ARTEFAKT- Fake[to]pretend

Man weißt zunächst nicht viel mit den Gegenständen und den scheinbar unnützen Behelfskonstruktionen, die die kleine Bühne des Rationaltheaters für die ARTEFAKT-Vorstellung an diesem Abend nahezu ausfüllen, anzufangen. Doch von der Enge auf der Bühne lassen sich die vier Performer des Theaterkollektivs Fake[to]pretend nur wenig beeindrucken, während sie in Daniel Düsentriebhaftiger Geschäftigkeit in ihrem Sammelsurium der Dinge kramen.

Ein Plattenspieler, ein Apfel, eine Papierkrone. Schon auf den ersten Blick wird klar, dass Gegenstände und ihre Materialität hier bedeutsam sind. Zum Anderen spielt die Körperlosigkeit eine zentrale Rolle. Durch Schattenspiel wird diese thematisiert.

 

Ein Artefakt: Das 200-Jahre alte, fast vergessenen Schattentheaterstück „Das Loch oder das wiedergefundene Paradies“ des Romantikers Achim von Arnim erzählt eine märchenhafte Rittergeschichte. Ein Ritter gelangt ins fremde Reich des „Königs ohne Tadel“. Er findet eine Anstellung beim König (nur unter der Bedingung mit dem Rauchen aufzuhören) und verliebt sich in dessen Frau. Durch eine List gelingt es dem Ritter schließlich die Angebetete zu entführen. Doch die vier Performer von Fake[to]pretend belassen es nicht bei dieser beschaulichen, von Henriette Schmidt bunt erzählten Geschichte. Immer wieder durchbrechen sie ihr Schattenspiel und führen uns die Gegenstände und Körper vor, die hinter den Schatten stecken. Die Distanzierung von dem Geschehen bringt die Performer dazu darüber zu reflektieren und schließlich lassen sie sich in den daraus entstehenden kühnen Gedankenspielen treiben. Aus der Luft gegriffen ist das Textmaterial jedoch nicht. Basierend auf einer wissenschaftlichen Recherche insbesondere über die Geschichte des Schattentheaters werden einzelnen Etappen herausgegriffen und weitergesponnen. Genauso vielfältig wie ihre Assoziationsketten sind auch die Mittel, mit denen die Künstler das Schattenspiel bewerkstelligen. Ein Plattenspieler, der zunächst eine Platte mit Begleitmusik spielt, dreht nun einen blauen Transparentstreifen, der, angeleuchtet von einem Diaprojektor, im fertigen Schattenbild zum Meer wird. Wahrscheinlich hätte das Stück auch auf eine einfachere Weise gelingen können, doch dann hätte es wohl die liebenswürdige und neugierige Art dieser Inszenierung verloren. Wieso sich das Leben leicht machen, wenn es doch eigentlich viel komplizierter ist? Bei ARTEFAKT besitzt diese Einstellung höchste Priorität und wird bis zum Ende konsequent verfolgt. Hat sich der vom Format und der Denkweise anfänglich verwirrte Zuschauer daran gewöhnt ,wird der Rest des Abends zu einer unterhaltsamen, zum Mit- und Nachdenken anregenden Entdeckungsreise, die irgendwo zwischen Sinn und Unsinn verläuft. Gedankenspiele sind schön, doch die Vermittlung derselben im dozierenden Tonfall, mag nicht immer passend sein. Davon abgesehen kann man nur über die sympathische Ineffizienz des Stücks und das riesige Gedankengerüst auf der kleine Bühne des Rationaltheaters staunen.

 


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