Assassin’s Creed Origins
4Action-AdventureUbisoft hat sich nach Assassin’s Creed Syndicate eine längere Auszeit gegönnt, um die Serie zu überdenken und mit einem Reboot wieder Fokus auf die Stärken der Spielreihe zu legen. Herausgekommen ist nun mit Assassin’s Creed Origins ein recht durchwachsenes Prequel.
Es brauchte offensichtlich ein ganzes Jahr zusätzlicher Entwicklungszeit, um mit der brillanten Idee eines chronologischen Vorläufers hervorzukommen – möchte man zynisch angesichts der vielen anderen Reboots unzähliger Spielereihen, die gleiches in den letzten Jahren gemacht haben, meinen. Auch wenn bei den letzten Teilen der Assassin’s Creed-Reihe nicht sonderlich viel Veränderung in Sachen Gameplay bemerkbar war und sich offensichtliche Unterscheidungsmerkmale vor allem auf neue, meist interessante Settings bezogen haben, so bleibt eines der essentiellen Standbeine Ubisofts immerhin beständig zwischen „gut“ bis „akzeptabel“.
Es wurde schon mit vielen Erweiterungen experimentiert, die von Tower-Defense-Elemente, begleitenden Smartphone-Apps über Kampf auf hoher See bis hin zum jüngst integrierten Greifhaken oder auch Multiplayer gereicht haben. Letztendlich war vielleicht eine Rückbesinnung auf alte Stärken wirklich notwendig, um den langsam aufschwelenden Zorn der Fangemeinde ein für alle mal in Begeisterung umzuwandeln (man denke dabei vor allem an die Bugs von Assassin’s Creed Unity).
Wie dem auch sei: Assassin’s Creed Origins trägt sein inhaltliches Hauptmerkmal im Titel, hier sollen also vordergründig die Hintergründe der Jahrhunderte umspannenden Geschichte der Assassinen bzw. deren Fehde gegen die Templer aufgedeckt werden. Der Spieler übernimmt die Rolle des neuen Protagonisten Bayek und wird dabei ins ptolemäische Ägypten (ab 332 v. Chr) und auch in die wortwörtliche Sandbox versetzt. Als „Medjai“ befindet sich Bayek bereits in einer Sonderrolle als ehrenvoller, aufrechter Beschützer und Verteidiger seiner Landsleute, wenn auch der direkte Einstieg in die Handlung nicht unbedingt darauf schließen lassen würde.
Bayek befindet sich nämlich auf einem Rachefeldzug gegen die (mutmaßlichen?) Mörder seines Sohnes und legt alles daran, sein Ziel zu erreichen. So ermüdend wie der letzte Satz gestaltet sich dann auch der weitere Verlauf der Haupthandlung: Hat man die ersten drei Hauptverantwortlichen zur Strecke gebracht, darf dasselbe Spiel nochmals mit vier weiteren Hintermännern vollzogen werden und danach, Spoiler, mit noch einigen weiteren Drahtziehern.
Die anfangs als offen dargestellte Spielwelt, die nun neben Pferd und Boot auch via Kamel und Streitwagen erkundet werden kann, entpuppt sich als trügerisch: Die zahlreichen unterschiedlichen Abschnitte der Karten wurden mit willkürlichen Zahlen ausgestattet, die auf die jeweiligen Level der dort vorzufindenden Widersacher schließen lassen. Dabei ist der eigene Spielfortschritt mehr als entscheidend, hat man doch auch etwa zwei bis drei Level unter den „Empfohlenen“ kaum eine Chance, mit mehr als einem Gegner (wenn überhaupt) fertig zu werden – dies gilt übrigens auch für Stealth-Kills. Immerhin müssen die weitläufigen Gegenden nicht freigeschalten werden, wie dies sonst über Aussichtspunkte erfolgt ist. Vorhanden sind jene Türme, Plattformen oder Gipfel aber dennoch, ganz konnte man sich nicht von diesen stilbildenden Elemente trennen (Aktivitäten sind damit erneut auf einen Blick offen gelegt).
In Sachen Gameplay-Änderungen zeigt sich Assassin’s Creed Origins überraschend bescheiden: Stealth-Elemente werden im Action-Adventure immer noch hervorgehoben, nun kann zusätzlich ein beständig über den Spieler kreisender Adler zur Identifizierung von besonderen Lokalitäten, Aktionen und zur Gegner-Kennzeichnung eingesetzt werden. Als eine Art Mini-Drohne übernimmt man die Kontrolle des Senu getauften Greifvogels und überfliegt damit feindliches Gebiet, um das weitere Vorgehen zu planen. Hört sich gut an, ist in weiterer Folge jedoch genauso langwierig (fliegt man weite Strecken, wird man mit einer Ladezeit beim Umschalten zu Bajek bestraft) wie nicht besonders förderlich hinsichtlich der Immersion ins Spiel.
Die Assassin’s Creed-Reihe hat mit seinem neuesten Ableger das Kampfsystem nun zeitgemäßer angepasst und das schon bei den Vorgängern eher ungenügende Gameplay etwas aufgewertet, wenn auch nur auf einen gerade als genügend zu bezeichnenden Level. Statt mit Kontern wird nun mehr mit offensiver Aktivität in Richtung leichte und schwere Angriffe gespielt, wirklich begeistern kann die Handhabung aber dank mäßiger Zielführung bei mehreren Gegnern, ungenauem Blocken und teils unbrauchbarer Special-Moves aber nicht.
Beim eigentlichen Spielverlauf bleibt alles beim alten: Points-of-Interest werden ausgemacht und erledigt, angesichts der großen Karte ist recht viel zu tun für den Spieler. Das Problem dabei ist jedoch die Tatsache, dass sich sowohl bei den Haupt- wie auch Nebenmissionen schnell absolutes Desinteresse einstellt, sind doch klare Höhepunkte kaum vorhanden. Vorbei ist auch die Zeit langer Vorbereitung für einen perfekten Anschlag auf einen vielschichtigen Antagonisten mit gefinkeltem Fluchtweg (wenige Ausnahmen bestätigen die Regel), auch der beständig gleiche Ablauf von Camp-Infiltrationen ermüdet schnell. Als Lichtblick erweist sich – unverhofft – das muntere „Tomb Raiding“ der diversen Pyramiden bzw. Grabkammern: Hier darf man kleinere Rätsel lösen und in atmosphärischer Umgebung auf Schatzjagd gehen.
Bei all der Kritik kann man jedoch auch einige positive Elemente hervorheben, wie etwa die durchwegs hübsche optische Präsentation des Titels: Ob nun eine Fata Morgana bei einem langen Ritt durch die Wüstenabschnitte, ein schweißtreibender Kampf gegen einen Kriegselefanten oder eine stimmige Schifffahrt, optisch vermag Assassin’s Creed Origins durchgängig zu überzeugen.
Was ist also aus der vermeintlichen Neuerfindung der Assassin’s Creed-Reihe geworden? Leider wenig mehr als ein auf den ersten Blick hübscher Aufguss altbekannter Systeme der zahlreichen Vorgänger sowie der haushoch überlegenen Konkurrenz, die insgesamt sehr ungenügend sind. Schlechtes Game-Design in nahezu allen Belangen trüben die eigentlich nette Präsentation, eine Besinnung auf die essentiellen Elemente der Serie bei gleichzeitiger Aufholjagd zu den aktuellen Open-World-Standards ist bei Assassin’s Creed Origins ordentlich schief gegangen.
Plattform: PS4 (Version getestet), PC, Xbox One, Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 18, Release: 27.10.2017, Link zur Homepage
Autor
Christoph StachowetzAufgabenbereich selbst definiert als: Chief of Operations. Findet “Niemand ist so uninteressant wie ein Mensch ohne Interesse” (Browne) interessant.
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