Aufgedeckte BILDungslücken: Demokratie ist Diktatur

Bild kommt bekanntlich von Bildung. Deutschlands größtes Bildungsblatt hat bezüglich des Bildungsniveaus der deutschen Jugend einmal mehr Alarmierendes zu berichten: 40 Prozent der deutschen Neunt- und Zehntklässler können nicht zwischen Demokratie und Diktatur unterscheiden! Doch statt das als Erfolg frühzeitiger Bild-Lektüre zu verbuchen, versucht sich das Springerblatt ungewöhnlich ausführlich mit wissenschaftlichen Erklärungen – was die Sache allerdings nicht besser macht.

Die skandalösen Wissenslücken haben Wissenschaftler vom Forschungsverbund SED-Staat an der FU Berlin aufgedeckt. Interessant, dass es so etwas überhaupt gibt. Von einem Forschungsverbund Kohl-Staat hab ich noch nichts gehört, obwohl die geistig-moralische Wende, die mit Kohls Regierung begann, den Demokratieabbau (und damit auch den Abbau des Wissens darüber) eingeleitet hat, der heutzutage beklagt wird. Aber was nicht ist, kann ja noch werden – spannend wird sicherlich auch das Forschungsprojekt über den Merkelinismus.

Demokratie ist scheiße

Demokratie ist scheiße
Kabarett- Plakat, gesehen in Berlin

Der besagte Forschungsverbund in Sachen SED jedenfalls hat in den vergangenen drei Jahren etwa 7.500 Schüler mit einem Fragebogen über ihr Geschichtswissen befragt. Dabei haben nur etwa die Hälfte der Schüler den NS-Staat als Diktatur erkannt, und, fast noch schlimmer: nur ein Drittel wollte die DDR als solche bezeichnen. Umgekehrt bezeichneten ebenfalls nur die Hälfte der Schüler die alte BRD als Demokratie und nur 60 Prozent vermögen das vereinigte Deutschland als solche zu erkennen.

Professor Klaus Schroeder vom Forschungsverbund findet diesen Mangel an historischen Wissen erschreckend. Zuvor hatten die Forscher in einer Vorgänger-Studie schon festgestellt, dass man sich im Westen kaum für die DDR interessiert habe, während deren Bild im Osten verklärt worden sei. Ähnliches könnte man natürlich auch über den Westen herausfinden, aber so viel Objektivität kann man ja von Geschichtswissenschaftlern kaum verlangen. Über das verklärte Bild der BRD bei vielen DDRlern, die sogar Leib und Leben riskierten, um in den vermeintlich goldenen Westen zu kommen, wird ebenfalls kein Wort verloren. Dass die BRD als echte und wirkliche Demokratie sowieso die bessere Alternative war, ist ja nicht nur bei Bild eine historische Wahrheit. Obwohl es ja die DDR war, die sich “Deutsche Demokratische Republik” nannte. Die BRD war laut eigener Bezeichnung ja nicht demokratisch, sondern nur eine Bundesrepublik.

Vielleicht sind die Schüler gar nicht so doof, wie die Wissenschaftler und Bild gern glauben würden – bei den ganzen wunderbaren Dingen, die Schüler über die segensreiche Demokratie so beigebracht bekommen, ist die Gegenwart tatsächlich kaum mit dem gelernten Bild in Übereinstimmung zu bringen: Regieren tun “die da oben”, die Leute können zwar auf die Straße gehen, aber ändern tut das ohnehin nichts. Ob man auf dem Fragebogen der Bildungforscher oder auf dem Wahlzettel das richtige oder falsche Kreuzchen setzt, ändert so und so nichts an den herrschenden Zuständen. Was hat das also mit Demokratie zu tun?



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