Beben und beben lassen

Ich dachte ja, ich gucke nicht richtig, als die Bilder des gestrigen Bebens in Japan hereinkamen. Es zeigt mal wieder, dass die Natur hemmungslos ungerecht sein kann. Dass die Folgen vor allem psychologisch verheerend waren, es aber zu keinen neuen großen Katastrophen kam, tut dem keinen Abbruch. Vielleicht hat die weitläufig vernichtete Infrastruktur aber auch ein Gutes: Die Japaner müssen nicht erleben, wie sie z.B. in den deutschen Schlagzeilen trotz dieser neuerlichen Erschütterung über das Mittelfeld nicht mehr hinauskommen. Nach Wochen gab es ja hier und da sogar mal gute Nachrichten aus Fukushima zu lesen, oder formulieren wir es so: Andeutungen, das gute Nachrichten mittelfristig möglich wären.

Man könnte meinen, dass Deutschland nun stattdessen über die Konsequenzen aus den eigenen Beben diskutiert. Die Zeitungen und Onlinemedien müssten zum Bersten gefüllt sein von Nachrichten über alle im Bundestag vertretenen Parteien, die darüber nachdenken, wie genau sie die Energiewende in der Praxis umsetzen und wie genau Umwelttechnologien zu unserem nächsten grossen Exportschlager werden können. Seltsamerweise lese ich nichts dergleichen.

Angela Merkel hat sich daran erinnert, wie ihr eigentliches Erfolgskonzept mal ausgesehen hat. Mit Krücken hat sie das zwar noch nicht getan, aber die Masche der präsidialen Bundesgastgeberin und Bundesausstellungseröffnerin hat sich ja durchaus schon mal bewährt. Die Krücken sind sogar ein Bonus: So kann Springer ganze Bilderserien darüber veröffentlichen, wie "flink" sie damit durch die Gegend humpelt. Und diese unglaubliche Frau schafft es, so ganz nebenbei auch noch den ganzen nahen Osten zu entspannen: Die müssen dort jetzt nicht wie beim letzten Mal "eine gemeinsame Lösung" finden, sondern eine "2-Staaten-Lösung". Wenn ich nicht gerade beide Hände zum Tippen bräuchte, ich würde mich in Rage applaudieren.

So bleibt natürlich nicht mehr viel zu tun für den Aussenminister, aber immerhin produziert auch die FDP Schlagzeilen. Da gibt es zwei Sorten: Die neuesten Einschläge aus dem Reich der Demoskopie, die Endzeitstimmung verkünden, und dann vom Spiegel bis zur Bild Predigten sogenannter Journalisten, die uns wissen lassen, warum die Partei noch gebraucht wird, wenn sie denn so wird, wie sie mal war. Nur wie sie denn war, als sie noch so war, dass man sie brauchte, da laufen die Meinungen soweit auseinander, dass nicht mal die FDP wirklich was von diesem Gequassel hat.  Bräuchte ich nicht beide Hände zum Tippen, ... ok, das hatten wir schon.

Die Grünen haben das spiegelverkehrte Problem: Weil sie, zumindest in einer originellen Forsa-Umfrage, auf 28 Prozent kamen, müssen sie auch die ganze Zeit Fragen beantworten, die mit den tatsächlichen Problemen der Republik denkbar wenig zu tun haben. Das macht sicherlich mehr Spaß als bei der FDP. Fernab dessen ist es aber auch erstaunlich, wie wenig sie tatsächlich zur Debatte beigetragen haben: Die Verschiebung der Verschiebung des Ausstiegs haben sie letztlich nur eine weitere Verschiebung angehängt, jetzt auf 2017. Das kann funktionieren, aber nur mit einer neuen "Brücken"-technologie, und das ist die heißgeliebte Kohle, Braunkohle eingeschlossen. Nicht für immer. Aber den Grünen wird es schnell wie eine Ewigkeit vorkommen.

Weil die Grünen so stark sind, redet sogar der eine oder andere noch über die SPD. Oder vielmehr über die neue Rolle der SPD, wie sie ja jetzt in Baden-Württemberg Realität wird. Das Paddeln im eigenen Saft war gestern Thema und Inhalt auch bei "Maybritt Illner", auch wenn es dort vor allem um die FDP ging. Dort ließ sich zum ersten Mal eine Strategie der SPD erahnen, wie sie mit den Umfragedaten und Wahlergebnissen umgeht: Indem sie Pragmatismus betont und ihre Rolle als Partei des Industriezeitalters herausstellt, vor allem eben auch bei der Energiewende. Ferner will sie dafür sorgen, das Strom bezahlbar bleibt für die "kleinen Leute" (jheute wäre ich fast wieder im Bus auf einen von denen draufgetreten, es ist ein Elend). Wie das alles passieren wird, bleibt ein Geheimnis, aber diese Art von Diskretion einte ja die Talkrunde.

In der natürlich von der Linkspartei niemand eingeladen war. Passenderweise wählte man stattdessen meine neue Traumfrau Marie-Christine Ostermann, Vorsitzende des BJU (Bund junger Unternehmer), eine begabte Laiendarstellerin, der es gelang, ein Best-Off der letzten 50 Westerwelle-Reden auswendig(!) vorzutragen und dabei nicht in Tränen auszubrechen, obwohl sie stets kurz davor schien. Ihre perfekte Vorstellung rundete sie dann mit einer Repetition - ohne abzulesen - der schmeichelnden "Post von Wagner" zu Winfried Kretschmann ab, was den bis dahin lächelnd nickenden Rainer Brüderle seinerseits an den Rand der Tränen brachte.

Mich brachte das natürlich um die entscheidenden Fragen, die man einem Mitglied der Linkspartei über die Rückkehr Oskar Lafontaines hätten stellen können, auch ein Thema, das meinen Alltag und meine Zukunftssorgen nicht mal im entferntesten berührt, und so soll es sein. Wie immer es auch mit CDU, FDP, Grünen, SPD und Linkspartei weitergeht: Das kurzfristige Hoch in den Wahlbeteiligungen dürften sie mit vereinter Kraft zu alter Schwäche zurückführen. Da muss man auch dem deutschen Journalismus gratulieren.

Geniessen Sie das Aprilwetter.

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