Best of… eine Horrorstory über Schönheitswahn – Leseprobe

Best of… eine Horrorstory über Schönheitswahn – LeseprobeSend to Kindle

Ralf Boscher - Best of
Bring mir ihre Haare! Ihren Mund! Bring mir ihre Augen! forderte die Stimme Zoe auf. Wir wollen sie, wir brauchen sie! Und Zoe lächelte, was der Wut, die sich in ihrem Gesicht spiegelte, etwas Diabolisches verlieh, sah sich kurz um, Niemand zu sehen, gut!, und trat einen Schritt nach vorne, nun kaum mehr vom Gebüsch gedeckt, trat auf einen Ast, der laut knackend zerbrach, woraufhin Sarah sich umdrehte.

Doch bevor Sarah mit ihren schönen Augen sehen konnte, wer oder was sich ihr näherte, schlug Zoe mit Kraft und Präzision zu. Für sie fühlte es sich an, als hätte im letzten Moment vor dem Schlag eine helfende Hand nach dem Ast gegriffen und diesen genau auf jene Stelle von Sarahs Hinterkopf gelenkt, die optimale Wirkung bei möglichst geringer Zerstörung versprach. Sie war überrascht, wie leicht ihr dies von der Hand ging. Ein dumpfes Ploch, ein kurzes Aufstöhnen, und Sarah sackte ohnmächtig zur Seite. Einen Moment lang blieb Zoe mit dem Ast in der Hand über Sarah stehen. Kein Blut war zu sehen. Sarah lag auf der Seite, als würde sie schlafen. Allerdings hatte sie ihre Augen geöffnet, was Zoe einen Augenblick lang erschaudern ließ. Vielleicht hatte sie ja doch zu fest zugeschlagen?

„Jetzt mach!“, trieb sie die innere Stimme zur Eile. Und sie hatte ja recht. Zoe sah sich um, immer noch niemand zu sehen, und setzte sich neben Sarah auf die Bank. Schnell holte sie den Spiegel aus dem Rucksack hervor, der sich warm an ihre Hand schmiegte. Noch war er glanzlos, matt, aber dies würde sich jeden Moment ändern. Zoe konnte die hungrige Vorfreude ihres neuen Freundes spüren. Sie steckte den Ast in den Rucksack. Wegen der Fingerabdrücke. Schließlich hatte sie genügend Kriminalserien im Fernsehen gesehen. Dann ging sie umgehend ans Werk.

Zuerst die Haare. Kaum hatte Zoe dem Spiegel Sarahs schönes Haar gezeigt und die Worte gedacht, begann ihre Kopfhaut zu kribbeln und ihr ganzer Körper aufs Angenehmste zu vibrieren. Zoe stöhnte auf. Doch dieses Mal hatte sie keine Zeit, sich den aufregenden Gefühlen hinzugeben. Sie schloss nicht die Augen, sondern griff nach einem Papiertaschentuch und schob Sarah, ihre Fingerspitzen mit dem Taschentuch abgedeckt, den Rock hoch und zeigte dem nun bereits kaum mehr matten Spiegel Sarahs Beine. Das Vibrieren ihres Körpers wurde stärker. Der Spiegel in ihrer Hand begann hell zu strahlen, als Zoe die Worte Diese Beine will ich! dachte.

[...]

Sarah war wenig später, nachdem Zoe gegangen war, wieder zu sich gekommen. Es dauerte einige Minuten, bis sie aufstehen konnte. Benommen saß sie einfach da, mit hängenden Schultern, die Hände im Schoß. In ihrem Kopf war eine dröhnende Leere, Gedanken im eigentlichen Sinne, eine Erinnerung an das, was geschehen war, hatte Sarah in diesen Momenten nicht. Dann hob sie langsam ihre Hand, um sich in die Haare zu greifen, um, wie sie es immer unwillkürlich tat, wenn sie durcheinander war, mit ihren Fingern eine Strähne ihres langen, dicken Haares hinters Ohr zu kämmen. Ihre Finger berührten ihre Stirn, sie spürte ihre Haare unter der Fingerkuppe und strich sich durch das Haar. Einige Augenblicke später hielt sie sich diese Hand vor ihre Augen. Sarah spürte in ihrer Benommenheit, dass etwas anders war, sie sah, was anders war – und dennoch dauerte es einige, schneller werdende Herzschläge, bis sie es wirklich sah. Sie hatte eine Strähne in der Hand. Wie schon Alex am Morgen desselben Tages konnte sie es nicht glauben. Griff sich nochmals ins Haar und hielt ein ganzes Büschel in ihrer Hand. Und noch ein Griff. Und noch ein Büschel. Sarahs Augen weiteten sich, ihr Mund öffnete sich. Dann schrie sie. Und schrie.

Ende der Leseprobe der Kurzgeschichte „Best of…“, aus:

Best of… und andere schaurige Kurzgeschichten von Monstern und Kindern

Das Böse begegnet uns auf vielfältige Weise. Wir treffen es auf einem Flohmarkt, es lauert in einem Holzstoß hinter dem Haus, es kommt zu uns auf leisen Pfoten. Und oft ist es zunächst nicht schrecklich. Nein, das Böse kann so reizend sein. Es lächelt und ist nett und höflich. Es verspricht uns etwas, wonach wir uns sehnen. Schönheit zum Beispiel. So laden wir es mit offenen Armen in unser Leben ein. Und wenn wir merken, dass wir einen schrecklichen Fehler begangen haben, ist es zu spät. Unter dem Lächeln bricht die Fratze des Grauens hervor. Was als Verheißung begann, wird zu einem fürchterlichen Alptraum aus Angst, Schmerz und Blut. Wird zum Stoff für schaurige Geschichten, zupackend, düster, vielfältig.

Das bei Amazon für 99 Cent erhältliche eBook bietet Horror-Kurzgeschichten von Ralf Boscher (Länge: über 86000 Zeichen) und trägt das Qindie Gütesiegel.


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