Auschwitz verallgemeinern!

In Israel, so wird leider viel zu zögerlich berichtet, ist der Araberhass zur Staatsmaxime erhoben. Palästinenser in die Ödnis jenseits des Jordans oder des Gaza-Streifens abzuschieben, sie dort hinter meterhohen Mauern versauern, sie dabei stets mit militärischem Auge begutachten zu lassen, das ist die offizielle Leitkultur des Landes. Erlassene Apartheidgesetze, die die Knesset erließ, sind da fast nurmehr Beiwerk. Und dass sämtliche kleinen Hetzer da ins lauschige Geifern verfallen, versteht sich von selbst - es ist in Israel wie überall: wenn von offiziellen Ränge verhetzt wird, dann fühlt sich auch jeder Narr dazu aufgefordert, seine Frustration zu politisieren. Selbst Oberrabbiner rufen deswegen dazu auf, an arabische Studenten nicht mehr zu vermieten - der Hass auf Araber durchdringt auch - oder gerade! - den närrischen Kleingeist.

Avraham Burg fordert in seinem streitbaren Buch "Hitler besiegen: Warum Israel sich endlich vom Holocaust lösen muss", dass die israelische Gesellschaft sich von jener Staatsdoktrin verabschieden sollte, nach der der Holocaust ein singuläres Ereignis darstellt, das zur nationalen Identitätsstiftung missbraucht wird. Sicher sollte man den Massenmord nicht vergessen, man sollte an jene blutigen Ereignisse zurückdenken, nicht aber in dem Sinne, ihn als rein an den Juden begangenes Unrecht zu verstehen. Wenn der Holocaust überhaupt eine Bedeutung haben soll, so schreibt Burg sinngemäß, dann als universelle Mahnung; er soll eben nicht mahnen, was die Gojim mit den Juden getan haben - er sollte der Menschheit vor Augen führen, was der Mensch mit dem Menschen anstellen kann, wenn sämtliche moralischen Imperative einstürzen.

Burg erntete dafür in Israel Missfallen, sogar Drohungen; und freilich fühlten sich Holocaust-Überlebende brüskiert - schließlich ist ihnen ja das große Unrecht am eigenen Leibe widerfahren; ihnen, diesen Juden, nicht den Menschen universell. Man kann ihre Beleidigung verstehen, muß deshalb aber nicht auf die Emotionalisierung eingehen. Denn es ist, wie Norman G. Finkelstein schreibt, der mit seinem Buch "Die Holocaust-Industrie" vor Jahren Aufsehen erregte (und von rechtsradikalen Kreisen fälschlicherweise zum antisemitischen Wahrheitsjünger erkoren wurde), eigentlich moralisch nicht nachvollziehbar, weshalb US-amerikanische Juden zwar Museen zum Gedenken an die Shoa einrichten, gleichzeitig den Sinti und Roma, ebenfalls Opfer nationalsozialistischen Rassenwahns, die Teilnahme an einem solchen Projekt verweigern. Finkelstein zürnt gegen die Ideologie derer, die den Holocaust nur unter den Gesichtspunkten des Profits betrachten, die Entschädigungsgelder einstreichen und hierzu den Kampfbegriff von der "Singularität des Holocausts" eingeführt haben, um sich gegen etwaige andere Gruppen, die Opfer des hitleristischen Deutschlands waren, besser zu positionieren. Er leugnet nicht, wie manche rechtsextremistischen Blender einst behaupteten, dass der Holocaust stattgefunden hätte - die Holocaust-Industrie ist nicht die Industrie einer Erfindung, sie ist aalglatter Lobbyismus, der mit dem Andenken an Millionen von Toten satten Reibach macht.

Eingedenk dieser Gedanken, die Singularität fallen zu lassen, Auschwitz zum universellen Leitgedanken zu erheben, muß dem Staat Israel vorgeworfen werden, den Holocaust zu instrumentalisieren und ihn damit zu relativieren. Das ist fürwahr ein heikler Vorwurf. Nur: wenn man das Gedenken an Auschwitz national und rassisch anwendet, es nicht generalisiert, um es der Menschheit zu widmen, das heißt, an all jene (jüdische oder nichtjüdische) Menschen zu denken, die von Menschenhand geschunden, gepeinigt und getötet wurden und noch werden, dann findet eine Ausbeutung des Gedenkens statt, ein Missbrauch des mahnenden Gedächtnisses. Auschwitz hat demnach nicht das Andenken an gemeuchelte Juden zu sein: es muß verallgemeinert werden, hat als Andenken an das große menschliche Unrecht herzuhalten, als Mahnung dessen, dass der Mensch des Menschen Wolf ist. Es hat Mahnmal der menschlichen Rasse zu sein.

Ein derart generalisierter Leitgedanke des Gedenkens, er würde auch selbstgerechten Oberrabbinern, die gegen arabische Mieter keifen, Einhalt gebieten...


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