oder “Der letzte Bleistift ist nicht aufgegessen”.
Häh? Jetzt dreht sie völlig ab – stimmt, das kann man denken! Aber nein, wir müssen uns von der philosopohischen Seite annähern.
Vorgestern Abend trafen mein Mann und ich auf einen sehr lieben Bekannten, mit dem ein Schwatz immer bereichernd ist. Ekki ist Maler, ein Künstler durch und durch, so mit Rotwein trinken und immer Skizzenbuch dabei – das ist durchaus sehr wertschätzend gemeint und bedient im positivsten Sinne das Stereotyp
Nun, wir saßen zusammen und wie so oft waren die Auswüchse moderner Technik, der Sinn und Unsinn von Social Media und derlei kontrovers zu diskutierender Themen unser (fast) abendfüllendes Programm.
Schon mal antizipiert: ich habe wieder Neues gelernt, was sich auch in meine Welt übersetzen ließ und nicht zuviel kognitive Dissonanz erzeugte.
2. Mal häh? Ja, hier spricht bekennend die Psychologin, nun en detail, was bedeuten die kryptischen Aussagen?
Elias Canetti, ein bulgarisch geborener, deutschsprachiger Literatur-Nobelpreisträger und zwangsneurotischer Bleistiftanspitzer und -hinleger (er hat jeden Morgen 25 Bleistifte auf exakt dieselbe Länge angespitzt und sie dann in Reih und Glied gelegt, wenn das nicht neurotisch ist…) hat gegen Ende seines Lebens gesagt: “Der letzte Bleistift ist aufgegessen”. Nach Ekkis Aussage, und der kennt sich mit ihm aus, meinte Canetti den “Untergang” der analogen Welt und die unaufhaltbare Dominanz und Allmacht der digitalen Welt.
Als technikaffine Frau eines Ingenieurs (das hat deutliche Spuren hinterlassen) diskutiere ich hier nicht unseren Standpunkt des Gesprächs an diesem Abend. Ich bin gern selbstreflexiv und stelle auch gern meinen Konsum angelegentlich auf den Prüfstand. Ich habe mich gefragt, was ist der letzte Bleistift in der Küche?
Für mich hat es was mit dem “zurück zu den Wurzeln” zu tun.
Wenn es uns in den letzen Jahren möglich war, sind wir eingekehrt in Restaurants unterschiedlichster Couleur. Und ja, ich war restlos hin und weg als wir im letzen Sommer bei Gilles Goujon in Fontjoncouse waren. Aber mich hat es nicht ins El Bulli gezogen, ich wollte nicht 16 Gänge essen und ich wollte nichts schmecken müssen, was außen und innen völlig konträr ist. Ja, ich mag kulinarische Abenteuer ab nein, ich möchte nicht jede Mode mitmachen.
Ich mag’s ehrlich!
Oder um beim Gleichnis von Canetti zu bleiben, ich möchte diesbezüglich gern weiter in der analogen Welt weilen. Deswegen finde ich die unverfälschte, ursprüngliche Küche meines geliebten Roussillon so wundervoll und unsere klare Küche hier in der ersten Heimat.
Ich liebe es, Neues, mir Unbekanntes auszuprobieren (mein Moosbeerengelee ist gerade in Gläser abgefüllt) aber ich möchte es natürlich erleben.
Und was gibt es Schöneres als auf einem Kanten frisch gebackenen Brotes ein Stückchen Butter zu stippen und mit ein paar Krümeln Salz zu bestreuen – unser tägliches Brot gib uns heute (ich betreibe keine Blasphemie, ich meine das ganz ernsthaft). Ein Gang über den Markt und der Kauf von frischem Gemüse und man kann sich selbst glücklich machen.
Nachdem ich mich beim Kneten des Brotteiges etwas abgearbeitet habe, wurde nach dem Kurzimbiss am Backtisch ausgiebig getafelt.
Zum frischen Kräuterbrot habe ich einen Quark mal anders zubereitet. In einer Schüssel den Quark mit kleingeschnittenen Kapernäpfeln, frisch geriebenem Meerrettich, zwei hartgekochten Eiern, einem Bund Schnittlauch und geriebenem Parmesan vermengen. Mit Kümmel, Salz, Pfeffer und etwas süßem Paprika abschmecken, fertig. Den Quark auf eine Scheibe Brot geben und nach Herzenslust mit Lieblingsgemüse belegen.
Würde Elias Canetti noch leben, ich würde ihn mal an meinen Tisch einladen. Er müsste sicher hinterher nicht mehr zwanghaft seine Bleistifte spitzen und könnte sich beruhigt bei einem knusprigen Brot zurücklehnen…