Aufbruch in bessere Zeiten

Die Situation in der Aquaristik ist nicht neu, doch wirtschaftlich schwierige Zeiten können diesen Fachbereich noch zusätzlich unter Druck setzen – aus gutem Grund also suchte das ZZF-Fachhandelsforum „In guten wie in schlechten Zeiten: Mit Profil und Kommunikation zum Erfolg“ am 23. und 24. Februar in Bad Honnef nach Auswegen. Wie wichtig nicht nur in diesem ­Zusammenhang das richtige, sprich passende Marketing ist, zeigten den rund 80 Teilnehmern ­anerkannte Experten an Branchen- und Branchen­übergreifenden Themen.

 

Gute Ideen gibt es viele, auch mangelt es nur selten an Motivation und doch fehlt irgendwie der zündende Funke, der die Aquaristik zum „It-Thema“ der „verwöhnten Jugend“ machen könnte. Sind es die vielfältigen Beschäftigungen, die Kinder und Jugendliche heute als Alternativen haben? Oder ist die Aquaristik gar zu kompliziert, zu aufwändig und damit kein zeitgemäßes Hobby mehr? Denn dass der Nachwuchs fehlt, davon zeugen auch die Mitglieder­listen der Aquarienvereine und Arbeitskreise. Liegt es gar an der Industrie, dass deren Produkte zu technisch, zu komplex und zu unübersichtlich sind? Oder trägt vielleicht der Handel Schuld, dass er mit seinem Angebot nicht die wirklichen Wünsche und Bedürfnisse seiner Kunden auf lange Zeit bedienen kann? Hat die Finanz-und Wirtschaftskrise doch merklich mehr Einfluss auf das Kaufverhalten der Kunden als allgemein dargestellt? Die Podiums­diskussion am Ende des ersten Seminartages mit Heiko Blessin (JBL), Annette Burda von Burda’s Tierwelt, Dr. Stefan Hetz (VDA-Präsident), Herbert Nigl, (Zierfischgroßhandel Aquarium Dietzenbach) sowie ZZF-Präsident Klaus Oechsner brachte all diese Problempunkte zur Sprache, wobei keiner dem anderen den „schwarzen Peter“ zu. Deshalb waren die Vorschläge, die hier gemacht wurden konstruktiv. So kündigte Klaus Oechsner an, dass auf der nächsten Heim-Tier & Pflanze in Berlin eine noch größere Präsentationsfläche (ca. 300 – 400 qm) für Aquarienvor­stellungen genutzt werden könne. Gemeinsam mit der Industrie werde man mit verschiedenen Schaubecken die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich ziehen. Außerdem, auch das steht schon fest, wird die Aquarium Design Meis­terschaft von JBl mit verbessertem Konzept weiter fortgeführt. Herbert Nigl appellierte an Zoofachhändler, nicht nur die üblichen Standardfische ins Sortiment aufzunehmen, sondern auch Besonderheiten den Kunden zu bieten. Denn nur noch 20 Prozent seiner Kunden kommen direkt zu ihm, um die Fische persönlich auszusuchen, so dass Neuheiten, Neuzüchtungen und Spezialitäten gar nicht richtig wahrgenommen würden (die meisten bestellen über Telefon, Fax oder E-Mail). Mit seinem Nachzuchtprogramm forderte er Handel und Industrie auf, die Vielfalt im Angebot zu fördern und dies auch finanziell zu unterstützen. Viel vorgenommen hat sich der neue VDA-Präsident Dr. Stefan Hetz, der seit dem Jahr 2000 einen deutlichen Rückgang der Aquarienvereine und der Mitgliederzahlen verzeichnet. Er will stärker auf die Lehrer zugehen, damit sich diese im Unterricht oder in Projekten intensiv dem Thema Aquaristik widmen, denn er ist überzeugt, dass sich Schülerinnen und Schüler unter Anleitung für dieses Hobby auch weiterhin begeistern lassen. Wie wichtig gerade diese Anfangsunterstützung sei, unterstrichen auch die Handels- und Industrievertreter: Schließlich gäbe es ja immer wieder neue Käufer – und sei es ausgelöst durch Set-Aktionen bei Lidl – die sich an ein Aquarium wagten, nur fehle oft die richtige Hilfestellung, damit Neulinge bei einem Problem nicht sofort wieder ausstiegen. Auch Annette Burda kennt diese Kunden, die dennoch ein wichtiges Potenzial darstellen. Daher kann die Aquaristik nur eine erfolgreiche Zukunft haben, wenn alle Beteiligten sich gemeinsam für die Faszination Unterwasserwelt stark machen.

Überkommunizierte Gesellschaft

Dazu gehört auch – und das gilt nicht nur für die Aquaristik, sondern für den gesamten Fachhandel – die richtige Kundenansprache und Werbung zu finden, der zweite Schwerpunkt des Fachhandelsforums. „Wir haben zu viele Unternehmer, zu viele Waren, zu viele Geschäfte, zu viel Marken … und das einzelne Geschäft geht trotz all seiner Anstrengungen unter“, schien Michael Brandtner von Ries & Ries vielen Fachhändlern aus der Seele zu sprechen. Weil wir in einer überkommunizierten Gesellschaft leben, ist es wichtig, die eigene Idee auf den Punkt, sprich auf ein Wort zu bringen, das sich in den Köpfen der Kunden einbrennt, so wie „Pop Art“ für Andy Warhol oder „Change“ für Barack Obama steht. Für den Zoofachhandel heißt das, er muss etwas finden, was die anderen nicht haben und da der Trend im Handel zu Größe und Spezialisierung geht, sollte er versuchen, in seinem speziellen Bereich die Markt- und Qualitätsführerschaft zu erreichen. Getreu dem Motto „weniger ist mehr“. Doch dürfe er keine Wunder über Nacht erwarten, solche Umstellungen benötigen Geduld. Selbst Erfolgsmarken wie Red Bull oder Ryan Air haben klein angefangen bis sie zu ihrer heutigen Stärke gefunden haben.

Ganz ähnlich argumentierte Michael Krebs von der Werbeagentur und Unternehmensberatung Finest Concept. „Der Markt ist gesättigt, die Produkte austauschbar, daher muss der Zoofachhandel sein Angebot und die Kommunikation genau aufeinander abstimmen.“ Am Beispiel einer Aktion zwischen einem Autohaus und einem Zoofachgeschäft demonstrierte er, wie eine gelungene PR-Aktion zum Thema „Schöner Reisen mit Hund“ aussehen kann.

Dass Stephan Hoose, Inhaber des Tierfachmarktes in Hanau, solche Dinge schon seit Jahren beherzigt, beweist seine Werbe-Argumentation: „Wenn man in Hessen von Tierfachmarkt spricht, meint man den Tierfachmarkt Hanau“. Hoose ist Partner der Zooma, die ihm viel konzeptionelle und strategische Arbeit abnimmt. Kundenpflege, -ansprache und -werbung ist Chefsache und mit seiner Aqua-Terra-Messe, zu der im Schnitt 2.500 bis 3.500 Besucher kommen, zeigt er, dass er das richtige Gespür besitzt.

Wie wichtig eine Partnerschaft, eine Symbiose von Händler und Hersteller sei, unterstrich Heiko Blessin. Früher ist der Außendienst ein reiner Auftragsabholer gewesen, heute könne dieser viel mehr: Er sei quasi ein „Gratis-Unternehmensberater“, der Produkte erklärt, Retouren annimmt, Regale pflegt, den Händler mit Werbematerial versorgt, die Platzierung überprüft, der Ideen sammelt, Fragen beantwortet und noch vieles mehr. Sein Unternehmen sei ganz offen für neue Ideen, denn auch JBL profitiere ­davon. Inno­vationen sind zentral, das sieht er an ­Beispielen aus anderen Branchen: das Skateboard hat ausgedient – es lebe das Waveboard, der Roller ist out – das Kick­board in, die Landkarte alt – das Navigations­system modern.

Annette Burda arbeitet mit Treuekarte, Imagebroschüre, Radiowerbung, kleinen Aufmerksamkeiten, die den Kunden im wahrsten Sinne des Wortes den Aufenthalt im Geschäft versüßen, und ganz aktuell mit zwei Maskottchen, die Warenproben an Passanten verteilen. „Nicht alle Werbemaßnahmen waren ein Erfolg“, gab sie zu, doch in der Summe hätten sie sich aus­gezahlt.

Ganz konkret über die „Wirkung erfolgreicher Brief-Dialoge“ informierte Hans-Curt Kurz, Fachdozent Direktmarketing SVI für die deutsche Post. An mehreren Beispielen demonstrierte er, wie die menschliche Wahrnehmung arbeitet und konnte den Zuhörern damit konkrete Hilfsmittel für ihre Direktwerbung nennen. Hans-Günther Lemke präsentierte in seinem Workshop abschließend, wie „Mehr Umsatz mit guter Warenpräsentation im Zoofachhandel“ zu erreichen ist.

Quelle: ZZA  3/2010



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