Aufatmen im Harz: “Knöllchen-Horst” hat ausgepetzt

Schon Friedrich Schiller ließ seine Lady Milford in “Kabale und Liebe” erkennen: “Seligkeit zerstören ist auch Seligkeit”. Auf einen besseren Nenner lässt sich kaum bringen, was sich seit Jahren im Harz abspielt. Dem Treiben hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg aber nun ein Ende gesetzt. Und so muss sich der als “Knöllchen-Horst” berühmt-berüchtigte Horst-Werner Nilges ab sofort gefallen lassen, offiziell als Denunziant bezeichnet zu werden. Der streitbare Frühpensionär, der im Landkreis Osterode jahrelang Falschparker anzeigte, hat es nun amtlich: Das Gericht bescheinigte ihm eine “denunziatorische Tätigkeit”. Den “Klodeckel des Tages” gibt´s für ihn obendrein. Dies ist hoffentlich der Schlusspunkt eines beispiellosen Feldzuges, in dessen Verlauf der Endfünfziger in einer seit nahezu zehn Jahren andauernden Anzeigenorgie die unvorstellbare Zahl von 20.000 “Knöllchen” verteilt hat. Dabei war der renitente Rentner nicht zimperlich: Selbst einen Rettungshubschrauber, der zur Bergung der Opfer eines Verkehrsunfalls seiner Auffassung nach 14 Minuten lang “behindernd im eingeschränkten Halteverbot” parkte, meldete Nilges unverzüglich den polizeilichen Behörden. Natürlich muss einem der Mann irgendwie leidtun, denn er scheint schwerwiegendere Probleme zu haben als falsch geparkte Hubschrauber. Man stellt sich jedoch zugleich die Frage, warum der Dauerpetzerei des wohl unbeliebtesten Harzers erst nach so vielen Jahren ein Riegel vorgeschoben wurde. Und wenngleich wir es hier mit einem ganz besonders besorgniserregenden Fall zu tun haben, steht Nilges doch auch ein bisschen für viele Deutsche, denen das Denunziantentum regelrecht im Blut zu liegen scheint. Vor allem in den letzten achtzig Jahren wurde das Fingerzeigen, Verpetzen und Anschwärzen hierzulande mit großem Eifer gepflegt, egal, ob die Denunziation den eigenen Vorteil – im Zweifel das Überleben – sichern sollte, oder einfach nur dem vorauseilendem Gehorsam entsprang. Angst um Leib und Leben muss heute in Deutschland gottlob niemand mehr haben, doch lässt sich immer wieder beobachten, welch diebische Freude das “Hobby” Anzeigen vielen Mitbürgern offenbar bereitet. Die ausgeprägte Neidkultur in unserem Land ist hierfür der fruchtbare Nährboden. Mal geht es darum, dem Nachbarn eins auszuwischen, mal soll der Chef die Rache des “kleinen Mannes” spüren und grundsätzlich möchte man sowieso alle Gutverdiener steuerlich bluten sehen. In einem Land, in dem jene, die etwas erreicht haben, keine Anerkennung ernten, sondern Neid und Begehrlichkeiten wecken wie sonst nirgends auf der Welt, finden sich immer genug Claqueure des Denunziantentums – auch in den Medien. Dabei gelten die hohen Maßstäbe zwar stets für die anderen, aber selten für die Denunzianten selbst. Und so zog auch Frührentner Nilges 2010 vor Gericht, weil er ein “Knöllchen” für zu schnelles Fahren nicht bezahlen wollte. Nun atmet eine ganze Region auf. Hoffentlich haben alle Petzen gut aufgepasst…

Lesen Sie hierzu auch: “Gericht: Knöllchen-Horst ist Denunziant” (RP ONLINE, 25.09.2013)


Tagged: Denunziantentum, Falschparken, Harz, Knöllchen-Horst, Neidkultur

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