Auf Messers Schneide

60 Minuten und 58 Sekunden lang dauerten die Hoffnungen aller Öscher an, der erste Saisonsieg könne gelingen. Doch mit dem Schlusspfiff flog das Leder ins Netz und nun fragen sich alle: warum wir?

Die Länderspielpause war turbulenter, als erhofft. Medial betrachtet. Die Gerüchte um unsere drohende Insolvenz verstärkten sich, weil Aufsichtsratvorsitzender Meino Heyen mit den Worten »Die Lage ist nicht dramatisch. Wenn die Rahmenbedingungen so bleiben, ist es fraglich, ob wir die Lizenz für die neue Saison bekommen. Die Annuitäten erdrücken uns.« Öl ins flammende Herz der Alemannen goß. Mediales Ränkespiel hin und her, wir wissen alle davon. Sie brauchen es uns nicht Schwarz auf Weiß zu verabreichen wie ein zu groß geratenes Zäpfchen. Alemannias aktuelle Schattenregierung und die Spieler auf dem Platz werden nämlich nicht groß betroffen sein, wenn es dem Verein zu eng unterm Damoklesschwert wird. Aber es ist natürlich unheimlich anstrengend, nach neuen Vereinen zu suchen, Senores Spieler…

Ach, diese Angelegenheit nervt mich einfach und verdrängt meinen nahezu gleich großen Ärger über das vergangene Spiel gegen Dynamo Dresden. Mit drei Änderungen, aber gleichem System wie beim 1:3 gegen den FSV Frankfurt, versuchte Friedhelm Funkel unsere Misere zu verbessern. Denn bis auf Ingolstadt haben alle anderen Abstiegskandidaten gepunktet! Vor dem Spiel standen wir vier Punkte vom wackligen Relegationsufer und fünf vom festen Stand in Liga 2 entfernt.
Bemerkenswert bei den Änderungen war vor allem eine Personalie: Aimen Demai. Als zweiter Sechser neben Bas Sibum (der übrigens im nächsten Spiel gegen den FC Ingolstadt wegen der fünften gelben Karte fehlt) sollte er das Spiel stabilisieren. Dies klappte eigentlich auch, vor allem wenn man bedenkt, dass unser eigentlicher Leistungseinbruch erst durch seine Auswechslung in der 75.Minute kam. Und über seine Eier beim Elfmeter brauchen wir nicht zu reden.
Nebenbei feierte Kim Falkenberg endlich sein Saisondebüt auf der rechten Abwehrseite und machte seine Sache gut – wenn nicht der nachlässige Zweikampf direkt vorm Tor gewesen wäre. Und Speddy Gonzales war wieder mit von der Partie. Doch so richtig gezündet…hmm…hat er diesmal nicht unbedingt.

Es ist unglaublich frustrierend zu sehen, wie man sich die Erfolge mit dem eigenen Arsch wieder abreißt. Zwar hat uns Benjamin Auer scheinbar zum Sieg geflirtet (kleiner Twittergag), aber beim unsäglichen Gegentor durch Pavel Fort in allerletzter Sekunde haben mal wieder mehrere Faktoren gar nicht zueinander gepasst. Reinhold Yabo, den man schon für zwei kläglich vergebene Torchancen steinigen sollte, kriegt das Leder nicht aus dem Stadion. David Hohs, der wieder den verletzten Waterman ersetzte, klebte bei der Flanke auf der Linie wie meine Katze an einer offenen Multivitaminpaste-Packung. Und Falkenbergs unsägliche Rolle habe ich schon dargelegt.

An und für sich war das Spiel besser als die beiden anderen Funkel-Auftritte. Doch es fehlen die Punkte. Wir haben nun derer fünf, allesamt durch Unentschieden erzielt. Uns fehlen mindestens noch 30 Punkte, um den Relegationsplatz zu erreichen. Aber gegen wen soll man die Punkte holen? Und wie? Die Mannschaft verstolpert die besten Gelegenheiten und lässt dann die einfachsten Dinger hinten zu. Unsere Existenz liegt auf Messers Schneide, sportlich und finanziell. Und sie ist geschliffen scharf.


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