Baldwin is back. „Go Tell It on the Mountain“ endlich wieder auf Deutsch

Baldwin is back. „Go Tell It on the Mountain“ endlich wieder auf DeutschEs schmerzt immer ein wenig, wenn man als Buchhändlerin auf die Frage nach einem Autor oder einer Autorin sagen muss, dass momentan nichts lieferbar sei. Kein einziges Buch. Die Reaktionen schwanken zwischen Entrüstung und Trauer.
Die Frage nach Büchern von James Baldwin wurde seit dem Film I am not your negro von Raoul Peck (März 2017) zu einer Standardfrage. Meine Erleichterung war deshalb riesig, als der dtv Verlag ankündigte, dass am 9. März 2018 Baldwins Debüt Go Tell It on the Mountain in einer Neuübersetzung erscheinen würde.
Genau am Karfreitag beschloss ich, dass es Zeit sei für Von dieser Welt. Oft genug hatte ich den legendären ersten Satz des Romans gehört: Alle hatten immer gesagt, John werde mal Prediger, genau wie sein Vater.
Ein Roman, der mit einem solchen Satz beginnt, verspricht große Emotionen. Und genau das wollte ich – einen Roman mit großer Wucht und gern mit einem religiösen Thema. Ich spürte, dieses Buch würde mich begeistern. 

Und das hat es dann auch! Manchmal fiel es mir schwer, die langen Predigten oder Erweckungen zu lesen. Doch waren sie lediglich eingebettet in eine hochdramatische und schmerzvolle Familiengeschichte im Harlem der Dreißiger Jahre. Eine schwarze Familie hatte hier ganz sicher eine besondere Last zu tragen – geprägt durch das vergangene schwere Leben in den Südstaaten und den gegenwärtigen Rassismus. Doch wurde diese Last durch die Scheinheiligkeit, den Hass und die Lügen eines einzigen Mannes noch schwerer. Dieser Mann ist Reverend Gabriel Grimes. In seiner Jugend ein Säufer, findet er irgendwann zum Glauben Gottes. Seine Familie leidet unter ihm. Nicht nur seine Schwester Florence und seine Kinder, auch all die anderen unglaublich starken Frauen in Gabriels Leben: Esther, Deborah, Elizabeth. Er, der nie frei von Sünde war, bestraft sie alle bei kleinsten Vergehen, oft mit Prügel.

Sein Stiefsohn John hasst seinen Vater. Eine verhängnisvolle Vater-Sohn-Beziehung. Das Drama beginnt an jenem dunklen Tag, da John sündigt. Niemals würde er darüber reden können … mit den Händen hatte er gesündigt, eine Sünde, die kaum zu vergeben war. Auf der Schultoilette, allein, in Gedanken an die Jungs, die älter waren, größer und mutiger (Seite 34). Doch seine dunklen Gedanken hatten John auch zu einer Entscheidung verholfen – nicht zu werden wie sein Vater oder seines Vaters Vater. Er wollte ein anderes Leben (Seite 35).

Richtig bewusst wird es John an einem Sonntag im März 1935 – weder wollte er eine Frau noch Kinder und schon gar nicht ein gottesfürchtiges Leben im Schoß der evangelischen Kirche. Jeden Sonntag aber ging seine Familie gemeinsam in die Kirche TEMPLE OF FIRE BAPTIZED – nach den Worten seines Vaters die beste und heiligste in ganz Harlem. Stundenlange Predigten und Erweckungszeremonien machen es fast unmöglich, NICHT zu glauben. Doch John spürt, dass es noch etwas anderes geben muss.

Geprägt von eigenen Erfahrungen, erzählt Baldwin von diesen inneren Kämpfen Johns. Es fällt nicht schwer, sich James Baldwin in der Figur des Vierzehnjährigen vorzustellen. Und in Gabriel seinen Vater – der eigentlich auch nur ein einfacher Mann ist, welcher versucht, es im Leben gut und richtig zu machen. Der aber immer wieder scheitert an seinem eigenen Zorn und mit seinen Versuchen, andere Menschen zum Gottesglauben zu bringen.

Aber sollte nicht jeder Mensch die Freiheit haben, sich für ein religiöses Leben zu entscheiden oder eben nicht? Gottesfürchtig zu leben oder nicht? Die Figur der Esther spricht mir deshalb aus tiefstem Herzen, wenn sie zu Gabriel sagt: ‚Reverend, das sind sie doch bald leid, andauernd auf die kleine Esther einzudreschen, damit aus Esther was wird, was Esther nicht ist. Ich spür’s einfach nicht, hier.‘ Sie legte eine Hand auf ihre Brust (Seite 182).

Bittere Schicksale sind es, von denen Baldwin in seiner ganz eigenen und sehr melodischen Sprache erzählt. Und davon, wie schwer es ist, in einer Familie glücklich zu sein. Bei allem Drama, allem Schmerz spricht er aber auch von Liebe und Schönheit. Warum ich weitere Bücher von James Baldwin nun kaum erwarten kann. In einem Begleitheft zum Buch kündigt dtv an, dass weitere Veröffentlichungen geplant seien, so auch seine Romane If Beale Street Could Talk (Herbst 2018) und Giovanni’s Room (etwa 2020).

Eine sehr gelungene Besprechung findet ihr bei letusreadsomebooks

James Baldwin. Von dieser Welt. Aus dem amerikanischen Englisch von Miriam Mandelkow. Mit einem Vorwort von Verena Lueken. dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. München 2018. 320 Seiten. 22,- €


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