Bildung und Ausbildung

Nach den Anmerkungen zum basisdemokratischen Prozedere der Bewegung Audimax letztens jetzt ein paar lose Gedanken zu den Inhalten. Das zentrale Anliegen der Bewegung, so wie es sich die letzten Tage herauskristallisiert hat, äußert sich im Schlagwort “Bildung statt Ausbildung”. Es lohnt sich also, zu überlegen, wie man die beiden Begriffe von einander abgrenzen kann und was das für die Universitäten bedeutet – Stichworte Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen.

Bildung und Ausbildung sind die Pole der Diskussion: Ausbildung soll ein Set an Fertigkeiten, die einem speziellen Anforderungsprofil entsprechen, vermitteln. Bildung hingegen ist zunächst losgelöst von einer bestimmten Materie: Im Vordergrund steht das abstrakt-systematische und kritische Denken an sich. Ausbildung vermittelt die eigenständige Anwendung von Erkenntnis, Bildung befähigt zur eigenständigen Erkenntnis. Beide Begriffe lassen sich in der Praxis nicht so klar trennen – die Grenzen sind fließend; gerade daraus resultiert viel Verwirrung in Bildungsdebatten.

Grundsätzlich aber prägen sie als Prinzipien die Bildungsinstitutionen hierzulande: Die Fachhochschulen, die vor allem der effizienten Ausbildung verpflichtet sind und die Universitäten, die in erster Linie ein Biotop für Bildung, und in letzter Konsequenz, Wissenschaft sein sollen. Erwirbt man auf der FH den Nachweis, für eine von vornherein sehr genau abgegrenzte Tätigkeit qualifiziert zu sein, bescheinigt ein Uniabschluss vor allem die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten aka systematische und methodische Problemlösungskompetenz. In diesem Zusammenhang ist der gern gezogene Vergleich der heimischen mit den amerikanischen Universitäten (übrigens meist nur mit dem winzigen Anteil “echter” Spitzenunis von Weltruf) irreführend: Dort spielt die Wissenschaft in der Lehre keine Rolle – Ziel ist konkrete Ausbildung für die Praxis inklusive, im Idealfall, Jobgarantie. Princeton etwa ist daher viel eher ein Maßstab für unsere Fachhochschulen als Universitäten.

Für die Ausbildung ist der Abschluss unentbehrlich; wenn es um Bildung geht, nicht: Wenn der Weg das Ziel ist, muss man ihn ja nicht unbedingt formell bis zum Ende gehen, um  zu profitieren. Daraus folgt: Ausbildung soll effizient sein, weil ein klar vordefiniertes Ziel angestrebt wird. Bildung braucht Freiheit, weil der Wert des Studiums gerade darin liegt, dass man selbständig den eigenen Interessen folgt – im mehr oder weniger weiten Rahmen der jeweiligen Studienrichtung.

Da sich auf den Universitäten je nach Studienrichtung Bildung und Ausbildung vermengen, müssen auch Freiheits- und Effizienzerwägungen gegeneinander abgewogen werden – der Möglichkeit, das Studium individuell zu gestalten ist dabei aber tunlichst der Vorzug zu geben. Das findet in der Bildungspolitik derzeit nicht statt: Gegen die einseitige Fixierung auf effizienzsteigernde Maßnahmen auf Kosten der akademischen Freiheit wenden sich die Proteste.

Je Ausbildung, desto verschulter kann also der Grundsatz lauten. Studien wie Medizin oder Jus, die recht klar umrissene Berufsbilder bedienen, können auch straffer organisiert sein; Zugangsbeschränkungen im Sinne von einmaligen Aufnahmeprüfungen sind jedoch wenig sinnvoll: Einerseits handelt es sich dabei um eher wenig aussagekräftige Momentaufnahmen, andererseits sind solche zentral gesteuerten Hürden enorm anfällig für Manipulationen. Studieneingangsphasen können hingegen, sofern sie hinsichtlich der Wahlfächer genügend Spielraum lassen und nicht zu sachlich unsinnigen seriellen Knockout-Prüfungsorgien degenerieren, durchaus sinnvoll sein.

Wie aber finanzieren? Studiengebühren im derzeitigen Umfang können das Problem nicht lösen; auch zur besseren sozialen Durchmischung der Universitäten tragen sie nichts bei – die Entscheidung für FH oder Uni fällt wohl schon wesentlich früher, unabhängig von den Kosten. Die Gebühren sind also allenfalls Hindernis für Studierende und ein Tropfen auf den heißen Stein für die Budgets. Dass die ~150 Millionen Einnahmen im Jahr aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit unbedingt notwendig wären, wird erstaunlicherweise vor allem von denjenigen ins Treffen geführt, die unlängst noch dem Auslaufen der Erbschafts- und Schenkungssteuer (~150 Millionen) mit Wohlgefallen zugesehen haben. Statt an Gebühren herumzudoktern sollte man sich lieber über ein sinnvolles und gerechtes Steuersystem Gedanken machen, nur von da können die erforderlichen Milliarden kommen.

Dass Bildung und Ausbildung die wichtigsten Ressourcen Europas sind, ist wohl unbestritten. Dem muss Rechnung getragen werden, indem man die jeweils zuständigen Institutionen großzügig ausstattet und möglichst breiten Zugang gewährleistet. Die Universitäten mittelfristig zu Fachhochschulen umzubauen kann schon nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten keine Lösung sein: Kreativität und Innovation brauchen Freiraum für Experimente und langfristiges Denken, den nur die Universitäten bieten können und an dem der Markt meist kein Interesse hat. Nur auf die Marktbedürfnisse zu reagieren, ist zu wenig.


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