Am Platz, der seinen Namen trägt, lauert er zu Füßen jener Wolkenkratzer, die heute Deutschland repräsentieren. Der Dichterfürst, einst Aushängeschild eines Landstrichs - einen Staat gab es damals noch nicht -, der sich als Hort der Dichter und Denker verstand, er kauert vor denen, die heute als Aushängeschild wirken. Sie dichten auch wie jener, wenn sie handliche Slogans für Werbespots entwerfen - und sie denken auch: vornehmlich an Profit. Frankfurt symbolisiert, wie keine andere Stadt in diesem Lande, die Veränderung, die wir in den letzten zweihundert Jahren erlebten. Da besucht man als Tourist die Paulskirche, die so was wie das erste demokratische Aufbegehren abbildet - und im Hintergrund bewundert man Hochhäuser berstend voll Bankster, die auf Demokratie bestenfalls mit Skepsis reagieren. Der Geheimrat, der als Sprachgenius und Paradeexemplar deutscher Kultur, als Kind seiner Stadt, einen Platz und eine Statue gewidmet bekam, wird erdrückt von der monumentalen Bildgewalt, mit der sich pekuniäre Genies und Paradebeispiele kapitalistischer Kultur in die Szenerie rücken. Skyline nennen sie das dann in Frankfurt.
Dem Wahren Schönen Guten. Nirgends sonst in Frankfurt dürfte der eklatante Zwiespalt zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen hehren Motiven und aktueller Realpolitik so drastisch ins Auge stechen. An der Alten Oper prangt Dem Wahren Schönen Guten - der platonische Dreiklang als Stachel in der Lende einer gänzlich unphilosophischen Weltanschauung. Dahinter den Turm der UBS, einer Schweizer Bank. Ob sie dem Wahren, dem Schönen und dem Guten verpflichtet ist? Dem Wahren sicher nicht, denn der eigenen Geschichte, als Geldwäscher der Nationalsozialisten, als Aneigner gestohlenen jüdischen Eigentums, will man sich nicht stellen. Dahinter dürfte nichts Gutes stecken, wenngleich man dem Schönen sicherlich gerne nachkommt. Man will sich von seinem Reichtum doch was Schönes leisten - das ist nur menschlich.
Wo Goethe ist, da ist auch sein Freund (und Neider?) nicht weit. Der große Sohn der Stadt besitzt einen eigenen Platz - dessen Kumpan weilt indes in der Taunusanlage, vis-à-vis der Europäischen Zentralbank, etwa fünfhundert Meter Luftlinie zum Verfasser des leidenden Werthers - heute litte er, die Leiden des ollen Goethe, wenn er die Sprache der Bankheinis und Werbefritzen, der Versicherungstanten und Ratingonkels lesen müsste. Der humanistische Dramatiker Schiller, mittendrin zwischen EZB und Deutscher Bank. In einer Parkanlage, in der Bank- und Versicherungsangestellte speisen, flanieren und, wenn man genau hinhört, dabei das Geschäftliche zum Mittagsplausch erheben: in diesem Milieu gedenkt man Schillers. Die Geister, die einst das kulturelle Deutschland repräsentierten, sind zu Gespenstern gemindert. Zu längst gespenstischen Stimmen aus einem vergangenen Irgendwo, deren Denkweise, deren Kunstbeflissenheit, deren vergeistigtes Lebensprinzip in dieser modernen Welt aus Banken und Profiten keinen Platz mehr findet. Der Stolz auf den Fürsten deutscher Kultur, der Stolz als Wiege deutscher Demokratie, das sind zwei ausgehöhlte Mechanismen, denen man nicht inbrünstig nachgeht, sondern quasi ritualisiert. Was kümmert das heutige Frankfurt das Edel sei der Mensch, hilfreich und gut dieses berühmten Sohnes der Stadt? Was interessiert die Angestellten hierarchisch organisierter Konzerne, in denen Mitbestimmung und Transparenz als demokratische Teufeleien gelten, denn das Museum in der Paulskirche? Das ist nur sentimentales Brimborium, etwas, das gut ist für die PR der Stadt, nicht aber wertvoll für die Konzerne, die sich in dieser Stadt unter dem Label Dienstleister ausgebreitet haben, für die sie arbeiten.
Frankfurt, so wie es sich gestaltet, zwischen Damals und Heute, zwischen kulturellem Nachruf und kulturzersetzender Ökonomie, zwischen Weimarer Klassik und Bankenviertels Klassismus, zwischen antiquierten schönen Künsten und aktuellen hässlichen Hochhausbrünsten... dieses Frankfurt, es scheint das Vergangene architektonisch zu verspotten. Wer Dem Wahren Schönen Guten neben Wolkenkratzer von denen, die, orwellianisch gesprochen, dem Unwahren Unschönen Unguten nachgehen (treffender wäre: dem Verlogenen Hässlichen Schlechten), erblickt, der braucht schon viel Humor...
Dem Wahren Schönen Guten. Nirgends sonst in Frankfurt dürfte der eklatante Zwiespalt zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen hehren Motiven und aktueller Realpolitik so drastisch ins Auge stechen. An der Alten Oper prangt Dem Wahren Schönen Guten - der platonische Dreiklang als Stachel in der Lende einer gänzlich unphilosophischen Weltanschauung. Dahinter den Turm der UBS, einer Schweizer Bank. Ob sie dem Wahren, dem Schönen und dem Guten verpflichtet ist? Dem Wahren sicher nicht, denn der eigenen Geschichte, als Geldwäscher der Nationalsozialisten, als Aneigner gestohlenen jüdischen Eigentums, will man sich nicht stellen. Dahinter dürfte nichts Gutes stecken, wenngleich man dem Schönen sicherlich gerne nachkommt. Man will sich von seinem Reichtum doch was Schönes leisten - das ist nur menschlich.
Wo Goethe ist, da ist auch sein Freund (und Neider?) nicht weit. Der große Sohn der Stadt besitzt einen eigenen Platz - dessen Kumpan weilt indes in der Taunusanlage, vis-à-vis der Europäischen Zentralbank, etwa fünfhundert Meter Luftlinie zum Verfasser des leidenden Werthers - heute litte er, die Leiden des ollen Goethe, wenn er die Sprache der Bankheinis und Werbefritzen, der Versicherungstanten und Ratingonkels lesen müsste. Der humanistische Dramatiker Schiller, mittendrin zwischen EZB und Deutscher Bank. In einer Parkanlage, in der Bank- und Versicherungsangestellte speisen, flanieren und, wenn man genau hinhört, dabei das Geschäftliche zum Mittagsplausch erheben: in diesem Milieu gedenkt man Schillers. Die Geister, die einst das kulturelle Deutschland repräsentierten, sind zu Gespenstern gemindert. Zu längst gespenstischen Stimmen aus einem vergangenen Irgendwo, deren Denkweise, deren Kunstbeflissenheit, deren vergeistigtes Lebensprinzip in dieser modernen Welt aus Banken und Profiten keinen Platz mehr findet. Der Stolz auf den Fürsten deutscher Kultur, der Stolz als Wiege deutscher Demokratie, das sind zwei ausgehöhlte Mechanismen, denen man nicht inbrünstig nachgeht, sondern quasi ritualisiert. Was kümmert das heutige Frankfurt das Edel sei der Mensch, hilfreich und gut dieses berühmten Sohnes der Stadt? Was interessiert die Angestellten hierarchisch organisierter Konzerne, in denen Mitbestimmung und Transparenz als demokratische Teufeleien gelten, denn das Museum in der Paulskirche? Das ist nur sentimentales Brimborium, etwas, das gut ist für die PR der Stadt, nicht aber wertvoll für die Konzerne, die sich in dieser Stadt unter dem Label Dienstleister ausgebreitet haben, für die sie arbeiten.
Frankfurt, so wie es sich gestaltet, zwischen Damals und Heute, zwischen kulturellem Nachruf und kulturzersetzender Ökonomie, zwischen Weimarer Klassik und Bankenviertels Klassismus, zwischen antiquierten schönen Künsten und aktuellen hässlichen Hochhausbrünsten... dieses Frankfurt, es scheint das Vergangene architektonisch zu verspotten. Wer Dem Wahren Schönen Guten neben Wolkenkratzer von denen, die, orwellianisch gesprochen, dem Unwahren Unschönen Unguten nachgehen (treffender wäre: dem Verlogenen Hässlichen Schlechten), erblickt, der braucht schon viel Humor...