Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16) hat nun – zum Dauerthema der Anrechnung von zusätzlichen Lohnleistungen des Arbeitgebers auf den gesetzlichen Mindestlohn eine weitere Entscheidung getroffen. Das BAG hat hier entschieden, dass monatlich -vorbehaltlos und unwiderruflich- gezahltes Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden darf. Der Arbeitgeber hatte zuvor jährlich das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld gezahlt. Ab dem 1.1.2015 zahlte er dann diese Beträge monatlich aus, um so eine Anrechnung auf den Mindestlohn zu erreichen, der ja am 1.1.2015 in Kraft getreten ist. Der Arbeitnehmer meinte, dass zusätzlich zum gesetzlichen Mindestlohn die Zahlungen des Weihnachtsgeldes und des Urlaubsgeldes hätten erfolgen müssen. Das Arbeitsgericht Berlin sah keinen Anspruch des Arbeitnehmers und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab dem Arbeitnehmer nur in Hinsicht der Nachtzuschläge Recht.
Das Bundesarbeitsgericht führte dazu – in seiner Pressemitteilung Nr. 24/16 – aus:
Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Er erfüllt den Anspruch durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Die Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 ArbG) beruhen.
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Die Klägerin hat aufgrund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf erhöhtes Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen sowie erhöhte Lohnzuschläge. Der gesetzliche Mindestlohn tritt als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, verändert diese aber nicht. Der nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bemessene Mindestlohnanspruch der Klägerin für den Zeitraum Januar bis November 2015 ist erfüllt, denn auch den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen kommt Erfüllungswirkung zu.
Anmerkung:
Diese Entscheidung ist von erheblicher praktischer Bedeutung, denn viele Arbeitgeber hatten vor der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes diverse Sonderzahlungen auf den Lohn geleistet, wobei der Grundlohn oft hinter den nung gesetzlichen Mindestlohn zurückgeblieben ist. Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes hatten die Arbeitgeber nun das Problem, dass die Sonderzahlungen nicht einfach eingestellt werden konnten, denn diese wurden ja arbeitsvertraglich vereinbart. Würde man die Sonderzahlungen neben den Mindestlohn abrechnen, müssten gerade solche Arbeitgeber eine noch stärkere Erhöhung des Lohnes vornehmen. Um dies zu vermeiden, wurden dann Sonderzahlungen, die vorher jährlich gezahlt wurden, nun monatlich gezahlt. Dies kann zur einer Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn führen. Sind aber weitere Voraussetzungen an die Zahlung dieser Sonderzahlungen geknüpft, wie z.B. eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit oder bestimmte Leistungen des Arbeitnehmers oder dessen ununterbrochene Anwesenheit im Betrieb ohne Krankentage, dann dürfte eine Anrechnung auf den Mindestlohn nicht erfolgen können, denn wenn der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Sonderzahlung nicht erfüllt, dann würde er diese ja nicht bekommen und hätte dann weniger als den Mindestlohn, was nicht zulässig ist.
Rechtsanwalt Andreas Martin