten Zeit in Mode gekommenen Biogasanlagen. Das ist ein ganz gutes Geschäft, doch der intensive Maisanbau ruiniert die Umwelt. Im Wasser aus einem der kleinen Sölle in Boitzenburger Land wurde der Grenzwert für Terbuthylazin um das 120fache überschritten, insgesamt wurden acht Pestizide gefunden, bei insgesamt sechs von ihnen waren die Werte deutlich höher als erlaubt. Gefunden wurde auch Simazin, ein Herbizid, das in Deutschland seit dem Jahr 2000 nicht mehr zugelassen ist.
Eine Lehrerin, die in der Nähe ein Ferienhäuschen besitzt, hatte die Analyse auf eigene Kosten durchführen lassen. Ihr war aufgefallen, das es immer weniger Schmetterlinge und Wildblumen in der Gegend gab. Auch die Frösche verschwanden, Bienenvölker starben. Auf der Suche nach der Ursache dieses eigenartigen Artenschwunds fand sie den verseuchten Tümpel.
Anwohner und Naturschützer fordern das Land Brandenburg nun auf, auch an anderen Stellen mit intensiven Maisanbau weitere Proben zu nehmen und analysieren zu lassen. Der Maisanbau in Brandenburg hat tatsächlich stark zugelegt, laut Zahlen des Amt für Statistik Berlin-Brandenburg waren es 2011 insgesamt 167 000 Hektar. Das sind acht Prozent mehr als noch im Vorjahr und so viel wie noch nie zuvor. Den Bauern wird nun vorgeworfen, aus schierer Gewinnsucht gegen „die gute fachliche Praxis“ zu verstoßen und die Natur zu zerstören.
Gute fachliche Praxis ist der maßvolle Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (die bekanntlich nur bestimmte Pflanzen schützen, andere aber killen sollen) und die Beachtung einer bestimmten Fruchtfolge, um die Böden nicht auszulaugen. Nach dem Anbau von Mais müssten die jeweiligen Flächen dann erst einmal mit anderen Feldfürchten bebaut werden, etwa mit Getreide, Kartoffeln oder Rüben. Weil das Geschäft mit Mais aber derzeit so gut läuft, soll auf einigen Flächen bereits fünf oder sechs Jahre hintereinander Mais angebaut worden sein – was zwangsläufig zu sinkenden Erträgen führt, wenn nicht mit tüchtig mit Dünger- und Pestizideinsatz nachgeholfen wird. Auf derart misshandelten Böden wächst bald gar nichts mehr.
In meiner Schulzeit, die in den 70er begann und noch vor der so genannten Wende vorbei war, lernten wir bereits, was für fatale Folgen die intensive Landwirtschaft mit ihren Monokulturen hatte – in den USA führten die Mais- und Weizenmonokulturen zu einer Verwüstung im mittleren Westen, in der damaligen UdSSR wurde die Gegend um den heute kaum noch vorhandenen Aralsee durch bewässerungsintensiven Baumwollanbau ruiniert. Dort ist jetzt eine unfruchtbare Salzwüste. Es ist ja nicht so, als ob nicht seit Jahrzehnten bekannt wäre, was passiert. Doch es findet weiterhin statt – nicht nur in Afrika, wo die Leute deshalb massenweise verhungern, sondern auch in Brandenburg.
Interessant wäre nun zu wissen, welcher Landwirt im vollen Bewusstsein der Schädlichkeit seines Tuns einen solchen Kamikaze-Kurs fährt – sind das die Bauern, die seit Generationen eher schlecht als recht von ihrem Acker leben und nun voller Verzweiflung noch mal richtig Geld sehen wollen, bevor sie den Löffel abgeben? Oder sind das die Heuschrecken, die sich in letzter Zeit riesige Flächen unter den Nagel reißen, um dort auf Teufel komm raus ein Geschäft zu machen, um dann mit vollen Taschen weiterzuziehen? Denn die Landwirte im Osten werden ihrerseits zugunsten von Bodenspekulanten ruiniert. Mehr dazu in älteren Artikeln Bauernland in Junkerhand I und II