banden des todes.

wie meint italiens premier matteo renzi seinen lösungsvorschlag zur ständig laufenden – jetzt sich unglaublich zuspitzenden – flüchtlingstragödie im mittelmeer? er schlägt eine “gezielte intervention” gegen “schlepperbanden” vor, die er als “banden des todes” stigmatisiert. will er sie beschiessen, will er sie bombardieren? und überhaupt, was soll eine aktion gegen schlepper_innen bringen? glaubt renzi allen ernstes, dass die flüchtenden menschen nur deswegen nicht mehr den weg nach europa antreten, weil die schlepperei noch illegaler, noch gefährlicher, noch bedrohter wird? es jagd höchstens die preise in die höhe, welche die verzweifelten zahlen müssen.

banden des todes.  ______________ foto: rasande tyskar creative commons licence by nc

die UNHCR-sprecherin carlotta sami bringt die tragödie auf den punkt:

It’s a massacre, is something scary. Only a few days ago we were shocked by the sinking of 400 people. Today we speak of 700 dead, a survivor said that on board there were more than 700 people. We know how big are the relief efforts. There is need for immediate action, because in just three months and a half by more than 1500 people died. It is something unimaginable, if compared to last year, when Mare Nostrum mission was operational. In April last year we had 50 deaths. Every death is a tragedy, but now 1500 people died in this way at the door of Europe. It must be very clear that having so many deaths will never be a deterrent for those fleeing war, because most people on those barges are fleeing war, fleeing from terror, fleeing from bombs. And this is the only alternative they have to reach Europe. The traffickers are not the immediate cause, they are the consequence of the fact that today there is no legal way to get to Europe.

leider ist nicht zu erwarten, dass sich wirklich schnell etwas ändert. wir haben 2013 nach einer grösseren anzahl von toten die appelle der bürgermeisterin von lampedusa gehört und glaubten bzw. hofften, dass nun endlich eine umkehr der politik eintreten müsste. das gegenteil war der fall: mare nostrum wurde eingestellt, das geld in zynische und todbringende aktionen der frontex-truppen gesteckt. europa hat zigtausende tote im wassergraben der festung europa und an vielen grenznahen stellen zu verantworten. aber das geht so zwischen abendbrot und bier irgendwann ganz easy. der tod von flüchtlingen stört uns nicht wirklich. wir machen weiter wie gewohnt. und freuen uns schon auf den urlaub am mittelmeer. leichen im wasser kümmern uns nicht. schliesslich ist urlaub. wohlverdient. und wir sind friedennobelpreisträger_innen. wir europäer_innen.

leider ist keine öffnung europas zu erwarten. der ständig steigende druck der flüchtenden menschen wird – mangels humanitärer politik und bewusster verantwortung – die xenophoben elemente in den ländern der eu weiter stärken. und diese werden bald lösungen des problems finden. endlösungen. déjà-vu?

die banden des todes sind also nicht die schlepper_innen und flüchtlingshelfer_innen. die banden des todes sitzen in den politisch verantwortlichen reihen unserer eu. und sie werden weiter scheinlösungen produzieren. die uns beruhigen sollen. wir sind die braven, dort sind die bösen. scheinlösungen – wie sammellager in nordafrika, boote zerstören etc. –  werden jedoch das problem nur verschärfen.

mein dringender appell an alle politiker_innen in europa und den einzelnen ländern: verneigt euch nicht vor särgen oder leichensäcken, werft keine kränze in die wellen, geht nicht zu gedenkfeiern, haltet keine reden, gebt keine interviews. geht in eure büros und sorgt für offene grenzen. dann kommt zurück und weint ehrlich über jene, die wegen eures langen zögerns nicht mehr leben. aber vor einer öffnung der grenzen brauchen wir eure scheintrauerreden nicht!

frontex und jene, die sie schicken, das sind die wirklichen
banden des todes.

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dieser artikel ist am 21.4.2015 auf fischundfleisch.at erschienen und auch dort aufrufbar.
foto: rasande tyskar creative commons licence by nc

Schlagwörter: boat people, bootsflüchtlinge, carlotta sami, europa, festung europa, flüchtlinge, flüchtlingsdrama, flüchtlingskonvention, fluchthelfer, fluchthilfe, frontex, lampedusa, matteo renzi, schlepper, schlepperInnen, UNHCR

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