Es kommt manchmal vor, dass der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung des Arbeitgebers erhebt oder einen Rechtsanwalt damit beauftragt und dann später mitteilt, dass ja schon bei einem anderen Arbeitgeber arbeitet und einen neuen Job hat. Welche Auswirkungen hat dies auf den Kündigungsschutzprozess?
neue Arbeit (Anschlussbeschäftigung) und Kündigungsschutzklage
Durch die Anschlussbeschäftigung entfällt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Kündigungsschutzklage. Die Kündigungsschutzklage greift die Kündigung an und diese ist – unabhängig von der Anschlussbeschäftigung – entweder wirksam oder unwirksam. Der Kündigungsschutzprozess läuft also – ganz normal – weiter, wobei die neue Arbeit des Arbeitnehmers nicht bedeutungslos ist, da sich hier noch „Folgeprobleme“ stellen. So der Annahmeverzugslohn und auch die Frage, was der Arbeitnehmer machen möchte, wenn sich herausstelt, dass die angegriffene Kündigung unwirksam war und damit das Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber fortbesteht.
Kündigungsschutzprozess und Annahmeverzugslohn/Arbeitslohn
Stellt sich später heraus, dass die mit der Kündigungsschutzklage angegriffene Kündigung des Arbeitgebers unwirksam war und besteht damit das Arbeitsverhältnis weiter, hat der Arbeitgeber in der Regel den Arbeitslohn für den Zeitraum des Kündigungsschutzprozesses an den Arbeitnehmer zu zahlen. Diesen Anspruch bezeichnet man als Annahmeverzugslohn, da sich der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Verzug befindet und deshalb der Arbeitslohn nachzuzahlen hat. Dabei muss der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft nach der Kündigung nicht nochmal ausdrücklich anbieten, da der Arbeitgeber mit der Kündigung zum Ausdruck bringt, dass er diesen eben keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen wird.
Ausgeschlossen ist der Annahmeverzugslohnanspruch z.B. bei fehlender Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers. Diese liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer erkrankt ist.
neuer Job – und nun?
Hat der Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses eine neue Arbeitsstelle angenommen, dann stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber den Annahmeverzugslohn zahlen muss, schließlich arbeitet der Arbeitnehmer doch schon woanders. Wichtig ist, dass selbst mit der Annahme der neuen Arbeit durch den Arbeitnehmer der Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgeltes gegenüber den altem Arbeitnehmer – wenn die Kündigung unwirksam ist – nicht automatisch endet. Der Grund für den Annahmeverzug liegt nicht beim Arbeitnehmer, sondern beim Arbeitgeber, der seiner Mitwirkungshandlung nicht nachgekommen ist und keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt hat.
Annahmeverzugslohn = alter Lohn – neuer Lohn
Völlig folgenlos ist allerdings die neue Arbeitsstelle des Arbeitnehmers nicht. Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich den Anspruch auf Annahmeverzugslohn gegen den alten Arbeitgeber muss sich aber den „neuen Arbeitslohn“ beim neuen Arbeitgeber anrechnen lassen. Faktisch hat wird der neue Lohn vom Annahmeverzugslohn abgezogen, so dass kein Annahmeverzugslohn mehr besteht, wenn der Arbeitnehmer beim neuen Arbeitgeber mehr oder gleichwertig verdient.
Auch Ansprüche auf Sozialleistungen muss sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen (diese Ansprüche gehen auf die Sozialleistungsträger über).
Regelung im Kündigungsschutzgesetz
Die Regelung über die Anrechnung findet man in § 11 Kündigungsschutzgesetz. Diese Vorschrift lautet:
Anrechnung des Arbeitsentgeltes auf entgangenen Zwischenverdienst
Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muß sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen,
was er durch anderweitige Arbeit verdient hat,
was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen,
was ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder der Sozialhilfe für die Zwischenzeit gezahlt worden ist. Diese Beträge hat der Arbeitgeber der Stelle zu erstatten, die sie geleistet hat.
Rechtsanwalt Berlin Arbeitsrecht- A. Martin