Anthony Yeboah: «Afrika fühlt mit den Opfern in Ägypten»

Mister Yeboah, Ghana hat sich glanzlos aber erfolgreich ins Viertelfinale des Afrika-Cups gekämpft. Wie zufrieden sind Sie bislang mit Ihren «Black Stars»?

Anthony Yeboah: Ghana hat bislang nicht geglänzt, aber bei den zwei Siegen gegen Botswana und Mali sowie dem Remis gegen Guinea ganz okay gespielt. Doch jetzt im Viertelfinale gegen Tunesien (ab 19.45 Uhr/Eurosport) gibt es kein Unentschieden, da dürfen wir uns keinen Fehler erlauben. Sonst droht der K.o. Aber ich bin zuversichtlich, dass Ghana das Spiel gewinnt.

Tunesien mit den Bundesliga-Legionären Sami Allagui und Karim Haggui ist wie Ghana einer der Turnierfavoriten.

Yeboah: Absolut, Tunesien ist ein sehr starker Gegner, den man nicht so einfach bezwingen kann. Aber Ghana hat ebenfalls ein fantastisches Team beisammen. Wir müssen uns steigern, aber wir sind bereit, Tunesien zu schlagen.

Glauben Sie, dass sich beide Teams etwa auf einem Level begegnen?

Yeboah: Das würde ich nicht sagen. Sie haben zwar viel Qualität im Kader, aber wir haben mehr Erfahrung. Ich denke, dass Ghana ein wenig besser ist als Tunesien. Doch wie Sie wissen, gewinnt im Fußball nicht immer die Mannschaft mit den besseren Spielern. Aber wenn wir aufpassen und konzentriert sind, sollten wir ins Halbfinale kommen.

Kurz nachdem Ghana gegen Guinea den Viertelfinal-Einzug perfekt gemacht hatte, kamen in Ägypten bei brutalen Randalen in einem Fußballstadion über 70 Menschen ums Leben. Liegt nach den Ausschreitungen ein Schatten über dem Afrika-Cup?

Yeboah: Das ist ein schreckliches Desaster für den ägyptischen und afrikanischen Fußball. Einige unserer ghanaischen Nationalspieler spielen in Ägypten. Wir sind alle sehr traurig über diese Tragödie. Fußball soll Frieden bringen, diese Funktion wurde durch die schweren Ausschreitungen beschädigt. Afrika fühlt mit den Opfern in Ägypten.

Zurück zum Sportlichen: Wie bewerten Sie das Niveau beim Afrika-Cup in diesem Jahr?

Yeboah: Nun ja, verglichen mit den vergangenen zwei, drei Turnieren ist das Level nicht so gut. Starke Teams wie Ägypten sind in diesem Jahr nicht dabei. Aber das macht es für die gestandenen Teams etwas einfacher.

Liegt das auch daran, dass einige Stars wie Samuel Eto’o oder Kevin-Prince Boateng abgesagt haben?

Yeboah: Natürlich. Es fehlen viele qualitativ starke Spieler bei diesem Turnier. Das tut dem Turnier nicht gut.

Können Sie verstehen, dass Boateng abgesagt hat?

Yeboah: Er hat dem ghanaischen Fußballverband mitgeteilt, dass er sich auf seinen Klub konzentrieren will. Sie haben wohl viele Verletzte beim AC Milan, sodass ihn seine Mannschaft braucht. Wir respektieren diese Entscheidung. Wir haben in Ghana viele gute Spieler, die auf seiner Position spielen können.

Drei ghanaische Nationalspieler spielen in der Bundesliga. Welche Rollen haben die im Team?

Yeboah: Isaac Vorsah von der TSG Hoffenheim ist ein etablierter Spieler, der im wichtigen letzten Gruppenspiel gegen Guinea 90 Minuten gespielt hat. Und Charles Takyi vom FC St. Pauli wurde neu ins Team berufen. Er ist ein junger, talentierter Mann, der bislang zweimal eingewechselt wurde. Mohammed Abu, mit 20 Jahren ebenfalls ein ganz junger Spieler, der wie ich einst bei Eintracht Frankfurt kickte, hat bislang erst zwei Minuten gespielt.

Verfolgen Sie die Bundesliga nach wie vor regelmäßig?

Yeboah: Ja, klar. Ich habe ein Sky-Abo und schaue mir jede Woche alle Spiele an. Keine Angst: Ich vergesse die Bundesliga nicht. Das ist meine Liga. (lacht)


Anthony «Tony» Yeboah bestritt für Eintracht Frankfurt und den Hamburger SV 223 Bundesligaspiele, in denen er insgesamt 96 Treffer erzielte. 1993 und 1994 wurde er jeweils Torschützenkönig der Bundesliga. Das unklare Geburtsdatum des heute offiziell 45-Jährigen kommentierte Ghanas Nationaltrainer Otto Pfister Anfang der 1990er Jahre mit den Worten: «Da hilft nur eins: Bein aufsägen und Jahresringe zählen.» Heute betreibt Yeboah, der in Ghana ein Volksheld ist, zwei Hotels und gründete mit dem Yegola FC seinen eigenen Fußballklub, der derzeit in der zweiten ghanaischen Liga spielt. Dazu vermittelt er über seinen deutschen Partner Michael Farbmacher auch Spieler nach Deutschland.

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