Attachment Parenting oder: wie ich plötzlich einen Namen zu meiner Erziehung fand

Erziehung ist ein Wort, dass ich oft mit Strenge und strikten Regeln verbinde. Häufig muss ich bei diesem Wort auch an unseren Hund denken, denn ohne Regeln tanzt einem der Hund auf der Nase herum. Jack hat klare Regeln und „Kommandos“, weiß was bestimmte Handzeichen bedeuten und doch habe ich nach seinem Einzug Dinge erlaubt, die ich vorher abgelehnt habe. Ich wollte nie, dass unser Hund auf dem Sofa liegen darf. Jetzt zog aber dieser Hund ein, der ein „gebrauchter Hund“ war und bei unseren Vorgängern durfte er auf dem Sofa schlafen (und noch vielen Quatsch mehr, aber da konnten wir zum Glück noch gegensteuern). Zu Beginn versuchte ich ihm das noch abzutrainieren, aber mit der Zeit stellte ich fest, dass es für unsere Familie einfach viel schöner ist, wenn er bei uns ist. Er wollte unsere Nähe und Wärme spüren, gerade am Anfang als er noch neu war. Heute hat er oft gar nicht mehr so ein großes Interesse am Sofa, vor allem wenn Robert und ich darauf sitzen. Er ist selbständiger geworden, kann viel besser alleine sein und sucht sich einfach ein ruhiges Plätzchen.

Warum erzähle ich von unserem Hund, wenn es um Lauras Erziehung geht?

Klingt es in deinen Ohren ein wenig verrückt, wenn ich von Jack rede aber eigentlich auf Lauras Erziehung hinaus will? Ist es auch ein Stück weit, aber vielleicht erklärt es auch, warum ich Dinge tue wie ich sie tue. Schon wenige Tage nachdem wir das Krankenhaus mit diesem Mini-Menschen verlassen hatten entwickelte ich einen tiefen Instinkt. Nicht immer konnte mir dieser Instinkt klar sagen, was die kleine Maus wollte. Aber ich lernte schnell ihr Handeln und Weinen zu deuten. Wir hatten nicht nur eine holprige Geburt, sondern auch einen holprigen Start zu Hause, denn das Stillen wollte nicht fruchten und Bauchschmerzen taten ihr Übriges. Unsere Hebamme gab sich größte Mühe uns zu helfen, sie zeigte Alternativen auf, gab uns Tipps und half mir immer wieder beim Stillen. Laura kam nur selten zur Ruhe, ich verzweifelte und zweifelte oft, aber ich gab nicht auf. Die Hebamme gab mir irgendwann den Tipp Laura in ein eigenes Bett zu legen, damit wir alle mehr zur Ruhe kommen könnten. Noch bevor sie den Satz beendet hatte wusste ich, dass ich diesem Ratschlag nicht folgen werde. Mein Instinkt sagte mir, dass diese Möglichkeit keine Lösung für unsere Familie ist. 

Attachmentparenting-erziehung-blog

Bedürfnisse erkennen und die Erziehung anpassen

Lauras größtes Bedürfnis war es Nähe zu spüren. Nähe bedeutete für sie Sicherheit, Liebe und Geborgenheit. Wichtige Grundbedürfnisse eines Neugeborenen, wenn nicht sogar die wichtigsten neben Nahrung. Genau aus diesem Grund haben wir auch nach wie vor ein Familienbett. Laura schläft in ihrem Beistellbett und wenn sie nachts gar nicht mehr zur Ruhe kommt, hole ich sie auch hin und wieder direkt in unser Bett. Dort schläft sie fast immer wieder ein, schläft ruhiger und länger. Der ein oder andere rollt jetzt bestimmt mit den Augen und nicht selten durfte ich mir Sätze anhören wie: „Na, da habt ihr ja was Tolles angefangen. Die wird auch mit 3 noch in eurem Bett schlafen. Herzlichen Glückwunsch.“

Ich persönlich kann mit solchen Aussagen nur sehr wenig anfangen, denn ich finde sie kleingeistig und sie unterstellen, dass mein Baby berechnend handelt, obwohl es nur versucht seine Grundbedürfnisse zu befriedigen.

Laura soll in einer für sie sicheren und geborgenen Umgebung aufwachsen, liebevoll und vor allem soll sie sich nicht unsere Aufmerksamkeit und Liebe „erarbeiten“ müssen – egal ob durch das Schreien nach unserer Nähe, wenn sie alleine im Bett einschlafen muss oder später, wenn sie größer ist, durch „perfektes Funktionieren“. 

Verunsicherung – mache ich es richtig, wenn ich mich nur an ihren Bedürfnissen orientiere? 

Durch Bemerkungen, rollende Augen oder das Beobachten anderer Familien wird man als Neumama doch irgendwann ganz schön verunsichert! Verwöhne ich sie, weil ich nach ihren Bedürfnissen handele? Erziehe ich mir einen „Tyrannen“ und ich bin ihre „Sklavin“?

Immer öfter habe ich darüber nachgedacht, war sogar kurz davor mir einen Erziehungsratgeber zu kaufen, denn „irgendwann muss es ja mal mit dem Schlafen besser werden“. 

Das Ergebnis: in unserem Haushalt gibt es immer noch kein Buch über Erziehung und das ist auch genau richtig so! Auf diversen Blogs habe ich in letzter Zeit Beiträge zum Thema „Attachment Parenting“ gelesen und zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass es zu meiner Erziehung sogar einen Namen gibt! 

Was heißt Attachment Parenting?

Attachment Parenting baut auf den 7 Baby-B’s auf: 

Birth Bonding 
Breastfeeding (bedürfnisorientiertes Stillen)
Babywearing (Tragen des Babys am Körper)
Bedding close to baby 
Belief in the language value of your baby’s cry (Beachtung der Signale des Babys)
Beware of baby trainers (Verzicht auf Schlaftrainer)
Balance and boundaries 

Laut William Sears, welcher Vertreter dieser Lehre ist, ensteht beim Attachment Parenting eine Mutter/Eltern-Kind-Bindung, die ihre Grundlage in einem harmonischen Miteinander hat, aufgebaut auf den Bedürfnissen von Eltern und Kind sowie einer instinktgeleiteten Erziehung

Kannst du dir vorstellen, wie erleichtert ich war, als ich mehr über AP erfuhr? Ich machte doch nicht alles falsch, sondern für uns als Familie ganz viel richtig

Erziehung-attachmentparenting-ap

Birth Bonding

Das Thema Birth Bonding fiel bei Laura und mir etwas ins Wasser bzw. übernahm diesen Part der Papa. Durch den Notkaiserschnitt war ich nach der Geburt recht lange im Aufwachraum, sodass Robert die ersten Stunden mit Laura verbracht hat. Das hat mich allerdings nie gestört, denn ich bin sicher, dass sie dadurch noch einmal eine ganz andere Bindung haben. 

Breastfeeding

Ich stille Laura nach wie vor voll, denn auf Brei hat sie einfach keine Lust. 4-5 Löffel schmecken ihr und danach hat sie kein Interesse daran und es ist eher eine Quälerei als genussvolles Essen. Auch beim Stillen habe ich mich von Anfang an, an ihren Bedürfnissen orientiert und nie nach Zeitplan bzw. Uhr gestillt. 

Babywearing

Hätte man mich vor einem Jahr gefragt, ob ich mein Baby in einer Trage durch die Gegend schleppe, hätte ich laut gelacht. Ein Tuch ist mir nach wie vor zuwider, weil ich einfach Angst habe es falsch zu binden. Mit unserer Limas Trage, welche eine Mischung aus Tuch und Trage ist, bin ich allerdings unglaublich zufrieden und trage Laura gerne damit. 

Bedding close to baby

Solange es sich für uns alle (!) gut anfühlt und jeder genügend Schlaf bekommt, wird Laura bei uns bleiben. Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen und sie wird in ihrem eigenen Bett schlafen wollen. Bei den einen kommt es früher, bei den anderen später – aber es kommt immer! Auch jetzt nach 6 Monaten bin ich immer noch sehr zufrieden mit unserer Variante und freue mich jede Nacht nicht aufstehen zu müssen, sondern den Zwerg direkt zum Stillen greifbar zu haben. 

Belief in the language value of your baby’s cry

Ebenfalls ein für mich sehr wichtiges Thema, aber auch ein sehr kontrovers diskutiertes: ich lasse mein Kind niemals alleine schreien! Das ein Baby mal weint lässt sich nicht verhindern, aber sie muss dabei niemals alleine sein. Es gibt für mich nichts Schlimmeres als die Vorstellung vor dem Schlafzimmer zu stehen und ihr beim Schreien zu zuhören bis sie einschläft. Das ist in meinen Augen einfach nur grausam und hat mit der Achtung ihrer Bedürfnisse so rein gar nichts zu tun. Genauso halte ich es auch mit allem anderen: ich sehe Laura recht schnell an, wenn sie sich unwohl fühlt oder wenn ihr etwas nicht geheuer ist. Wenn es mir möglich ist, ändere ich die Situation oder biete ihr Nähe, bis sie sich wieder wohl fühlt. 

Beware of baby trainers

Dieser Punkt passt ganz gut zu dem vorherigen, weshalb ich an dieser Stelle nur eine Bitte loslassen möchte: vertraut nicht blind in irgendwelche Erziehungsratgeber, sondern hört auf die Zeichen eurer Kinder und eurer Intuition!!

Balance and boundaries 

Natürlich ist es wichtig sich an den Bedürfnissen des Kindes zu orientieren, aber man darf dabei nicht seine eigenen vergessen! Ein Kind kann nur glücklich und zufrieden sein, wenn es glückliche und zufriedene Eltern hat. Deshalb ist es das gute Recht aller Eltern sich hin und wieder eine Auszeit zu gönnen und wenn das nur ein Spaziergang mit dem Hund ist. Diese Ruhe ist manchmal unbezahlbar und ich kann dabei Energie tanken! 

Diese 7 Baby-B’s sehe ich nicht als feste, stringente Regeln. Eher als Wegweiser oder Hilfestellung im Familienalltag. Jede Familie sollte dabei für sich die optimale Lösung suchen und diese entsprechend der Entwicklungen immer wieder anpassen. 

Bei Attachment Parenting geht es also nicht um die Selbstaufgabe der Eltern, sondern um ein harmonisches Miteinander, dass sich an den Bedürfnissen aller Familienmitglieder orientiert. Gibt es etwas Schöneres? In meinen Augen nicht!


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