Das Arsenal zeigte gestern in der spannenden Filmreihe den Klassiker des expressionistischen Films Schatten von Arthur Robison.
Der Stummfilm wurde live von der Pianistin Eunice Martins begleitet. Vor Beginn des Filmes gab es eine kleine historische Einführung in den Film und in seine Machart. Danach tauchten die Zuschauer ein in die faszinierende Welt des frühen Kinos.
Schatten ist ein Film voller Erotik. Ruth Weyher ist als die Ehefrau in ein leichtes Directoiregewand gehüllt und bezaubert den Ehemann. Doch dieser ist sich der Treue seiner Frau unsicher: hinter der durchsichtigen Vorhängen einer Glastür belauert er seine Frau. Er meint die Schatten gieriger Hände zu sehen, die nach seiner Frau greifen. Doch auch die Schatten von zwei sich heimlich fassenden Händen entpuppen sich als Täuschung und Projektion der Annahmen des Ehemannes. Als das Paar und die eingetroffenen Kavaliere zum Abendessen begeben, spitzt sich die Situation zu. Plötzlich erscheint an der Tür ein Illusionist, der sich mit geschickten Schattenspielen einen Auftritt in der Abendrunde verschafft. Er begreift die Konstellation der Anwesenden und beginnt ein Schattenspiel, das es in sich hat. Die Anwesenden werden in eine Hypnose versetzt, in der sie das nahende Unheil von Eifersucht, Täuschung, Gewalt und Mord erleben als ob es sich tatsächlich abspiele. Die Schatten werden lebendig, während die Anwesenden zu leblos erstarrten Zuschauern werden.
Robison versteht es meisterhaft das Spiel von unheilvollen Schatten, dem unsichtbaren Feind und trügerischen Spiegel zu inszenieren. Die Zweideutigkeit der Schatten fungiert als Ausdruck der geheimsten Begierden der Anwesenden. Durch die Hypnose des Taschenspielers werden die Schleusen geöffnet und die Phantasmagorie offenbart Einsicht in die tiefsten Abgründe der Seele.
Obwohl der Film in expressionistischer Tradition steht und mit Pathos im Schauspiel nicht geizt, wird der Film auch dem Genre des Kammerspielfilms zugerechnet. Die psychologisch ausgeformten Figuren stehen für einen Archetypus und verfügen über eine emotionale Tiefe.
Schatten ist eine spannender Film, der zeitlose, tiefverwurzelte, menschliche Ängste thematisiert und diese mit fantasievoller Umsetzung meisterhaft inszeniert.
Weitere Vorführungen: Sa. 14. 4. 2012, 19h
Stab
Regie: Arthur Robison
Drehbuch: Rudolf Schneider, Arthur Robison
Musik: Ernst Riege
Kamera: Fritz Arno Wagner
Besetzung
Fritz Kortner: Eifersüchtiger Ehemann
Ruth Weyher: Ehefrau
Gustav von Wangenheim: Liebhaber der Frau
Alexander Granach: Illusionist
Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V.
Potsdamer Straße 2
10785 Berlin