Es lohnt sich an diesem Abend durchaus, die Analysen anzusehen bzw. anzuhören. Vor allem zu dem hier:
Finden sich doch tatsächlich bereits die ersten verwirrten Leute, die aus dem Mann da jetzt einen Kanzlerkandidaten backen wollen. Wie, was ist das für ein Foto?! Das kommt aus diesem Artikel hier. Ist 8 Jahre alt. In dem geht es um den Landesvorsitzenden der Hamburger SPD, dessen Thron heftig schwankte - und 2004 war dann auch Schluß. Ja, genau, Olaf Scholz. Sie finden, wenn Sie mal zurückblättern, die erstaunlichsten Dinge über den Mann - zum Beispiel eine direkte Verlinkung in wikipedia zur zwangsweisen Verabreichung von Brechmitteln, eine seiner Ruhmestaten als Hamburger Innensenator, an die sich natürlich kein Mensch mehr erinnern kann. Ich auch nicht. Ich fand den Mann immer derart uninteressant, er tat mir sogar immer leid, weil er irgendwie nur scheiterte, was immer er auch tat. Und irgendwie habe ich deswegen garnicht mitbekommen, was er dann wirklich gemacht hat, denn dann war er meist schon wieder weg vom Fenster.
Was den großen Rhetoriker (Scholzomat) und Funktionär (Generalsekretär der SPD für 11 krachende Wahlniederlagen) angeht, haben die Leute ja zumindest noch Restbestände im Kopf. Die Liste an politischen Fehlleistungen allerdings scheint mit dem heutigen Abend erstmal ausradiert. Wie oft Scholz in den letzten Jahren aus diversen Gründen vorm Bundesverfassungsgericht saß, könnte da schon Aufschluß geben, nur hatte er kein Amt wirklich lange genug inne, um dann seine Fehlleistungen z.B. als Arbeitsminister auch dort vertreten zu müssen. Das er in den meisten Köpfen so oder so mit Mentor und Förderer Schröder quasi im gleichen Atemzug oder vielmehr Magenkrampf genannt wird, wird sich auch jetzt nicht ändern, und als Empfehlung für zukünftige Wahlkämpfe kann ich das beim besten Willen nicht sehen. Als Empfehlung für den Mann so nebenbei auch nicht.
Zumindest kristalisiert sich jetzt endlich heraus, was unser Wahlkampfthema in Hamburg war: Wirtschaftliche Kompetenz und soziale Gerechtigkeit. Als Einheit. Und ja, ich denke, fortan lassen wir jeden bis zur Wahl das beste hoffen und sagen dann immer nachher, das es genau so gemeint war. An dieser Stelle bin ich geneigt, den Modellcharakter des Scholz'schen Wahlkampf neidlos anzuerkennen. In Baden-Würtemberg bedeutet "Vernunft!" dann "Keine S21". Oder, jenachdem, wie gewählt wurde "Ja zur S21!". Wobei das Wahlergebnis vielleicht nicht ganz so schön wird. Übrigens waren wir in Hamburg auch mitten im Alltag. Sagt Gabriel. Bei den Menschen. Da staunen Sie, was? Tagsüber. Zu Fuss. Wir haben mit denen gesprochen. Ja, ich habe auch gejubelt, als ich das gehört habe.
Das war eine Hamburger Wahl. Vor allem aber war es eine Hamburger Abwahl. Zwei Parteien wollte man ganz offensichtlich nicht mehr in der Regierung haben, nämlich CDU und Grüne. Zwar sieht das für die Grünen im ersten Moment nach Zugewinnen aus, aber ganz und garnicht nach den 22 Prozent, die ihnen erste Umfragen versprachen. Es ist auch so derart gegen den Bundestrend, der sich im großstädtischen Hamburg gleich doppelt hätte auswirken müssen, das sich die Grünen nicht so richtig getraut haben, zu feiern.
Ich denke, dass hier auch die überraschenden 2 Prozent herkamen, die sich die FDP innerhalb der letzten Wochen vor der Wahl angefrühstückt hat, und die könnten durchaus sogar auf die alberne Koalitionszusage Westerwelles zugunsten der SPD zurückgehen. Gönne ich dem Mann ja garnicht, mal so am Rande. Auf der anderen Seite könnte das auch genau der Schub im freidemokratischen Selbstbewußtsein sein, der sie zum nächsten Sprung von der nächsten Klippe bewegt - ganz altrömisch. Insofern vielleicht ein akzeptables Opfer.
Dass die Linke gegen den Bundestrend, ausserhalb der Berichterstattung und mit Zugewinnen wieder in die Bürgerschaft einzieht, hat in einem westlichen Bundesland eigentlich mehr Nachrichtenwert, als man das jetzt wahrnehmen kann. Auf der anderen Seite ist ihre Bedeutung dort mit nunmehr wohl drei weiteren Oppositionsparteien eine, die sie erstmal zusammenfantasieren müssen. Ich denke, auch dorthin ist einiges abgewandert, was eigentlich bei den Grünen gelandet wäre.
Zur CDU muss man in Hamburg dann wirklich nichts mehr sagen. Ausser vielleicht: Weiter so! Euer Ergebnis hat mir wirklich Spaß gemacht heute. Ganz ohne Einschränkungen. Ich finde, Ahlhaus sollte auch bei allen anderen Landtagswahlen als Spitzenkandidat antreten. Der ist klasse. Das ist ein Mann, von dem ich in Zukunft mehr sehen will.
Richtig, jetzt kommt das Wetter.
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