Berliner Stadtschloss: Tempel der Kunst oder Millionengrab?

Der Baubeginn für das neue Berliner Stadtschloss ist erfolgt. Eine neue Gesellschaft, die in die Fußstapfen der Feudalherrschaft tritt, lässt grüßen. Glaubte man bisher, diese Kaste inklusive ihrer monumentalen Protzbauten sei im Nirwana der Geschichte verschwunden, muss sich nun eines Besseren belehren lassen. Der den Deutschen ureigenste Hang zur Giganterie und Großmannsucht scheint sich in den Köpfen derer, die das Geld der Steuerzahler verwalten, wie ein bösartiges Geschwür festgesetzt zu haben.

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Berliner Stadtschloss – mit Kaiser-Wilhelm-Denkmal – Foto: © public domain

Eine realistische Wahrnehmung von Kosten und Nutzen dieses Protzbaues wird schlichtweg ausgeblendet. Wen wundert’s, sprudeln doch die Steuereinnahmen wie niemals zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Sozialwissenschaftler reden in diesem Zusammenhang von einer Refeudalisierung der Gesellschaft und einer Inszenierung von Öffentlichkeit, die das Darstellen von Partikularinteressen von Personen oder Verbänden als Allgemeininteressen unter Ausschluss der Öffentlichkeit betreibt.

Die Ausschreibungskosten von 590 Millionen werden durch eine vom Größenwahn getriebene Prunk- und Geltungssucht ausgeblendet. Spätestens, wenn man sich die jüngsten Projekte wie die neue Elbphilharmonie, den bis heute nicht fertig gestellten Berliner Flughafen, Stuttgart 21 und “eine Misere-Drohne, die nicht fliegt” vor Augen führt, weiß man, was solche Projekte den Steuerzahler tatsächlich kosten. Wenn man bedenkt, dass die Elbphilharmonie ca. zehnmal so teuer wird wie ursprünglich geplant, realisiert man, dass mit diesem Objekt eine gigantische Geld-Verschwendungsmaschine in Gang gesetzt wurde. Für Projekte dieser Art sollte der Finanzminister schon mal entsprechende Rücklagen bilden.

Man darf auch hier gespannt sein, welcher Politiker mit der Bauabwicklung beauftragt wird. Der Berliner OB Wowereit scheint ein adäquater Kandidat zu sein, hat er doch mit dem aktuellen Flughafenprojekt schon “einschlägige Erfahrungen” sammeln können. Nicht das Land Berlin, sondern der Bund soll den Großteil der Kosten zahlen. Von den 590 Millionen Euro geplanten Baukosten übernimmt der Bund 478 Millionen, 32 Millionen das Land Berlin. Der immense, aber im Vergleich dazu “kleine” Millionen-Rest soll durch Spenden hereinkommen. “Die Großartigkeit, mit der in Berlin das Geld anderer ausgegeben wird, ist phänomenal”, sagte Helmut Schmidt in einem Interview “Der Zeit” und ob die Menschen in der Republik einen solchen Bau überhaupt wollen, darf vor dem Hintergrund gigantischer Staatsschulden und einem Auseinanderbrechen der Eurozone, mehr als bezweifelt werden. Die geographische Lage der Hauptstadt liegt für viele Bürger eben nicht gut erreichbar in der Mitte der Republik, sondern eher an der Peripherie des Landes. (In vordemokratischen Zeiten mag das wohl anders gewesen sein…) Ein Besuch im französischen Louvre ist für viele Kunstbegeisterte näher und schneller zu erreichen als das ferne Berlin.

Der Schloss-Nachbau soll die ethnologischen Sammlungen der Berliner Museen, eine Auswahl aus den Archiven der Humboldt- Universität sowie Bestände der Berliner Zentral- und Landesbibliothek beherbergen. Bei der Kunst scheiden sich ja bekanntlich die Geister, und ob ein solches Bauwerk den Erwartungen der Allgemeinheit gerecht wird und bezahlbar bleibt, darüber werden wir in den Medien in absehbarer Zeit sicherlich noch einiges zu lesen bekommen. Ist die “Ausstellung” von Exponaten in der heutigen digitalen Epoche in Form einer weiteren “Sammlung” zeitgemäß? Und ist so etwas überhaupt sinnvoll? Der CSU-Politiker Ramsauer meint, es solle ein “wahrhaftiges Haus des Volkes werden”, der Stern ermittelte in einer repräsentativen Umfrage, Zweidrittel (!) der Deutschen seien gegen den Wiederaufbau. Tenor der Bürger: Man könne das Geld sinnvoller verwenden.
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Doch wie auch bei allen vorangegangenen und konzeptionell wie finanziell aus dem Ruder und an der Bevölkerung vorbei gelaufenen Planungen von Bauwerken wird sich am Ende auch hier die Frage der Verantwortung stellen. Das kollektive Zurückweisen von Verantwortung -schon im Vorfeld- scheinen mittlerweile viele dieser Zeitgenossen mit der Muttermilch aufgesogen zu haben, und auch dieses mal wird es nicht den leisesten Anflug von Selbstzweifeln am eigenen Tun bei den Beteiligten hinterlassen. Aber sei`s drum, der Steuerzahler wird’s schon richten. “The Show must go on”, koste es was es wolle.

von Hans-Jürgen Philipps

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Über den Sinn und Unsinn von Kulturförderung – am Beispiel der Elbphilharmonie

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Quellen – weiterführende Links

Foto/Grafik: Berliner Stadtschloss – mit Kaiser-Wilhelm-Denkmal  (um 1900) – ©  public domain
Video: Youtube.com, uploader: tvberlinOnline


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