Nicht mehr, nur Meer
Von Günter Verdin2002 wurde Rosamunde Pilcher der Titel eines „Officer of the Order of the British Empire“ verliehen. Kritisch wird es aber erst dann, wenn die 87jährige für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen werden sollte. Ohne Zweifel kann die Pilcher Geschichten erzählen , ohne Selbstzweifel. Mittlerweile hat sie auch genug Routine, die Dramaturgie ihrer engmaschig gestrickten Liebesstories mit ein paar Haken und Ösen zu fixieren, so dass ihre Erzählungen auf immer noch sehr triviale Weise spannend sind. Kaum hat die Autorin, die ihre ersten Werke als Hausfrau und Mutter von vier Kindern am Küchentisch verfasst hat , im Juni dieses Jahres bekannt gegeben , dass sie mit dem Schreiben aufhören wolle, setzt bereits die Resteverwertung ein. Das ZDF verheizt gleich zwei Drehbuchautoren, um aus der Kurzgeschichte "Flowers in Winter" die abendfüllende Erzählung „In der Mitte des Lebens“ über Ella, eine 53jährige Hausfrau und Mutter, zu destillieren, die sich kurz mal eine Auszeit nimmt. Am Boden bleibt ein einziger gescheiter Satz eines antiken Philosophen über die Hoffnung, dessen Bedeutung aber durch so Banales wie: „Manchmal wünschte ich, ich wäre ein Hund“ gleich wieder überdeckt wird. Rosamunde Pilcher verbreitet Weisheiten, wie sie sonst nur die Kartenleserinnen im TV zu nächtlicher Stunde einsamen Anruferinnen andienen:
Du musst dich mehr um dich selbst kümmern
Männer machen immer nur Ärger
Höhenangst bekämpft man am besten durch Fliegen Für die Liebe ist es nie zu spät
Du musst dich entscheiden Nachdem die Geschichte ein paar märchenhafte Pirouetten gedreht hat, entscheidet sich Ella , befreit tänzelnd, gegen den wohlsituierten Ehemann, dessen Herzleiden ihn nicht daran hindert , fremd zu schlafen, und für den etwa gleich alten, aber sensibleren Liebhaber mit Villenbesitz an der Küste von Cornwall. Wir haben nicht zu viel verraten: mehr ist da nicht, nur Meer.