Auf der Wochenstation mit dem Großen im März 2011

Ich hatte ja im Geburtsbericht des Großen schon angedeutet, dass die Krankenhaus- und Wochenbettzeit mit ihm die als traumatisch empfundene Geburt am Sonntag, 6. März 2011 noch übertraf. Ich wurde nach einem Kreislaufzusammenbruch noch im Kreißsaal dann gegen 20 Uhr auf die Wochenstation geschoben und kam statt ins bestellte Familienzimmer in ein Zwei-Bett-Zimmer mit einer fremden Frau und ihrem Baby. Mein Mann musste kurz danach allein nach Hause fahren, statt die erste Nacht mit seiner kleinen Familie zu verbringen. Es war alles anders geplant und trug so nicht zur Beruhigung der ganzen mich völlig durcheinanderbringenden Situation bei. Ehrlich gesagt wäre es mir am liebsten gewesen, wenn die Schwestern mein Baby ins Säuglingszimmer mitgenommen hätten. Ich wollte eigentlich nur meine Ruhe, mich erholen und zu mir kommen.
Nach der unruhigen ersten Nacht (siehe Geburtsbericht) kam mein Mann am nächsten Morgen (Montag) wieder. Mein Kreislauf war immer noch am Boden und ich war wahnsinnig schwach. Da ich nicht aufstehen konnte, hatten die Schwestern mich mit Frühstück versorgt. Ich merkte schon, dass ich mich kaum bewegen konnte, der gesamte Schulter-Nacken-Kopfbereich schmerzte entsetzlich und ich konnte den Kopf nicht drehen. Ich hatte mich in der Nacht beim ungewohnten Stillen im Liegen total verspannt und kaum gewagt, mich neben dem Baby zu bewegen. Bei der Visite schilderte ich meine Schmerzen und brach in Tränen aus. Daraufhin wurde festgestellt, dass ich noch einen dünnen Schlauch von der PDA im Rücken hatte, was ich selbst nicht gemerkt hatte. Man wird ja nach der Geburt nicht mehr untersucht! Ich sollte dann Voltaren-Tabletten nehmen, die aber keine merkliche Verbesserung brachten. Daneben "durfte" ich noch Eisentabletten schlucken, da mein Eisenwert viel zu niedrig war (und sich sehr lange nicht mehr erholte). Ich fühlte mich so ausgelaugt wie noch nie in meinem ganzen Leben. Und völlig durcheinander.
Gegen Mittag konnten wir dann endlich unser Familienzimmer beziehen. Wir atmeten auf und fühlten uns erstmal etwas wohler in unserem eigenen Reich. Da mein Mann nun greifbar war, wurde er von den Schwestern in die Babypflege, das Wickeln und Baden eingeweiht. So kam es, dass ich kein Mekonium meines Babys gesehen habe, weil die ersten Tage nur mein Mann gewickelt hat. Auch zu den Untersuchungen des Babys ging er mit. Ich konnte kaum aufstehen und fühlte mich hundselend. Die Schulter-Nacken-Kopfschmerzen kamen anfallsartig; in den schlimmsten Phasen war ich wie gelähmt und konnte mich nicht bewegen. Ich saß die meiste Zeit halb aufrecht im Bett, da ich nicht im Liegen stillen konnte, und hatte mein Baby auf Kissen an oder auf mir, da er beim Stillen immer kurz einschlummerte, dann etwas schlief, wieder nuckelte, wieder schlief usw. Er hatte aber auch schon Schreiphasen, wo mein Mann ihn dann viel herumtrug. Er ließ sich von Anfang an so gut wie nicht ablegen und ich habe keine Erinnerung daran, dass ich jemals mein friedlich schlummerndes Baby im Bettchen glücklich betrachtet hätte, so wie man es sich eben vorgestellt hat. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass er mal eine nennenswert längere Zeit am Stück geschlafen hat.
Ständig kam jemand herein, bedingt durch meine schlechte Verfassung noch häufiger als normal, so dass wir überhaupt nicht zur Ruhe kamen. Noch mehrfach musste ich in den nächsten Tagen an den Tropf, da der Kreislauf immer wieder absackte. Die Schmerzen wurden nicht besser, die Ärzte waren ratlos und ordneten Untersuchungen in den verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses an. Am Dienstag wurde eine Echokardiografie (Herzultraschall) gemacht, die keine Auffälligkeiten erbrachte. Am Mittwoch wurde ich zum CT geschoben und das Unheil nahm seinen Lauf. Ich bekam eine Kontrastflüssigkeit gespritzt und frage extra noch nach, ob ich dann problemlos weiter stillen könne. Bei frischentbundenen Müttern sollte es eigentlich selbstverständlich sein, ein stillkompatibles Kontrastmittel zu verwenden. Ich verließ mich auf die erhaltene Bestätigung - und fiel aus allen Wolken, als ich später erfuhr, dass dem leider nicht so gewesen sei und ich nun 48 Stunden nicht stillen dürfe, sondern abpumpen, die Milch wegschütten und mein Baby mit einer Spritze mit Prenahrung füttern müsse. Damit brach die Welt für mich endgültig zusammen, und ich beklagte mich bitter bei den Schwestern. Der Gebrauch einer Milchpumpe wurde mir gezeigt, mein Mann musste das Füttern mit der Spritze lernen, es war alles zuviel für uns. Wir waren beide total verzweifelt und am Ende. Nach diesen Tagen des Abpumpens und Wegschüttens meiner Muttermilch zog ich diese entwürdigende Prozedur übrigens nie wieder in Betracht.
Da mein Baby nun nicht mehr nuckeln durfte, wurde er noch unruhiger und quengeliger. Er schrie viel und war nie zufrieden. Man konnte ihn nicht ablegen oder umbetten. Wir wussten nicht, was wir mit ihm noch machen sollten, bekamen auch keine Hilfestellung. An diesem Mittwoch, als ich ab dem Nachmittag abpumpen musste, untersuchte mich auch noch eine Neurologin und ich bekam eine Akupunkturbehandlung. Beides ergebnislos. Eine Massage und eine Taping-Behandlung am Donnerstag blieben ebenfalls ohne Wirkung. Meine Schmerzen wurden als Nachwirkung der PDA deklariert und sollten eigentlich mit Schmerztabletten verschwinden. Das war aber nicht der Fall. Ich selbst glaube ja, dass das schon auch mit hineinspielte, aber dass ich vielmehr in dieser komplett neuen Lebenssituation so überfordert war und verkrampfte, dass mein Körper sich verweigerte. Durch das ungewohnte Stillen verspannte sich alles noch mehr. Es dauerte Wochen, nein Monate, bis die Schmerzen nachließen. Aber selbst jetzt, 4 Jahre danach, spüre ich in manchen Situationen genau die Stelle, wo damals der größte Schmerzpunkt war.
Außerdem hatte ich spätestens ab dem Milcheinschuss unglaublichen Hunger und bekam nicht genug zu essen. Mein Mann holte das Essen aus dem Speiseraum, aber es reichte mir nie und machte nicht satt. Vor allem das Mittagessen war dürftig. Das unglaubliche Hungergefühl, welches mich durch die gesamte Stillzeit hindurch begleitete, setzte da schon ein. Darauf war ich völlig unvorbereitet und mein Mann war genervt, weil ich immer unzufrieden war. Auch die Unruhe durch das ständige Kommen und Gehen war wirklich grauenhaft. Ich dagegen verließ in den ganzen Tagen unser Zimmer nicht und schaffte es mit Ach und Krach auf die Toilette. Am Mittwoch rief mein Mann meine Eltern an, schilderte, wie schlecht es uns ging und bat um ihre Hilfe, sobald wir die Klinik verlassen hätten. Ihm ging es übrigens auch schlecht, er hatte die ganzen Tage fürchterliche Migräne und ich denke, das war auch eine Reaktion auf die drastische Umstellung, die so gar nicht dem entsprach, was wir erwartet hatten.
Ich durfte also 48 h nicht stillen. Da die Nächte eh schon sehr unruhig gewesen waren und wir völlig übermüdet und kaputt waren, setzte ich mich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag mit dem Baby ins Stillzimmer, damit wenigstens mein Mann ein wenig schlafen konnte. Ich konnte den Kleinen nur mit dem Finger beruhigen, einen Schnuller nahm er nicht und an die Brust durfte er ja nicht. Es war grauenhaft, die Stunden schlichen zäh dahin und ich war kurz vor'm Umkippen. Eine Schwester kam mehrfach herein, fragte aber nicht, ob sie irgendwie helfen könne. Ich fühlte mich mutterseelenallein. Um 4 Uhr morgens konnte ich nicht mehr und wechselte für den Rest der Nacht wieder mit ihm ins Bett. Die frühen Morgenstunden waren sowieso noch lange Zeit unruhig mit ihm und an Schlaf kaum zu denken.
Am Donnerstag, als ich noch einige Behandlungen hatte, entschieden wir trotz meiner schlechten Verfassung, dass wir am Freitag nach Hause gehen würden. Schlimmer konnte es schließlich dort nicht werden. Den ganzen Donnerstag nachmittag quälten wir uns mit der Überlegung, unseren Kleinen aus Verzweiflung über Nacht ins Säuglingszimmer zu geben, um wenigstens etwas Kraft zu tanken. Da ich eh nicht stillen durfte, konnten ihn genauso gut die Schwestern füttern. Anfangs trauten wir uns gar nicht, diesen Gedanken voreinander auszusprechen. Je mehr wir aber darüber nachdachten, dass dies für eine sehr lange Zeit die einzige und letzte Gelegenheit wäre, mal zu etwas Schlaf zu kommen, umso notwendiger fanden wir es. Wir quälten uns stundenlang mit Rabeneltern-Vorwürfen, bis wir am Abend endlich den Mut fanden, einer netten Schwester unsere völlige Erschöpfung zu schildern und sie zu bitten, unser Baby über Nacht ins Säuglingszimmer mitzunehmen. Sie verurteilte uns auch nicht, sondern verstand uns total und nahm ihn wenig später mit. Eine andere Schwester hatte wohl schon zu ihr gesagt, dass wir ja total fertig aussehen würden. Uns fiel ein Stein vom Herzen. Es war so erleichternd, ohne diese Verantwortung zu sein. Allerdings habe ich bis heute Gewissensbisse wegen dieser Verzweiflungsentscheidung und möchte nicht wissen, wie es ihm dort ging. Als ich hörte, dass meine Schwägerin ihr Baby die ersten beiden Nächte trotz Stillens und ohne Skrupel ins Säuglingszimmer gegeben hatte, war ich schon ziemlich empört. Wir schliefen jedenfalls wunderbar, erholten uns etwas und frühstückten am nächsten Morgen in Ruhe. Dann wurde unser Sohn wieder gebracht, und der ganze Kreislauf der Unruhe, des Geschreis, des Herumtragens, Wiegens, Nicht-Beruhigen-Könnens und Überfordert-Seins begann erneut.
Am Freitag, 11. März 2011, fand dann vormittags die U2 des Großen sowie meine Abschlussuntersuchung statt. Im Mutterpass ist bei "Wochenbett normal" ein "Nein" angekreuzt. Man war weiterhin ratlos wegen meiner Schmerzen, entließ mich aber trotzdem zu 15 Uhr. Ab ca. 16 Uhr durfte ich auch wieder stillen, die 48 h Zwangsstillpause waren vorbei. Ich zog mich in Zeitlupe an und packte alles zusammen. Während mein Mann das Auto holte, machte ich unser bis dahin sehr unruhiges Baby fertig und war völlig perplex, weil er einfach einschlief, als ich ihn in den Fußsack seiner Babyschale einkuschelte. Wir verließen die Klinik mit einem schlafenden (!) Kind und fuhren mit dem Auto nach Hause. Es war eine ganz frustrierende Situation, dass sich die Welt und das Leben für uns so verändert hatten und wir nicht wie erwartet mit großen Glückshormonen, sondern schon am Rand unserer Kräfte und Nerven wieder in unsere Wohnung kamen. Zuhause angekommen, stellten wir die Babyschale ins Wohnzimmer, machten uns einen Kaffee und setzten uns auf's Sofa. Der Kleine schlief zum ersten (und letzten) Mal ganze 3 h am Stück in der Babyschale (siehe Foto). Es war ein Wunder und absolut paradiesisch für uns und wir dachten tatsächlich, jetzt wird alles gut. Wie sehr wir uns doch täuschten!
Als er wieder wach war, versuchte ich gleich, ihn anzulegen und wieder zum Stillen zu bewegen. Er schien allerdings nicht mehr so richtig zu wissen, wie es ging. Ich bemühte mich ausdauernd und versuchte es immer wieder. Ich wollte unbedingt stillen! Es dauerte 24 h, bis er es wieder konnte. Bis dahin fütterten wir noch kleine Mengen Pre-Milch mit der mitgebrachten Spritze zu, da er sonst zu wenig Nahrung bekommen hätte. Ich war heilfroh, als er das Saugen wieder beherrschte, und habe bis dahin wirklich gezittert. Seitdem lehnte er jegliche Ersatzmilch ab, so dass das Füttern mit einer Flasche nie funktionierte. Aber wir konnten wieder stillen!
Wenn wir an die Zeit im Krankenhaus nach der Geburt des Großen zurück denken, läuft uns heute noch ein Schauer des Grauens über den Rücken. Es ging uns sowohl körperlich als auch mental hundselend. Unser Baby war eines der Sorte, für die man Hilfe, Anleitung und Unterstützung gebraucht hätte. Durch die Anwesenheit meines Mannes im Familienzimmer fühlte sich wahrscheinlich keiner bemüßigt, uns zu helfen, sondern alle meinten, zu zweit müsse man das doch schaffen. Die durch Unfähigkeit von Ärzten oder Arzthelfern erzwungene Stillpause war das denkbar Schlechteste, was mir und dem Großen passieren konnte. Wir verließen die Wochenstation als völlig erschöpfte, überforderte und unglückliche Neueltern mit der großen Hoffnung, dass sich zuhause alles normalisieren würde. Die Hoffnung wurde leider enttäuscht. Dazu in einem späteren Text mehr. Für einen versöhnlichen Ausklang kann ich jetzt schon andeuten, dass im krassen Kontrast zu dieser Erfahrung die Krankenhaustage nach der Geburt der Kleinen eine wunderschöne, entspannte und erholsame Zeit waren, die ich sehr genossen habe, so wie es eigentlich sein soll. Doch auch dazu ein andermal mehr.
Auf der Wochenstation mit dem Großen im März 2011 (c) Frühlingskindermama

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