Das Thema der Ferienwohnungen erregt in Berlin auch Monate nach Beschluss des Zweckentfremdungsverbots die Gemüter. Angesichts der steigenden Mietpreise und der stark eingeschränkten Wohnungsangebote sehen viele in den Ferienwohnungen eine Konkurrenz zur Wohnungsversorgung. Zurecht, denn eine Wohnung, die als Ferienappartment vergeben wird, fehlt im Mietwohnungsangebot. Für Ärger sorgte bei der Einführung der neuen Verordnung nicht nur die mangelnde Personalausstattung, sondern auch das anachronistisch wirkende Verbot für die Bezirke, auch im Internet nach Ferienwohnungen zu recherchieren. Das eilig aufgelegte Gesetz geriet mit dem Datenschutz in Konflikt. Auf den Seiten des rbb wurde sich damals über die Offline-Suche von Onlineangeboten lustig gemacht.
Es ist wie Navigieren ohne Kompass, wie Radfahren ohne Pedale: Recherche ohne Internet. Eigentlich will Berlin illegalen Ferienwohnungen auf die Schliche kommen, doch die Bezirksämter dürfen dort, wo diese Wohnungen angeboten werden – im Internet – nicht suchen. Das Zweckentfremdungsverbot schließt Internetrecherche aus.
Zumindest dieses Problem wurde inzwischen gelöst und die Bezirke dürfen inzwischen auch im Internet nach Verstößen gegen das Zweckentfremdungsverbot recherchieren.
Was bleibt, ist der Ärger über die vielen Fereinwohnungen in der Stadt. Denn, unabhängig von der Internetnutzung, dürfen Vermieter von Ferienwohnungen ihr Geschäft noch 2 weitere Jahre weiter betreiben, wenn sie ihre Ferienwohnung bei den Bezirken melden. Den Ausführungsvorschriften entsprechend, hatten Vermieter von Ferienwohnungen bis Anfang August 2014 Gelegenheit, mit einer Selbstanzeige der Zweckentfremdung eine Schonfrist von zwei Jahren zu zu erhalten. Nach schleppenden Beginn haben viele Ferienwohnungsvermieter von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Insgesamt wurden inzwischen etwa 6.000 Ferienwohungsnutzungen gemeldet. Allein im Bezirk Mitte wurden fast 1.600 Zweckentfremdungen fristgerecht beim Bezirksamt eingereicht. Das klingt nach einer hohen Zahl, doch die immer wieder in die Diskussion gebrachten Dunkelziffern gehen von etwa doppelt so vielen Ferienwohnungen in der Stadt aus. Das Zweckentfremdungsverbot sollte die wohnungspolitische Handlungsfähigkeit belegen, bisher zeigt es noch nicht die gewünschte Wirkung.
Touristification in Kreuzberg
Deutlich wird das Problem der Ferienwohnungen vor allem in den, auch bei Tourist/innen besonders beliebten, Innenstadtquartieren. Die Kommunikationsdesignerin Alice Bodnar hat auf ihrer Webseite Karten veröffentlicht, die für verschiedenen Nachbarschaften in Kreuzberg die Ferienwohnungs- und Mietwohnungsangeboten gegenüberstellen. Das Verhältnis ist erschreckend:
Angebote im Wrangelkiez (Ende 2014): 102 Ferienwohnungen und 1 Mietwohnung. (Karte: @A. Bodnar, http://alicebodnar.de)
Auch für der Bergmannkiez zeigt die Recherche von Alice Bodnar ein ähnliches Ergebnis: Hier werden 107 Ferienwohnungen bei airbnb angeboten, während zum selben Zeitpunkt bei Immobilienscout 24 keine einzige Mietwohnung angeboten wurde.
Mit der Crowd Map gegen Zweckentfremdung
Auch in anderen Teilen der Stadt haben die Bewohner/innen angefangen, die Ferienwohnungsangebote zu dokumentieren. So wurden in den letzten Wochen auf der Crowd Map Moabit über 50 Ferienwohnungsangebote in der Nachbarschaft eingetragen.
In Moabit nutzen Anwohner/innen ein open-source-Karte zur Dokumentation des Wandels in ihrer Nachbarschaft
Ob diese Sammlungen von Ferienwohnungen in der Arbeit der Bezirke genutzt werden, um das Zweckentfremdungsverbot durchzusetzen, ist nicht bekannt.
Sicher ist jedoch, dass trotz des Gesetzes nach wie vor tausende Wohnungen nicht für die Wohnungsversorgung bereit gestellt werden, weil sich mit Ferienwohnungen mehr Geld verdienen lässt. Angesichts der hohen Nachfrage durch die vielen Berlin-Besucher/innen scheint das Geschäft bisher auch aufzugehen. Eine in der Regel über Online-Portale angebotene Ferienwohnung ist meist günstiger als ein Zimmer im Hotel, bietet aber bei durchschnittlicher Auslastung für die Anbieter/innen deutlich höhere Einnahmen als eine vermietete Wohnung. Ein von der Zeitschrift Capital durchgeführte Recherche (“Gewinnen statt teilen”) zu den Angeboten des Webportals Airbnb weist für Berlin insgesamt fast 6.000 Fereinwohnungen aus. Würden alle gleichzeitig vermietet, entspräche dies einem Tagesumsatz von knapp 500.000 Euro. Eine durchschnittliche Auslastung von 15 Tagen im Monat und eine durchschnittliche Berliner Wohnungsgröße unterstellt, sind das Einnahmen von etwa 20 Euro/qm. Genügend Anreiz also, das Zweckentfremdungsverbot zu umgehen.