Barbara Rütting: Vegan und vollwertig

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Titel by Nymphenburger Verlagsanstalt

Erinnert Ihr Euch? Es muss so in den 1980ern gewesen sein, da begann die Vollwerternährung zu boomen. Ziel ist es, sich im Rahmen einer größtenteils vegetarischen Ernährungsweise mit größtenteils unverarbeiteten Lebenmitteln möglichst ausgewogen und nährstoffeich zu ernähren. Vollkorngetreide, Obst und Gemüse stehen ganz oben auf der Lebensmittelliste.

Barbara Rütting ist für mich eine der Pionierinnen der vollwertigen Ernährung. Bei ihren früheren Kochbüchern drehte sich alles um die vegetarische Vollwerternährung. Auf diese Bücher greife ich immer wieder gerne zurück; deswegen habe ich mich auch gefreut, vom Nymphenburger Verlag ein Exemplar ihres neuen Buches überlassen zu bekommen. Nun ist Barbara Rütting seit einigen Jahren Veganerin und hat dies in ihr neues Buch einfließen lassen. Sie strahlt vom Buchtitel (ich hoffe, ich sehe in dem Alter noch so aus ;-) ) und ist undogmatisch und mit großem Genuss bei der Sache. Zusammengestellt hat sie uns Menüs, geordnet nach den Jahreszeiten – je sechs Menüs für jede Saison. Das Buch ist schön gestaltet mit einem frischen, übersichtlichen Layout und zahlreichen Fotos, die mal die Grundprodukte, mal die einzelnen Arbeitsschritte und mal die fertiggestellten Mahlzeiten ins rechte Licht rücken. Als Zugabe gibt es außer Küchentipps und Ernährungsratschlägen auch Geschichten aus 85 Jahren Lebenserfahrung – kurz und gut: es macht Spaß, in diesem Buch zu stöbern.

Nun wirft die Kombination von “vegan” und “vollwertig” im klassischen Sinn insofern einige Fragen auf, als viele alltägliche Zutaten wegfallen. Barbara Rütting verwendet keine Sojaprodukte oder sonstige “Ersatzprodukte”, da sie diese als verarbeitete und somit nicht vollwertige Produkte einstuft. Milch und Sahne werden durch Cashewmilch und Cashewsahne (mit Wasser aufgemixte Cashewnüsse) ersetzt, Eier durch kohlesäurehaltiges Mineralwasser, Stärke, Sojamehl, Apfelmus oder Leinsamen und Käse durch einen Mix aus Sonnenblumenkernen und Hefeflocken. Gesüßt wird lediglich mit Trockenfrüchten und Bananen. Ich habe es als sehr angenehm empfunden, dass ich nichts großmächtig Neues einkaufen musste, sondern einfach mit den bereits vorhandenen Grundprodukten draufloskochen konnte. Lediglich meinen Vorrat an Cashewnüssen musste ich etwas aufstocken.

Die Rezepte sind in der Regel einfach und alltagstauglich gehalten. Man setzt sich auch nicht in die Nesseln, wenn man sich an die Rezepte hält ;-) . Alles, was ich probiert habe, hat geschmeckt. Allerdings fehlt mir oft ein wenig der Pfiff – ich würde normalerweise etwas tiefer in die Gewürzkiste greifen. Ein wenig Schwierigkeiten hatte ich gegen Ende meiner Kochorgien mit der Cashewmilch und Cashewsahne, die alle Milchprodukte ersetzen. Der Ersatz hat tadellos funktioniert; die Sahne läßt sich sogar aufschäumen. Doch ist es bei der Verwendung von Milchprodukten so, dass jedes Produkt anders schmeckt – zwischen (Soja)Sahne und (Soja)Joghurt liegen Welten, der Cashew-Ersatz schmeckt immer gleich, was sich auch auf die damit gekochten Gerichte auswirkt. Etwas gestört hat mich zudem die häufige Verwendung von Streuwürze, eine Mischung aus Gemüsen und Kräutern mit (Stein)salz, die ebenfalls eine gewisse Uniformität beim Geschmack bewirkt.

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Als erstes habe ich die Waffeln gemacht – eine beliebte Sonntagsleckerei für den Nachwuchs. Der Teig besteht aus Vollkornmehl und Cashewmilch. Ich war gespannt, aber es gab keinerlei Gemecker ob dieser gesunden Variante. Sie waren ruckzuck verputzt.

Das Aprikosenmus, ein Pürée aus getrockneten Aprikosen ist ein schneller, feiner Nachtisch und durch die Zugabe von Mandelmus schön sahnig.

Bei den Artischocken à la romana fanden wir die Semmelbrösel-Füllung ein wenig trocken; hier würde ich beim nächsten Mal noch etwas Saftiges, wie z.B. eine Tomate einarbeiten.

Auch der Hirseauflauf mit Spinat (ich hatte, wie üblich statt dessen Mangold…) war ein wenig trocken. Es hätte wohl nicht geschadet, vor dem Backen etwas Cashewsahne unterzuheben. Überbacken wurde das ganze mit der Sonnenblumenkern-Hefeflockenmischung als Käseersatz; die wurde schneller dunkelbraun, als ich schauen konnte und schmeckte recht hefig.

Der Gemüsestrudel war in Ordnung. Ich hatte etwas Schwierigkeiten, den Strudelteig aus Vollkornmehl und Cashewsahne wirklich dünn auszurollen, so dass der Boden etwas fest war. Nicht überzeugt hat uns die Grüne Sauce, die dazu serviert wurde. Hier werden Schmand und Crème fraîche durch Cashewsahne ersetzt; was einen völlig anderen Grundgeschmack ergibt. Trotz großzügigen Einsatzes von Zitronensaft wollte sich die angenehm säuerliche Note und das richtige Grüne-Saucen-Gefühl nicht so recht einstellen.

Wunderbar fand ich die würzige, sahnige Curryrahmsuppe.

Auch die Kartoffel-Gemüse-Krapfen hat keiner vom Teller geschubst. So ganz ohne Bindemittel haben sie auch trotzdem wunderbar zusammengehalten.

Natürlich hat mich auch die Mousse au Chocolat interessiert – herausgekommen ist ein wunderbarer Schokonachtisch; das Wort “Mousse” ist aber ein wenig hochgegriffen; dafür fehlte mir die schaumige Konsistenz.

Mein Fazit? Ein gelungenes Buch mit vielen Anregungen und alltagstauglichen Rezepten. Vollwertig-vegane Hausmannskost, könnte man sagen.

Wer sich für das Buch interessiert, kann es direkt hier beim Verlag bestellen.


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