Ausschluss von sexualethischen Fachverbänden? – Diakonie-Präsident soll entscheiden

Nicht zum ersten Mal macht der menschenrechtspolitische Sprecher der Bundestagfraktion von „Bündnis 90/Die Grünen“, Volker Beck MdB, als selbsternannter Vertreter der Schwulen- und Lesbenbewegung auf sich aufmerksam: Schon in der Vergangenheit hatte er seine Funktion als Abgeordneter ausgenutzt, um sich hochoffiziell gegen „evangelikale“ Christen zu wenden. So hatte er unter anderem Finanzmittel an das „Christival“ kritisiert und entsprechende Anfragen an die Bundesregierung gestellt.

Nun tischt Beck einen neuen „Skandal“ auf: Getrieben von seiner Sehnsucht nach immer neuen Rechten von Homosexuellen, verurteilt er schon lange die Arbeit christlicher Beratungsorganisationen, die Hilfe suchenden Schwulen und Lesben Therapie zur Veränderung ihrer sexuellen Orientierung anbieten. Dass Beck mit seinem Verständnis von Toleranz vielen Homosexuellen die Freiheit abspricht, selbst und aus eigener Entscheidung heraus Seelsorge oder therapeutische Begleitung in Anspruch zu nehmen, wenn innere Konflikte plagen, scheint der Menschenrechtler nicht zu bemerken.

Aktuell hat er sich an den Präsidenten des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewandt – und diesen aufgefordert, den Ausschluss der Kommunität „Offensive junger Christen“ (OJC), die das „Institut für Jugend und Gesellschaft“ (DIJG) betreibt und sich mit möglichen Formen von Therapie und Umgang mit Homosexuellen, die Schwierigkeiten mit ihrer sexuellen Ausrichtung haben, auseinandersetzt, aus dem Dachverband zu prüfen. Gleichzeitig fordert er dies auch bezüglich des „Weißen Kreuzes e.V.“, des sexualethischen Fachvereins, der sich insbesondere mit Fragen von Selbstbefriedigung, Sex vor der Ehe oder Pornografiesucht beschäftigt.

Doch nicht alle fühlen sich vom „Verteidiger“ der Lesben- und Schwulenrechte vernünftig vertreten. Insbesondere ist zu beklagen, dass Herr Beck immer wieder neue Berechtigungen einfordert, die über die allen Bürgerinnen und Bürgern zustehenden Rechte hinausgehen – und damit zu einer Bevorteilung von Homosexuellen führen würden. Deutschland hat in seiner Vergangenheit mit Nachdruck an der Abschaffung von Ungleichheiten gegenüber Schwulen und Lesben gearbeitet. Dass durch föderalistische Hürden noch nicht alles so optimal ist, wie man es sich wünschen würde, ist zweifelsohne zuzugestehen. Gleichwohl liegt in der Diskriminierung und Ausgrenzung mancher Homosexueller bis heute aber auch ein gesellschaftliches Problem vor. Und gleichzeitig muss man Schwule und Lesben, die in aggressiver Weise stets weitere Rechte einfordern und Vorurteile durch „Demonstrationen“ gegen sich selbst bestärken, die mittlerweile eher freizügigen Partys zur Schaustellung gleichen, hierfür mitverantwortlich machen.

Insgesamt zeigen sich viele Schwulen und Lesben zufrieden damit, die gleichen Rechte zu genießen wie jeder andere Mensch. Dieser Umstand ist durch unsere Verfassung ohnehin gewährleistet – ein häufiger Aufschrei über mangelnde Berechtigungen von Homosexuellen geht deshalb häufig über das Ziel hinaus.

Und gleichzeitig muss anhand des derzeitigen Beispiels ausdrücklich festgehalten werden: Herr Beck sieht psychische Probleme von Homosexuellen allein im Zusammenhang mit Ausgrenzung, Stigmatisierung und Diskriminierung durch die Gesellschaft. Er reduziert damit seelische Schwierigkeiten von Homosexuellen auf exogene, also von außen einfließende Ursachen.

Viel häufiger sind endogene, von innen kommende Zerrüttungen Ausschlag gebend für das Bedürfnis nach Unterstützung. Die eigene Abneigung gegenüber homosexuellen Sexualpraktiken, der Wunsch nach heterosexueller Liebe sind ganz oft Auslöser für Zerrissenheit und die Sehnsucht nach Veränderung. Noch offensichtlicher stellen sich die Probleme bei der „Ich-dystonen Persönlichkeitsentwicklung“ dar, bei der eine völlige innere Distanzierung von der eigenen Identität vorliegt – leider wirft Herr Beck den Organisationen immer wieder vor, alle homosexuellen Hilfesuchenden als unter dieser Störung leidende Patienten abzustempeln.

Die von Herrn Beck in diesem Zusammenhang genannten „reparativen Therapien“, in denen nach seiner Ansicht Homosexuelle zum Ablegen ihrer Homosexualität genötigt werden, stellen sich in Wirklichkeit als eine tief in die Psyche einblickende Form der Therapie dar, die mögliche – und mittlerweile auch nachgewiesene – Zusammenhänge zwischen homosexueller Orientierung und frühkindlichen Entwicklungen, elterlichen Bindungen oder Rolleneinnahmen analysieren. Im Gegensatz zu Herrn Beck empfinde ich die Aufdeckung solcher Kausalitäten nicht als verwerflich, sondern als überaus hilfreich, um die eigenen Empfindungen zu verstehen und sich selbst auf die Stufe der Entscheidungsfähigkeit nach Veränderung zu bringen.

Ganz besonders zu kritisieren ist die Vorhaltung des Herrn Beck, wonach den Betroffenen solche Therapien nahezu „aufgedrängt“ würden. Während viele Schwule und Lesben Menschen aus ihrer eigenen „Lobbybewegung“ nicht selten belächelt werden, wenn sie mit ihrer eigenen Sexualität ringen, und immer wieder die Anschuldigung „sexueller Verklemmtheit“ zu hören bekommen, gibt es glücklicherweise eben Organisationen, die solche Sorgen ernst nehmen – und die es unterstützen, wenn man sich nicht dem Mainstream nach „sexueller Lockerheit“ und einer Gender-Bewegung anschließt.

Die Freiheit, sich in Form seelsorgerischer Angebote Unterstützung zu suchen, obliegt jedem Einzelnen selbst. Damit wird deutlich, dass die von Herrn Beck kritisierte Arbeitsweise der Organisationen schon in der grundlegenden Argumentation allen Realitäten zuwider läuft. Als Berater geht man nicht „auf die Suche“ nach Homosexuellen, um sie zu „verändern“; viel eher ist die Zahl derer, die aus ihren freien Stücken zu uns kommen und den Wunsch nach Hilfe suchen, stetig wachsend. Somit würdigen wir die freie Entscheidung weitaus mehr, als Herr Beck es vermutet. Viel eher sehe ich sein Herunterspielen von Problemen Homosexueller und den Aufruf, Hilfe zu meiden, als fahrlässig und verachtend – ja, sogar als verantwortungslos.

In jeder Beratung gelten die Würde und der Wille des Klienten am höchsten. Das Gebot der Nächstenliebe, zu dem sich jeder christlich arbeitende Therapeut oder Berater verpflichtet haben sollte, übersteigt jede Form der Einklassifizierung von Homosexuellen oder den Vorwurf, Veränderung um jeden Preis erzielen zu wollen. Nicht der Berater oder der Therapeut entscheidet, wie die Begleitung aussieht – sondern allein der Klient selbst. Daher arbeite ich generell mit der Ergebnisoffenheit jeder Sitzung. Durch Aufklärung – die beide Organisationen nach meinen Erfahrungen in transparenter Weise durchführen – wird der Klient in die Lage versetzt, über den Weg der Hilfestellung bestimmen zu können. Die Wertschätzung gegenüber dem Hilfesuchenden, aber auch der Wunsch, dass die Person wieder mit sich selbst und der eigenen Identität in Einklang zurückfindet, ist elementar und prägt jede Beratung schon aus dem Grundsatz des christlichen Menschenbildes heraus.

Letztendlich wendet sich Herr Beck zudem mit einer Forderung an das Diakonische Werk, die dieses schon aus den Statuten gar nicht erfüllen kann. Das Diakonische Werk ist nicht berechtigt, in die Arbeits- und Handlungsweisen der einzelnen Mitgliedsorganisationen einzugreifen oder deren Denkweise zu beeinflussen.

Wieder einmal ist eine panische Aktion des Herrn Beck zum Ausgangspunkt für Diskussionen geworden, die gar nicht nötig sind. Über seine Gründe für dieses Verhalten mag man spekulieren. Schließlich bleibt aber wohl nur das Mitleid, das man ihm entgegen bringen kann, wenn sich Herr Beck Probleme schaffen muss, um sie zu lösen. Ein Blick auf die Alltagspolitik würde zeigen, dass wirklich wichtige „heiße Eisen“ im Feuer liegen…

 

Dennis Riehle, Psychologischer Berater/Coach, Seelsorge


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