heute habe ich arnaud kennen gelernt. arnaud ist ein sehr netter mensch. sonst würde ich ihn sicher nicht in meinem blog erwähnen. wir haben ungefähr eine halbe stunde miteinander verbracht. dann bin ich schmunzelnd nach hause gelaufen.
arnaud ist friseur. und wie ihr euch denken könnt, würde ich nicht über einen friseurbesuch schreiben, wäre er nicht etwas ganz besonderes gewesen.
ich komme also heute abend in den friseursalon, werde von einer netten dame empfangen, die mir sogleich meinen mantel abnimmt und mich zu einer umkleidekabine bringt. ich gestehe, ich habe in diesem moment wohl nicht den allerhellsten gesichtsausdruck aufgesetzt. das lag vielleicht einfach daran, dass ich mich mit einem kurzen panischen blick in den laden nochmal versichert habe, ob ich auch wirklich in einem friseursalon gelandet bin. zur beruhigung: es war tatsächlich einer.
da ich nicht wirklich wusste, was ich beim friseur in einer umkleidekabine machen soll und auch alle anderen menschen im salon noch vollständig bekleidet waren, habe ich dann erklärt, dass alles in ordnung sei und ich mich nicht umziehen müsse.
die nette dame hat mir dann sofort meinen friseur-umhängemantel gebracht und mir hinein geholfen. man trägt diesen umhang übrigens wie einen bademantel und sieht darin genauso aus. das impliziert natürlich auch das „am-bauch-zubinden“. das hat die nette dame für mich übernommen.
sogleich wurde ich dann zum haarewaschen in den hinteren teil des salons geführt. ich durfte auf einer geschmackvollen ledercouch platz nehmen und es hieß nur: es kümmert sich gleich jemand um dich. unterdessen wurde mir von einer zweiten dame sofort ein wasser gereicht.
schließlich kam dame nummer drei, um mir die haare zu waschen. doch als ich schon fast am waschbecken saß, fragte sie mich, wer mir denn die haare schneiden würde.
ich: arnaud.
sie: bist du zum ersten mal hier? habt ihr euch schon kennen gelernt? hat er sich schon deine haare angeschaut?
ich: nein…
und bevor ich noch etwas sagen konnte, wurde auch schon arnaud herbei zitiert. ein junger mann, ungefähr mein alter, schwarz gekleidet, weiße krawatte, blitzeblank polierte lackschuhe, gepflegtes äußeres, neckisch gestutzter bart.
arnaud hat mich dann mit handschlag begrüßt, sich nach meinem namen und wohlbefinden erkundigt und mir sogleich erklärt, dass er leider kein englisch spreche – aber bei meinem tollen französisch sei das ja auch überhaupt kein problem. an dieser stelle habe ich dann wohl zum zweiten mal diesen nicht allzu hellen gesichtsausdruck aufgesetzt. dieses mal gepaart mit ein wenig angst im blick. aber arnaud hat mir versichert, dass wir das schon schaukeln würden.
ich habe arnaud dann erklärt, dass ich mit diesen vielen haaren auf dem kopf nicht mehr leben kann und mag. das hat ihn sehr traurig gemacht und er wollte mich unter anderem mit permanenten verweisen auf die kalte witterung und den hip-faktor zur gepflegten langhaarfrisur überreden, hat dann aber nach mehrmaligem insistieren meinerseits klein bei gegeben.
daraufhin ging es zurück zur waschstation, wo mich dame nummer drei wieder in empfang nahm, mich dieses mal endgültig in den sessel vors waschbecken setzte und mir die beine auf einen eigens dafür gedachten hocker legte.
die dann folgende haarwäsche möchte ich eigentlich nicht als solche bezeichnen. es wäre eine schamlose untertreibung. was auf das ganze sitzprozedere folgte, war eine kopfhaut-stirn-nebenhölen-augenbrauchen-ohren-massage vom feinsten. ich war kurz davor die lästige schneiderei abzusagen und mich weiter massieren zu lassen.
doch auch die schönsten dinge im leben gehen mal vorbei und ich wieder zurück zu arnaud. der ließ dann auch sogleich seine scheren klappern. ich habe noch nie einen friseur gesehen, der mir mit – ungelogen – sieben (!) verschiedenen scheren die haare geschnitten hat!
welchen einfluss das vorherige kennenlernen auf die ganze haarwaschprozedur hatte, hat sich mir übrigens bis jetzt noch nicht erschlossen. sei’s drum!
während arnaud also schnitt, meine haare überall hin nur nicht auf den boden fielen (wäre ich doch mal besser in die umkleide gegangen und hätte mich meines pullovers entledigt – das „schutzmäntelchen“ war nämlich ein kurzärmeliges…), fanden wir heraus, dass arnauds cousine als linguistik-professorin in berlin lehrt. einziges problem: arnaud wusste nicht in welcher sprache. die gute spreche immerhin acht verschiedene und er habe beim besten willen keine ahnung welche sie in berlin unterrichte.
wie auch immer: nach einer halben stunde war arnaud fertig. allerdings nicht ohne mir noch zu zeigen, wie ich denn meine neue frisur – die übrigens fast genau wie meine alte vor der abreise ausschaut – zu gelen hätte. ich solle dazu am besten meine brille aufziehen und ganz genau aufpassen.
gesagt, getan. ich musste allerdings feststellen, dass diese ganze gelerei zwar nicht so ausfiel wie im heimischen bad, das ergebnis dafür schon.
arnaud brachte mich dann zur garderobe, half mir in den mantel und verabschiedete mich per handschlag – natürlich nicht ohne mir eine gute heimreise nach deutschland zu wünschen. auf englisch. das hatte er von der dame an der rezeption erfragt.
die hat mir dann auch stolz die rechnung für den ganzen spaß präsentiert. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, nach welchen kriterien sie berechnet wurde. hier ein paar vermutungen:
- duftintensität der verwendeten haarpflegeprodukte
- gewicht der abgeschnittenen haare
- volumen der abgeschnittenen haare
- länge der abgeschnittenen haare
- …
um es kurz zu machen: es war der wohl teuerste normale haarschnitt meines lebens – und das, obwohl ich mir eigentlich nicht den meines erachtens bestimmt schweineteuren, weil ultra stylishen friseur mit kaminfeuer im schaufenster auf dem weg zur arbeit ausgesucht hatte.
auf jeden fall bin ich am ende dieses halbstündigen intermezzos um 50 dollar leichter, dafür um viele erfahrungen und ein debiles grinsen reicher nach hause gelaufen.
übrigens: „tipping is not a city in china.“ will heißen: natürlich müssen der friseur und die haarwäscherin ein trinkgeld bekommen – und mit ein, zwei dollar ist es da nicht getan…