Dreyers stümperhafter Brief: Dilettantismus oder Volksnähe?

Manchmal ist es einfach zu schön, der Welt beim Dilettieren zuzuschauen. Nicht, dass man selbst perfekt wäre, aber ein gewisses Maß an Schadenfreude soll ja gesund sein. Zumindest für den, der sich freut. Die heutige “Klodeckel”-Trägerin sieht das sicher momentan etwas anders, muss aber mit dem Spott für die offensichtliche Rechtschreibschwäche ihres Büros leben. Malu Dreyer, die über die Grenzen des schönen Bundeslandes Rheinland-Pfalz hinaus nicht wirklich viele Menschen kennen, ist immerhin Ministerpräsidentin. Sie hat den Posten sozusagen geerbt von ihrem amtsmüden und krisengebeutelten Vorgänger Kurt Beck. Auch der hat den “Klodeckel” schon mal bekommen, allerdings für die weit schwerwiegendere Verfehlung der Nürburgring-Pleite mit Ansage. Als Ministerpräsidentin sollte man über einen Bürobetrieb verfügen, auf den man sich im sprichwörtlichen Sinne blind verlassen kann. Nicht nur, soweit es die Terminführung und den Empfang von Besuchern betrifft, sondern auch, was die Grundrechenarten und das Beherrschen der Orthografie angeht. Dass selbst erstklassige Deutschkenntnisse niemanden vor Schreibfehlern bewahren, ist klar. Wenn aber ein relativ kurz gefasster Brief acht haarsträubende Fehler in nur sechs mittelschweren Sätzen enthält, kommt man ins Grübeln. Und wenn ein solcher Stümpertext dann auch noch in hochoffizieller Mission an die Bundeskanzlerin ergeht, wird es geradezu peinlich. Natürlich hat nicht Frau Dreyer den Brief geschrieben, sondern eine ihrer Bürokräfte. Doch war ich zu lange selbst Büroleiter eines Verbandspräsidenten, um glauben zu können, dass ein derart mangelhaftes Schriftstück jemals den Weg in die Post finden könnte, ohne vom Unterzeichner wenigstens noch einmal überflogen worden zu sein. Und hier muss sich die Frau Ministerpräsidentin leider sagen lassen, dass es nicht für sie spricht, die vergessenen Wortendungen und ausgelassenen Silben allesamt überlesen zu haben. Das bemerkenswert falsch gesetzte Komma möchte man da fast noch verzeihen. Nach einer Fülle von Neuregelungen kann sich heute wohl niemand mehr anmaßen, wirklich sattelfest in der deutschen Rechtschreibung zu sein. Zuviel Willkür und Unfug ist an die Stelle jahrzehntelang gültiger Schreibgewohnheiten getreten. Manches, was früher einfach nur falsch war, darf heute als richtig gelten, weil Millionen Deutsche es so lange falsch geschrieben hatten, bis die Kultusminister es aufgaben, die korrekte Schreibweise weiterhin einzufordern. Doch das entlastet die Mitarbeiter der Staatskanzlei und ihre Chefin nicht – die befremdlichen Schreibfehler waren bereits vor der Rechtschreibreform welche und sind es immer noch. Dass der Brief am Ende bei der Presse landete, ist natürlich nicht schön, aber irgendwie doch verdient. Und vielleicht trägt die Veröffentlichung ja ein bisschen dazu bei, die seit Jahren auf dem Rückzug befindlichen, weil dem Mainstream der Allesversteher geopferten Mahner zu stärken, die es für wichtig halten, die deutsche Sprache nicht vollends vor die Hunde gehen zu lassen. Vielleicht ist aber auch alles gar nicht so schlimm, weil sich Frau Dreyer und ihr Team in ihrem zur Schau gestellten Dilettantismus einfach nur volksnah geben. Denn Perfektion kommt hierzulande nicht gut an – sie erscheint in einer Gesellschaft der Mittelmäßigkeit leicht als Arroganz…

Hierzu auch: “Dreyer schickt Merkel Brief mit Rechtschreibfehlern” (RP ONLINE, 02.10.2013)


Tagged: Beck, Dilettantismus, Dreyer, Rechtschreibschwäche, Rheinland-Pfalz

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