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Der Bundesgerichtshof ist in einem Beschluss am 12. Januar 2011 (Az.1 StR 580/10) der einschränkenden Auslegung des Straftatbestandes der Vergewaltigung entgegen getreten und hat bestätigt, dass beim Straftatbestand der Vergewaltigung die Tatvarianten des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB (Drohung) als auch des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB (Ausnutzen einer schutzlosen Lage des Opfers) nebeneinander verwirklicht sein können.
Würde man die Begehungsvariante „Ausnutzen einer schutzlosen Lage“ neben der Begehungsvariante „Drohung“ verneinen, könne es zu untragbaren Strafbarkeitslücken kommen, was nicht mit der vom Gesetzgeber gewollten Verbesserung des Schutzes behinderter Menschen vor erzwungenen sexuellen Übergriffen zu vereinbaren sei, so der 1. Senat. Der Schutz insbesondere von Behinderten, die zu den schwächsten und hilfsbedürftigsten Mitgliedern der Gesellschaft zählen, sei gesetzgeberisches Ziel. Der bewussten Verletzung auch dieses Rechtsguts komme schulderhöhende Bedeutung zu.
Nach den Feststellungen des Landgerichts Landshut in der Ausgangsentscheidung am 22. Juni 2010 (Az.J KLs 20 Js 3838/09) hat der Angeklagte mehrfach den Geschlechtsverkehr (Oral-, Vaginal- und Analverkehr) erzwungen, und in weiteren Fällen vom Opfer gegen dessen Willen sexuelle Handlungen an sich vornehmen lassen. Der Angeklagte hatte der Geschädigten jeweils gedroht, deren Mutter umzubringen, wenn sie nicht mitmache oder ihn verrate. Darüber hinaus machte sich der Angeklagte jeweils die schutzlose Lage seines Opfers zu Nutze. Die junge Frau leidet seit ihrer Geburt an einer spastischen Lähmung beider Beine und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Auch kann sie eine Hand nicht bewegen. Sie konnte sich so der Übergriffe des Angeklagten weder ernsthaft erwehren noch sich entfernen, zumal der Angeklagte die Taten bewusst an Orten ausgeführt hat, an denen hilfsbereite Personen für die junge Frau nicht erreichbar waren.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Insbesondere durfte das Landgericht straferschwerend berücksichtigen, dass der Angeklagte in allen Fällen sowohl § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB* (Drohung) als auch § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB* (Ausnutzen einer schutzlosen Lage des Opfers) verwirklicht hat. Beide Tatvarianten stehen gleichrangig nebeneinander.
Näheres finden Sie in der Presseerklärung des Bundesgerichtshofes: Pressemitteilung Nr. 18/11 vom 31.1.2011.