Es ist tatsächlich so, als wollen uns die beiden GEZ-Empfänger nicht informieren. Während andere Sender laufend über die Ereignisse in Tunesien und Ägypten berichten, während es bei Twitter und Facebook das Top-Thema ist… ARD und ZDF liefern den gewohnt seichten Einheitsbrei zwischen Volksmusik und Talkrunden.
DWDL.de dazu:
Das klägliche Versagen von ARD & ZDF im Fall Ägypten
Nach Tunesien jetzt Ägypten: Erneut stemmt sich ein Volk gegen ein diktatorisches Regime und die Welt schaut zu. Nur die deutschen TV-Sender nicht. Die lieferten am Wochenende einen journalistischen Totalausfall von beschämendem Ausmaß.
Blicken wir doch einfach mal auf das Programm vom Wochenende. DasErste widmete sich dem Thema Ägypten nach einem gerade mal zehnminütigen “Brennpunkt” am Freitagabend am Samstag erstaunlicherweise zunächst einmal so gut wie gar nicht. Abgesehen von den geplanten Nachrichtensendungen gab es offenbar nicht das Gefühl, sich den sich überschlagenen Ereignissen irgendwie widmen zu müssen. Am Sonntag war der Aufstand in Ägypten zwar immerhin Thema im “Presseclub” am Mittag und “Weltspiegel” am Vorabend. Zur Primetime aber wollte man das Comeback des “Schimanski” dann doch lieber nicht für einen “Brennpunkt” verschieben.Es ist nicht das erste Mal, dass die ARD hier merkwürdige Prioritäten beweist. Bei den Terroranschlägen von Mumbai im Herbst 2008 zog man die geplante “Bambi”-Preisverleihung einer aktuellen Berichterstattung vor. Im vergangenen Frühjahr wiederum war der verletzte Knöchel von Michael Ballack gleich eine Sondersendung nach der “Tagesschau” wert – wenn auch als “Sportschau Extra” gebrandet. Anne Will talkte gleich im Anschluss an den “Tatort” gestern übrigens lieber über Karl-Theodor zu Guttenberg.
Schwacher Trost für die ARD: Das ZDF bot ein genauso schwaches Bild am Wochenende. Eine 25-minütige Sondersendung am frühen Samstagabend um 18.35 Uhr war alles, was das ZDF abseits seiner regulären Nachrichtensendungen journalistisch zum Thema Ägpyten auf die Beine gestellt bekam. Der Sendeplatz hat noch dazu einen fiesen Beigeschmack: Denn damit die Familienserie “Da kommt Kalle” und der Krimi “Stubbe – Von Fall zu Fall” nicht verschoben werden müssen, platzierte man die Sondersendung unüblicherweise vor den “heute”-Nachrichten um 19 Uhr. Da störte sie weniger.Am Sonntag war man in Mainz von den Ereignissen in Ägypten dann gleich völlig unbeeindruckt und informierte zwischen Wintersport, Melodram und spätem Krimi nur in den wie üblich am Sonntag gekürzten Nachrichtenformaten. Eine unverständliche Programmentscheidung. Und es reicht einfach nicht, wenn man darauf verweist, dass online oder etwa bei Eins Extra berichtet wurde. Was ARD und ZDF am Wochenende geboten haben, erschüttert weitaus mehr als die gewohnt spärliche Live-Berichterstattung der privaten Nachrichtensender in solchen Fällen, die man idealerweise eh gleich zu Gunsten der internationalen Nachrichtenkanäle überspringt.
Bei N24 und n-tv hörte man in der Vergangenheit bei ähnlichem Versagen oft eine Begründung, die in ihrer Konsequenz einer Kapitulation gleich kommt. Meist wird erst auf den Mangel an sendefähigem Material hingewiesen. Doch weil das keine so richtig zufriedenstellende Antwort ist angesichts der durchgehenden Berichterstattung von internationalen Nachrichtensendern, schiebt man dann meist kleinlaut und inoffiziell hinter her: Der Zuschauermarkt in Deutschland gebe nicht genug Interesse für eine Dauer-Berichterstattung her.Zugegeben, das Interesse an den Entwicklungen in Ägypten existiert vielleicht wirklich nur bei einer gewissen Informations-Elite, die permanent auf dem Laufenden gehalten werden will. Aber genau diese Zielgruppe ist es, mit der die beiden Nachrichtensender N24 und n-tv ihre Werbeplätze verkaufen. Im Ernstfall also zuzugeben, dass diese Zielgruppe noch einmal deutlich kleiner ist als der durch immer öfter eingesetzte Dokus und Magazine gepushte Marktanteil, entlarvt dann schon.
Es entlarvt aber nicht nur die Nachrichtensender sondern auch die Mehrheit der TV-Zuschauer: Denn bei aller Kritik an denen, die am Wochenende ein schlechtes Bild abgegeben haben und die Entwicklungen in Ägypten beinahe links liegen gelassen haben, ist das Fernsehpublikum nicht unschuldig daran. Dokus über Killer-Tiere und Riesenbagger sind nur deshalb nötig für die privaten Nachrichtensender, weil Live-Berichterstattung zu politischen Ereignissen im Ausland in der Vergangenheit schon kaum Quote erzielt haben oder anders formuliert: Vom Publikum nicht so sehr nachgefragt wurden wie man es sich wünschen würde.Diese kleine und schwache Entschuldigung gilt aber nun wenn überhaupt für die Privatsender. Warum ARD und ZDF am Wochenende so kläglich versagt haben, beantwortet das nicht. Man muss sich nicht über jede Unterhaltungssendung bei den Öffentlich-Rechtlichen empören. Jedes Genre hat seine Berechtigung. Man darf sich aber über die fragwürdigen Prioritäten der öffentlich-rechtlichen Anstalten empören. Denn anders als bei den privaten Nachrichtensendern gab es bei ARD und ZDF nicht einmal einen wirtschaftlichen Grund, der gegen eine ausführlichere Berichterstattung über Ägypten sprach.
Im Gegenteil hätte man ein gutes Argument für die oft hinterfragten Rundfunkgebühren liefern können. Doch das Korrespondenten-Netzwerk von ARD und ZDF hatte kaum Sendezeit um sich zu beweisen. Abseits der journalistischen Empörung darüber ist es schon bemerkenswert wie zielsicher die beiden öffentlich-rechtlichen Sender jedes Fettnäpfchen treffen und sich selbst damit erneut eine Debatte über die Prioritäten im Programm bescheren. Ärgerlich ist das übrigens auch für all die Journalistinnen und Journalisten in den Anstalten – die sicher gekonnt hätten, wenn man sie denn gelassen hätte.