Stoffwechselerkrankungen des Skelettsystems bei Reptilien

Zu den Krankheiten des Skelettsystems zählen die Rachitis beim jugendlichen Tier und Veränderungen, die sich erst später an einem anfänglich normal ausgebildeten Knochen entwickeln (Osteomalazie). Sowohl bei jungen als auch bei älteren Tieren kann zudem eine Osteodystrophia fibrosa entstehen. Die Symptome sind bei diesen Erkrankungen sehr ähnlich.

Die Einlagerung von Kalzium in den Knochen sorgt für Stabilität. Findet sie nicht statt oder wird das Kalzium wieder aus dem Knochen freigesetzt, wird der Knochen weich und biegsam. Vitamin D3 reguliert im Zusammenspiel mit den körpereigenen Hormonen Calcitonin und Parathyrin diese Einlagerung. Vereinfacht ausgedrückt: Calcitonin senkt den Kalziumgehalt des Blutes, indem es den Einbau von Kalzium in den Knochen und die Ausscheidung über die Niere fördert, wogegen der Gegenspieler Parathyrin den Kalziumgehalt im Blut erhöht, indem es den Abbau von Knochengewebe verstärkt. Die aktive Form des Vitamin D3, das 1,25-Dihydroxycholecalciferol, wird in der Niere gebildet und fördert die Kalziumresorption aus dem Darm in das Blut.

Rachitis

Die klassische Rachitis des jungen Reptils wird in der Regel dadurch ausgelöst, dass das Tier zu wenig Kalzium mit dem Futter erhält. Gleichzeitig sind die notwendigen Bedingungen zur Bildung des aktiven Vitamins D3 nicht gegeben oder dieses Vitamin wird nicht in ausreichendem Maße über das Futter gegeben. Die Vorstufe des später in der Niere vollständig ausgebildeten aktiven Vitamins D3 wird unter Einwirkung von UV-B-Strahlung gebildet. Dabei handelt es sich um UV-Strahlung mit einer Wellenlänge von 315 bis 280 nm. Dieses Licht ist kurzwelliger als das in vielen Tageslichtlampen vorhandene UV-A-Licht.

Osteomalazie

Ähnlich sieht es aus bei der Osteomalazie des erwachsenen Tieres. Hier wird ein ehemals gut ausgebildeter Knochen wieder abgebaut, das Kalzium also freigesetzt. Das geschieht unter anderem bei trächtigen eierlegenden Echsen, vor allem Chamäleons. Sie haben häufig Kalziummangel, da die Anbildung von Eischalen dem Weibchen viel Kalzium entzieht. Ein Kalziummangel führt nicht nur zu dünnen Knochen, sondern auch zu schlecht beschalten Eiern, Legenot und des öfteren zum Tod des Weibchens.

Osteodystrophia fibrosa

Die Osteodystrophia fibrosa wird in der Regel durch eine andauernde Fehlernährung mit Kalziummangel und Phosphorüberschuß hervorgerufen. Die Niere ist mit der hohen Phosphorausscheidung überfordert. Möglicherweise kommen noch andere Faktoren (z.B. eiweißreiche Ernährung bei Pflanzenfressern) hinzu, die den Anfall von phosphorhaltigen Abbauprodukten steigern. Der hohe Phosphorspiegel ruft eine vermehrte Sekretion von Parathyrin hervor, da dieses Hormon auch die Phosphorausscheidung reguliert. Gleichzeitig wird durch die Parathyrinwirkung auch Kalzium aus den Knochen freigesetzt. Die Synthese des aktiven Vitamins D3 in der Niere wird gestört, damit liegt eine verminderte Kalziumaufnahme aus dem Darm vor. So werden aus ehemals festen Knochen weiche Knochen. Der Körper versucht nun, durch Zubildung von faserigem Bindegewebe um den weichen Knochen herum trotzdem eine gewisse Stabilität zu erlangen. Deshalb nehmen die Knochen oft äußerlich sichtbar an Umfang zu. Durch die Beeinträchtigung der Nierenfunktion treten noch weitere Störungen auf: So kommt es zu Harnsäureablagerungen in der Niere und in weiteren Organen (Viszeralgicht).

Symptome

Betroffen sind von diesen Erkrankungen vor allem Echsen und auch Schildkröten. Zu den Symptomen gehört bei Echsen zunächst allgemeine Schwäche und die Unfähigkeit, in normaler Position aufrecht zu sitzen. Den Verdacht auf eine sich entwickelnde Knochenstoffwechselstörung lässt sich überprüfen, indem man versucht, vorsichtig die Unterkieferäste mit den Fingern zusammenzudrücken. Geben die Knochen leicht nach, liegt wahrscheinlich eine Stoffwechselstörung vor.

In vielen Fällen kann man verdickte Knochen in den Gliedmaßen ertasten; die Tiere scheinen richtig pralle Beine zu haben. Typisch ist die beidseitige symmetrische Verdickung der Unterkieferknochen vor allem bei Grünen Leguanen.

Plötzlich auftretende Lahmheiten können darin begründet sein, dass die instabilen Knochen beim kleinsten Anlass in sich zusammenbrechen – es liegen sogenannte pathologische Frakturen vor. Nicht selten sind von diesen Knochenbrüchen gleich mehrere Gliedmaßen betroffen.

Bei Schildkröten ist der Panzer weich und oft höckerig ausgebildet. Jungtiere sind häufig zu groß für ihr Alter, da sie durch eine zu eiweiß- und energiereiche Fütterung zu schnell gewachsen sind. Ein Hochstemmen des Panzers beim Laufen ist meist nicht mehr möglich, der Panzer wird abgesenkt oder hinterhergeschleppt.

Behandlung und Prophylaxe

Grundsätzlich müssen bei Knochenveränderungen die Ernährung und die Beleuchtung im Terrarium kontrolliert werden. Ist der richtige UV-Anteil im Spektrum enthalten, wie alt ist die Röhre? Bei gleichbleibender Helligkeit lässt die UV-Strahlung nämlich bereits nach einem halben Jahr deutlich nach. Die handelsüblichen Reptilienröhren mit fünf Prozent UV-B-Anteil sind, wenn dieser Umstand beachtet wird, als Dauerbeleuchtung gut geeignet. Die sehr starke Osram-Ultravitalux kann ebenfalls gut verwendet werden, darf aber aufgrund ihrer Stärke nicht als Dauerbeleuchtung zum Einsatz kommen. Zwei bis vier Mal pro Woche können Echsen und Schildkröten in einem Abstand von etwa einem Meter etwa 20 Minuten bestrahlt werden. Daran müssen die Tiere langsam gewöhnt werden.

Bei der Ernährung muss auf eine ausreichende Kalziumversorgung geachtet werden, besonders bei trächtigen Reptilien. Für fleischfressende Reptilien, die auch Mäusebabys oder Mäuse nehmen, gilt dies nicht, aber bei Pflanzen- und Insektenfressern muss ein Kalziumdefizit ausgeglichen werden. Das kann durch Zufütterung von Sepiaschale, auch gerieben, Schale von hartgekochten Eiern, Vogelpicksteinen (evtl. Protein/Salzgehalt beachten) oder verschiedenen im Zoofachhandel angebotenen Kalziumpräparaten geschehen. Insekten weisen ein schlechtes Kalzium-Phosphatverhältnis mit hohem Phosphatüberschuss auf und sollten deshalb vor der Verfütterung mit Kalziumpräparaten eingepudert werden. Für Pflanzenfresser ist auch die Fütterung mit Eisbergsalat nicht ausreichend. Eisbergsalat enthält im Gegensatz zu Wildkräutern oder Endiviensalat kaum Kalzium. Pflanzenfresser sollten daher so abwechslungsreich wie möglich gefüttert und unterstützend mit Kalzium versorgt werden.

Wenn ein Tier akut geschwächt ist, sollte es ein- oder mehrmals Kalziumlösung per Injektion erhalten. Gut verträgliche sterile Kalzium-Injektionslösungen wie Ca-Boroglukonat können unter die Haut injiziert werden. Der Tierarzt sollte das Mittel dosieren und erstmalig anwenden, weitere Behandlungen können unter Anleitung auch vom Zoofachhändler oder Besitzer durchgeführt werden.

Einen vermuteten Knochenbruch als Folge von Stoffwechselstörungen klärt am besten der Tierarzt ab. Die chirurgische Therapie ist wegen der dünnen Knochenstruktur nicht möglich. Ob im jeweiligen Fall eine konservative Therapie mit Schiene und Verband, die die instabilen Knochen zusätzlich belastet, oder eher eine Ruhigstellung durch Bewegungseinschränkung geeignet ist, muss abgewogen werden.

Bemerkung

Die Gabe von zusätzlichem Vitamin D3 sollte, falls überhaupt notwendig, nur kontrolliert vom Tierarzt erfolgen. Vor allem bei den fettlöslichen Vitaminen wie beispielsweise Vitamin D3 und Vitamin A kann es schnell zu Hypervitaminosen mit fatalen Folgen kommen.

Kalzium ist nicht nur für den Knochenstoffwechsel, sondern auch für die Muskelfunktion wichtig. Eine Unterversorgung kann deshalb auch zu Muskelzittern und Krämpfen oder zur Legenot führen.

Quelle: ZZA /5/2010


 


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