Hilfe, Tante Dora!
Mein Freund ist tollpatschig im Bett. Wir sind jetzt schon seit fast einem Jahr ein Paar, aber unser Sex wird einfach nicht besser. Wenn er mich anfasst, fühlt sich das total mechanisch an.
Außerdem tut er das in letzter Zeit immer seltener, seit ich ihm neulich erklärt habe, wie ich das gerne hätte. War es falsch mit ihm darüber zu sprechen? Was kann ich tun? Soll ich an einer Beziehung festhalten, in der es sexuell einfach nicht funktioniert?
Viele Grüße
Betty
Liebe Betty,
erstmal: Über Deine Gefühle zu sprechen, ist sicherlich nie falsch. Wenn ich Deine Zeilen lese, bin ich berührt, weil ich Deine Angst um Eure noch junge Liebe wahrnehme. Und gleichzeitig freue ich mich, dass Du den Willen zu haben scheinst, an Eurer Beziehung zu arbeiten. Ist es das, was Du ausdrücken möchtest?
Unter der Voraussetzung, dass ich Dich richtig verstanden habe, kannst Du Dich bitte für einen Moment von dieser Position trennen? Könnte Dein Partner Deine Botschaft anders verstanden haben? Kommunikation ist ein wunderbares Ding. Die Wahl des Zeitpunktes, des Ortes und der Worte entscheidend, ob eine Botschaft richtig ankommt.
Manchmal ist nonverbale, positive Bestärkung die einfachere Vorgehensweise. Aber darüber warst Du wahrscheinlich schon hinaus? Zudem bricht sich das Unkontrollierte eben Bahn.
Sex ist eine elementarsten Ausdrucksformen. Er verbindet uns auf einzigartige Weise mit unserem Körper. Uns anderen sexuell zu nähern, macht verwundbar. Im Sex offenbaren sich all unsere Hemmungen, Komplexe und Blockaden, aber auch unsere Phantasie, Hingabe und unser Mut. Ehrlich guter Sex zeichnet sich dadurch aus, dass all dies im richtigen Verhältnis gemischt wird. Dafür gibt es Naturtalente und Menschen, deren Zugang über die bewusste Auseinandersetzung mit Technik führt.
Liebe und Sex bedingen sich nicht. Liebe und Verständnis hingegen schon. Du kannst Deinen Partner nicht ändern, aber an Deinem Verständnis kannst Du arbeiten. Warum stellt er sich tollpatschig an? Fehlt ihm die Erfahrung? Hat er Probleme sich fallen zu lassen? Oder quälen ihn vielleicht Minderwertigkeitsgefühle?
Erfahrungen kann man zusammen sammeln. Manches erledigt sich mit der Zeit. Aber wenn Vertrauen und Vertrautheit nicht helfen, bist Du als Partnerin die falsche Ansprechperson. Ob Tantra, Sexual- oder andere Therapien, es gibt viele Wege, um mit sich und seiner Sexualität ins Reine zu kommen.
Vielleicht führt Euer Weg zu einem erfüllten Miteinander auch über die Öffnung Eurer Beziehung für andere. Es gibt in Deutschland mittlerweile zahlreiche Gruppen und Stammtische für Polyamoröse und Menschen in offenen Beziehungen. Dort findet man Rat, Austausch und Anschluss.
Ich rate Dir sicherlich nicht zur Selbstaufgabe, aber zur Geduld.
Mit einer Umarmung
Deine Tante Dora
PS
Solltest Du Dich intensiver mit dem Thema „Kommunikation“ auseinander setzen wollen, kann ich Dir das Buch „Gewaltfreie Kommunkation“ von Marshall B. Rosenberg empfehlen.