Auswandern nach Dubai - der erste Monat

Auswandern nach Dubai - der erste Monat

Ich gebe zu, die Überschrift ist etwas geschummelt: Tatsächlich sind wir bereits seit 6 Wochen- samt Katze- wiedervereint in Dubai. Die erste Zeit verging wie im Flug, Alltag ist noch lange nicht eingekehrt. Ein bisschen wohl auch deshalb, weil die Kinder immer noch Ferien haben und wir es selten schaffen, vor 13 Uhr aus dem Pyjama zu kommen ;). Höchste Zeit also, euch endlich mit einem kleinen Update und meinem ersten Eindruck zu versorgen.

Eine erste Bilanz kann ich bereits ziehen (wer an dieser Stelle zu faul zum Lesen ist, möge bis zum letzten Satz scrollen ;)).
Wir kamen natürlich mit einer gewissen Erwartungshaltung hier an und hatten im Vorfeld so unsere Vorstellungen. Auch wenn die Realität (glücklicherweise) nicht allzu weit davon entfernt liegt, haben mich doch einige Dinge überrascht.

Uns war natürlich bewusst, dass hier andere Gesetze gelten als in Deutschland oder der (auch wenn das in letzter Zeit medial in Vergessenheit gerät) relativ liberalen Türkei. Im Alltag fühle ich mich als westliche Christin zwar weder diskriminiert noch eingeschränkt, doch vielleicht fühlt es sich gerade deshalb furchtbar an, wenn einem bei dem ein oder anderen Behördengang verdeutlicht wird, dass man als Frau eigentlich gar nix zu sagen bzw zu entscheiden hat.
In Dubai dürfen Frauen, anders als beispielsweise in Saudi-Arabien, Auto fahren. Wer hier wohnt und sich nicht etwa als Tourist aufhält, muss sich dazu allerdings einen einheimischen Führerschein ausstellen lassen. Das läuft relativ unkompliziert, man muss mit einer übersichtlichen Auswahl von Dokumenten bei der entsprechenden Behörde erscheinen und bekommt den Führerschein dann auch umgehend ausgestellt. Als die Beamtin allerdings meinen Mann aufforderte, einen kurzen Text aufzusetzen in dem er erklärt, dass er keine Einwände gegen mein Fahrvorhaben habe, musste ich doch kurz schlucken. Ebenso als ich von ihm eine persönliche Einverständniserklärung benötigte, um meine Alkohol-Lizenz zu beantragen (Ja, sowas braucht man hier, wenn man nicht auf dem Trockenen sitzen möchte). Auch um zu arbeiten brauche ich die Erlaubnis meines Mannes.
Den Vogel schoss allerdings der Bänker ab, den wir aufsuchten, um eine zweite EC Karte für unser neues Konto zu beantragen. Diese sollte auf meinen Namen laufen. Der Mitarbeiter unserer Bank erklärte meinem Mann mit großer Anteilnahme, dass dies nur möglich sei, wenn er mich als weiteren Inhaber des Kontos eintragen ließe. Als dieser dann amüsiert verdeutlichte, dass dies überhaupt kein Problem sei, erntete er Erstaunen. Mehrfach pries ihm der Bänker dann ein neues "Produkt" der Bank an, das im September eingeführt werde. Damit sei es dann möglich, mir eine EC Karte auszustellen, ohne mir irgendwelche Befugnisse zu erteilen. Wohlgemerkt war ich die ganze Zeit über anwesend! Als mein Mann dies ablehnte, bot er ihm noch an, ein weiteres Konto auf ausschließlich seinen Namen zu eröffnen, auf das er dann unsere(Entschuldigung!) seine Ersparnisse schaffen könnte, damit ich zu diesen keinen Zugang hätte. Hrmpf!
"Geld spielt keine Rolex!",
sagt mein Mann gerne scherzhaft zu mir. Dass die Lebenshaltungskosten hier hoch sind, wussten wir. Als ich bei meinem ersten Supermarkteinkauf an der Kasse zähneknirschend feststellen musste, dass die winzige Wassermelone (es war eigentlich nur ein Melönchen- Ehrenwort!) umgerechnet etwa 23€ kostete, hätte ich sie trotzdem am liebsten wieder zurückgelegt.
Glücklicherweise haben wir mittlerweile im Nachbaremirat einen deutlich günstigeren Obst- und Gemüsemarkt entdeckt. Dort bekomme ich für ungefähr den selben Betrag zur Wassermelone auch noch Äpfel, Bananen, Trauben, Avocados, Pfirsiche, Mandarinen (ja, auch im Sommer), Kräuter, Drachenfrucht und Pflaumen. Allerdings ist das nun nicht ganz um die Ecke, was ich also beim Wocheneinkauf vergesse, kommt mich teuer zu stehen.

Auch beim Essen gehen sind der Kreditkarte keine Grenzen gesetzt, von indisch für 5€ pro Hauptgang über deutschen Döner (10€) bis hin zum Steak für 150€ kann einem hier alles passieren. Ein Blick auf die Online-Speisekarte- sofern verfügbar- lohnt sich also, bevor man ein Restaurant betritt. Und auch ein Gläschen Wein oder Bier zum Essen schlägt auf der Rechnung teuer zu Buche und kostet oftmals mehr als das Essen. Da bleibt nur ein Ausweg: Alkohol zum Dessert in den eigenen 4 Wänden (oder gar keinen mehr trinken- aber diese Option habe ich für mich persönlich ausgeschlossen nachdem mir mein Mann das ja gestattet). Dieser wird in Barracuda gekauft, einem Ort in einem anderen Emirat, mitten in der Wüste, einzig und allein dafür gedacht, den sparsamen Einwohnern der Emirate eine Möglichkeit zu bieten, sich bereits ab 8€ eine Flasche Wein zu besorgen (welch Schnäppchen!).

Ich hatte mich bereits im Vorfeld damit abgefunden, dass es wohl ein paar Wochen dauern würde, das Haus einzurichten. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich zu der Sorte Frau gehöre, die sowas gerne bereits in der ersten Woche abhakt. Unfertige Dinge und unzählige To-Do's im Kopf machen mich einfach nervös. Weil ich mich kenne, wollte ich meinem Unbehagen vorbeugen und habe sorgfältig 2 Dinge bereits vor dem Umzug ausgewählt, die sofort nach Einzug fertiggestellt werden sollten: Die Kinderzimmer und das Wohnzimmer. Für beides benötigen wir neue Möbel. Also bin ich bereits im Mai ohne Kinder für 3 Tage nach Dubai geflogen, um die fehlenden Möbel rechtzeitig auszuwählen und zu bestellen. Und nun ratet mal, wer genau 3 Monate später ironischerweise immer noch auf genau diese Dinge wartet? Richtig! Der Liefertermin von Sofa wurde von Ende Juni erst auf den 20. Juli, dann auf Anfang September verschoben. Und die Kinderzimmer sollten bis spätestens 15. Juli, dann bis 15. August aufgebaut werden. Der Hersteller hat bis heute noch nicht mal mit dem Bau begonnen. Das hat zur Folge, dass die Große auf einer Matratze auf dem Fußboden schläft, beide Kinder ihre Spielsachen teils auf dem Boden verstreut, teils in Kartons gestopft haben und der Zwerg jede Nacht ungefähr 1,50m unserer 180cm Matratze in Beschlag nimmt (na gut, sie ist nur 110cm groß aber es fühlt sich wirklich so an!). Zum Glück waren wir schon in Barracuda...

Dafür habe ich erfreulicherweise bereits eine ganze Liste To-Do's abgehakt, für die ich mehr Zeit einkalkuliert hatte. Für Behördengänge war der Bürokratie-Irrsinn in Istanbul ein wahrer Segen. Ich hatte auch hier mit dem schlimmsten gerechnet, dann aber innerhalb weniger Stunden wirklich alles beantragt, was nötig war. Bei der richtigen Stelle mit den richtigen Dokumenten. Ist das zu fassen? In Istanbul hätte das Monate gedauert.

Und auch verkehrstechnisch sind wir Schlimmeres gewöhnt und schweben daher im siebten Himmel. Die Einwohner Dubais beschweren sich zwar über Stau und unmöglichen Fahrstil, doch wir sind schon Jahre nicht mehr so entspannt gefahren. Bei starkem Verkehr muss man zwar mal ein paar Minuten extra einplanen- aber täglicher Stillstand für mehrere Stunden oder Autos, die einem auf der Autobahn rückwärts entgegen kommen weil sie die letzte Ausfahrt verpasst haben, gehören der Vergangenheit an. Wir lieben es!

In der Wüste ist es ja bekanntlich heiß. Dass in Dubai zwischen Mai und September jeder, der irgendwie kann, der großen Hitze entflieht, wussten wir schon vor unserer Ankunft. Daher hatte ich mich mental auf das schlimmste gefasst gemacht. Die ersten Tage fühlten wir uns auch wirklich erschlagen von der heißen Luft, sobald wir unser wohl klimatisiertes Haus verließen. Zum Glück ist hier jeder auf diese Temperaturen vorbereitet und so gibt es zahlreiche Möglichkeiten, der sengenden Hitze zu entfliehen. Sogar die Bushaltestellen sind in Dubai klimatisiert! Und erstaunlicherweise gewöhnt sich der Körper trotz der ständigen extremen Temperaturschwankungen (von 20 Grad im Supermarkt zu 48 Grad auf dem Parkplatz) schnell an die Hitze. Zumindest ging es uns so. Mittlerweile können wir unsere fehlenden Möbel nach Sonnenuntergang sogar auf dem Balkon mit Wein aus Barracuda beweinen. Seit 2 Tagen spüre ich, dass es kühler wird. Ich habe zwar kein Thermometer im Garten, könnte aber schwören, dass die Temperaturen heute nach Mitternacht unter 40 Grad gefallen sind. Es fröstelt mich draußen. Ehrlich wahr!

Ein Glas Kokoswasser zum Frühstück und dazu einen Schwung Chia-Samen ins Müsli, Thai-Curry zum Mittagessen und ein Krustenbrot mit Serrano-Schinken abends. Indisches Knabberzeugs vor dem Fernseher und im Supermarkt der Spargel neben den Mandarinen. Dadurch, dass fast alle Lebensmittel importiert werden, spielt es, anders als in Deutschland, preislich keine Rolle, ob man zu Zitronengras und Papaya oder Brokkoli und Erdbeeren greift. Und durch die unglaubliche Vielfalt an Menschen und dem hohen Ausländeranteil in der Bevölkerung (knapp 90 Prozent), besteht eine so große Auswahl an unterschiedlichsten Dingen, wie ich sie sonst noch nirgends auf der Welt entdecken konnte. Ich habe wahnsinnige Lust, alle möglichen Rezepte auszuprobieren- von mexikanisch bis Thai. Jetzt stecke ich nur in der Zwickmühle- denn es gibt mindestens genauso vielfältige Angebote in den Restaurants, durch die ich mich essen möchte. Und wenn ich draußen den Gärtner frage, wo es in unserer Nachbarschaft den besten Inder gibt, erkundigt er sich grinsend: "North Indian or South Indian food, ma'am?".
Ich bin im Paradies!



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