Die Niedriglöhner in Deutschland verdienen mittlerweile so wenig, dass die Osteuropäer trotz der Öffnung der Grenzen für ostdeutsche Leiharbeiter lieber zuhause bleiben! Aber für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte auf dem Weltmarkt darf man nicht zimperlich sein. Da muss man Polen, Tschechen, Slowaken oder Russen einfach mal unterbieten – und das obwohl die durch vierzig Jahre Sozialismus eigentlich an einen niedrigen Lebensstandard gewöhnt sein müssten. Aber Verhungern kann man auch im Kapitalismus.
Allerdings hat die Knausrigkeit der deutschen Arbeitgeber noch weitere hässliche Auswirkungen: Die Rentner fallen zunehmend als Einkäufer mit viel Geld und Zeit, es auszugeben, aus! Dabei ist das, obwohl gern so getan wird, keineswegs Naturkatastrophe, sondern logische Konsequenz aus der herrschenden Lohndrücker-Politik: Mickrige Löhne ergeben mickrige Renten.
Interessant auch, dass über den Verlust an Kaufkraft gejammert wird, aber nicht über die Einbußen an Lebensqualität. Denn der Durchschnittsrentner ist ja ohnehin keiner, der sich die schöne, bunten Markenwelt von vorn bis hinten reinpfeift, sondern halt zusehen muss, wie er oder sie die Dinge, die er oder sie früher gut allein regeln konnte, nun mit der Hilfe anderer geregelt kriegt. Und diese Hilfe muss, sofern die Kinder nicht mit im Haus wohnen, eingekauft werden, da geht die Rente oft nämlich hin – an mobile Pflegeeinrichtungen, Altersheime, Pflegestationen – wo schlecht bezahlte Pflegekräfte, Zivis oder neuerdings Bufdis dafür sorgen, dass der Laden läuft.
Aber nicht nur die Alten müssen darben, so „gerecht“ ist diese Gesellschaft schon – auch die Jungen haben nichts mehr zu lachen. Der Gesundheitszustand von Grundschülern hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert: Kinderärzte sagen, dass immer mehr Kinder Entwicklungsstörungen haben, Sprach- und Hörprobleme nehmen zu, immer mehr Kinder können sich nicht richtig bewegen und sind übergewichtig, dazu kommen psychische Störungen und Verhaltensauffälligkeiten.
Natürlich wird auch das schlechte Vorbild der Elterngeneration beklagt – aber es ist ja immer häufiger so, dass die Eltern entweder auch nichts zu tun haben und ebenfalls den ganzen Tag vor der Glotze hängen. Oder beide sind mit ihrem Niedriglohnjob damit beschäftigt, irgendwie den Lebensunterhalt zusammen zu schaffen und die Kinder hängen halt allein vor der Glotze. Denn auch mit zweimal acht Stunden Niedriglohn pro Tag kommt kaum ein Überleben für eine Familie zustande. Da helfen auch die 10 Euro für den Sportverein nicht, die die von der Leyen ja liebend gern bewilligen würde, wenn der Antrag dafür nur richtig ausgefüllt würde. Wer soll den die Sportsachen kaufen und die Kinder zur Turnhalle bringen?
Hallo, geht’s doch?
Und unsere 4. Gewalt, die freien, unabhängigen Medien, haben nichts zu tun, als diese ganzen Meldungen einfach zu bringen – so als ob diese all Dinge nichts miteinander zu tun hätten. Nirgends ernsthafte Analyse, höchstens mal ein Kommentar, der eins dieser unerfreulichen Dinge halt als unerfreulich kommentiert, aber nicht in größere Zusammenhänge stellt. Kranke Schulkinder, arme Rentner, unattraktive Niedriglohnarbeit, das hat durchaus miteinander zu tun! Es geht eben nicht um die Menschen, sondern darum, dass die Wirtschaft brummt. Und da verdienen ein paar ziemlich gut daran, und viele bleiben auf der Strecke. Das ist keine unerwünschte Nebenwirkung unseres Systems, sondern genau die Absicht dahinter.