BAG: Jahressonderzahlungen sind uneingeschränkt pfändbar

Der Kläger (Arbeitnehmer) ist bei der Beklagten (Arbeitgeberin)  seit dem Jahr 2000 im öffentlichen Dienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVÖD Anwendung. Dort ist in § 20 des TÖVD eine sog. Jahressonderzahlung vereinbart:

§ 20 – Jahressonderzahlung

Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung

Die Arbeitgeberin wurde vom Gläubiger des Arbeitnehmers aufgrund einer Pfändung des Arbeitseinkommens als Drittschuldner zur Zahlung der offenen Forderung aufgefordert.

Neben der Vergütung für den Monat November 2013 erhielt der Kläger die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD  in Höhe von 3.386,66 Euro brutto. Vom Gesamtnettobetrag – also Lohn + Jahressonderzahlung – in Höhe von 4.154,61 Euro hat die Arbeitgeberin aufgrund der Pfändung 1.212,16 Euro netto an einen Pfändungsgläubiger gezahlt und den Rest an den Kläger ausgezahlt. Die Arbeitnehmer sah die Jahressonderzahlung dabei nicht als teilweise unpfändbar iSv. § 850a Nr. 4 ZPO an und hielt diese für uneingeschränkt pfändbar. Andernfalls – also bei teilweiser Unpfändbarkei der Jahressonderzahlung – hätte sich ein um 349,43 Euro netto höherer Auszahlungsbetrag zugunsten des Klägers ergeben.

Diese € 349,43 netto machte nun der Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeberin mit seiner Klage geltend.

Der Arbeitnehmer verlor mit seiner Klage sowohlvor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht und letztendlich auch mit seiner Revision vor dem Bundesarbeitsgericht.

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 18.5.2016, 10 AZR 233/15) sah hier keinen Anspruch des Arbeitnehmers und führte dazu aus:

I. Unpfändbar nach § 850a Nr. 4 ZPO sind „Weihnachtsvergütungen“ bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500,00 Euro. „Weihnachtsvergütung“ in diesem Sinne ist nicht nur die klassische „Weihnachtsgratifikation“, die der Arbeitgeber als Beitrag zu den erhöhten Aufwendungen des Arbeitnehmers leistet, sondern kann auch eine Sondervergütung für erbrachte Arbeit sein, sofern sie aus Anlass des Weihnachtsfestes gezahlt wird(vgl. grundlegend dazu BAG 14. März 2012 – 10 AZR 778/10 – Rn. 9 ff.). Dies ergibt die Auslegung der Norm.

….

2. Die Systematik der Vollstreckungsschutzvorschriften der §§ 850a ff. ZPO verdeutlicht, dass – unabhängig vom Charakter der Zahlung als Gratifikation oder Vergütung – nur eine zweckgerichtet im Zusammenhang mit Weihnachten geleistete Zuwendung dem Pfändungsschutz nach § 850a Nr. 4 ZPO unterfällt. Arbeitseinkommen ist im Rahmen der Pfändungsgrenzen der §§ 850c ff. ZPO grundsätzlich in vollem Umfang der Pfändung unterworfen. Hiervon ausgenommen sind nach näheren Maßgaben gemäß § 850a Nr. 1 bis Nr. 8 ZPO bestimmte zweckgebundene Gratifikationen, Beihilfen, Entschädigungen und sonstige Zahlungen. Eine „Weihnachtsvergütung“ iSv. § 850a Nr. 4 ZPO ist hiernach nicht nur eine Sonderzahlung, sondern eine besondere Leistung, die aus Anlass des Weihnachtsfestes erbracht wird. Nur eine solche anlassbezogene Sonderzahlung ist (teilweise) der Pfändung entzogen. Für ein weiter gehendes Verständnis der Norm ist nach dieser Systematik des Pfändungsschutzes kein Raum(vgl. Zöller/Stöber ZPO 31. Aufl. § 850a Rn. 1).

…..

II. Die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD/VKA wird nicht als „Weihnachtsvergütung“ iSv. § 850a Nr. 4 ZPO geleistet.

1. Der Wortlaut der Tarifnorm, von dem vorrangig auszugehen ist(st. Rspr., zB BAG 17. Juni 2015 – 10 AZR 518/14 – Rn. 14), enthält keinen Hinweis darauf, dass die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD/VKA aus Anlass von Weihnachten gezahlt wird. Vielmehr deutet die Bezeichnung eher darauf hin, dass es sich um eine Leistung handelt, die für das gesamte Kalenderjahr erbracht wird. Dafür, dass sie zweckbestimmt zu Weihnachten geleistet werden soll, gibt der Wortlaut jedenfalls keinen Anhaltspunkt.

Anmerkung:

Das Urteil des BAG bedeutet nicht, dass jede Jahressonderzahlung ungeschützt ist. Es ist auch denkbar, dass eine Jahressonderzahlung, wie Weihnachtsgeld nur teilweise pfändbar ist, wenn es sich um eine Zahlung handelt, die aus Anlass von Weihnachten gezahlt wird.

Rechtsanwalt Andreas Martin



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